Parodierende Posse in 3 Acten
- Uraufführung 13. Februar 1835, Theater an der Wien
(Parodie auf Karl von Holteis Rührstück „Lorbeerbaum und Bettelstab“. Dichter- und Spießer-Satire. Nur 9 Aufführungen: das Wiener Publikum sieht sich satirisch den Spiegel vorgehalten) - Nestroy-Rolle Leicht, ein Dichter (Rollenverzeichnis 540)
- Musik Adolf Müller; Nachweise: Hilmar S. 58; HKA Stücke 8/II, S. 425–462
- Vorlage Karl von Holtei: Lorbeerbaum und Bettelstab oder Drei Winter eines deutschen Dichters (Berlin 1833, ThJ 22. 11. 1834)
- Überlieferung Gladt S. 59; Hadamowsky 1928, S. 93; 1934, S. 198; SW Bd. 3, S. 537–572; GW Bd. 2, S. 726; HKA Stücke 8/II, S. 85–417
- Werkausgaben (Stücktext) Chiavacci Bd. 9, S. 155–195;
SW Bd. 3, S. 329–410; GW Bd. 2, S. 279–346;
HKA Stücke 8/II (Herausgeber: Walla), S. 17–81 - Musik (erhältlich) Wienbibliothek | Klavierauszug
- Literatur HKA Stücke 8/II, S. 16; Bührmann; Hein 1982
- Aufführungen Nestroy-Spiele 1974 | Nestroy-Spiele 2000 | Nestroy-Spiele 2017
Personen
- Grundl, ein reicher Seifensieder
- Blasius, sein Sohn
- Steinröthl, ein Fabrikant
- Agnes, seine Tocher, Blasius’ Frau
- Johann und Julie, deren Kinder
- Chrisostomus Überall
- Ein Theaterdirektor
- Fräulein Putz
- Fräulein Migrain
- Charlotte, Stubenmädchen im Steinröthlischen Hause
- Leicht, Dichter, unter dem Namen der damische Hansel, ein Harfenist
- Therese, seine Frau
- Buchhändler Druck
- Cichori, Kaffeesieder
- Herr von Scharf
- Herr von Billig
- 1. und 2. Gast
- Ein Marqueur
- Gottfriedl, ein Kupferschmiedelehrjunge
- Klopfer, ein Spengler
- Mischer, ein Wirt in der Brühl
- Ein Wächter
- Herren und Frauen; Gäste im Kaffeehaus; Herren und Damen bei der Hochzeit; Dienstleute beiderlei Geschlechts in Steinröthls Fabrik; Gäste, mehrere Kellner und weibliche Dienstleute in Mischers Gasthaus
- 1. Akt: Die Handlung spielt in Wien.
- 2. Akt: Die Handlung spielt in Wien, um ein Jahr später als der vorige Akt.
- 3. Akt: Die Handlung spielt in der Brühl um 20 Jahre später als der zweite Akt.
Inhalt
1. Akt
Der Dichter Leicht liest einer Gesellschaft sein neues Stück vor, das niemanden begeistert. Nach heftigem Zureden ist der Theaterdirektor schließlich bereit, ihm dieses Stück und ein anderes für zusammen sieben Gulden abzukaufen. Leicht fühlt sich ungerecht behandelt. Während Blasius unverblümt erklärt, ihm habe das Stück nicht gefallen, versichert Agnes allerdings, sie habe sich sehr amüsiert. Um sich dem Essen zuzuwenden, läßt Blasius die beiden alleine. Er ist sich sicher: „ […] ich hab nichts zu reskiern, sie hat mir ja ewige Liebe geschworen, mein Vertrauen ist unerschütterlich.“ Leicht macht Agnes Avancen, die sie nicht zurückweist. Es stellt sich heraus, daß sie nicht auf das Stück, sondern lediglich auf den Dichter geachtet hat. Leicht weigert sich, an der Gesellschaft teilzunehmen. Blasius verabschiedet sich daraufhin von seinem Freund und trägt ihm Grüße an seine Frau auf. Agnes ist schockiert über die Entdeckung, daß Leicht verheiratet ist. Verletzt schickt sie ihn fort. Nach Leichts Weggang erkennen Blasius und Steinröthl, daß sie mit dem Dichter zu hart umgesprungen sind. Auch Agnes glaubt, sie habe ihn zu Unrecht gekränkt. Gedankenverloren steht sie bei Vater und Bräutigam. Dennoch schöpft Blasius keinerlei Verdacht. – Auftrittslied Therese I, 8 („A Dichtersfrau hat nur Malör“). – Als Therese hört, daß Leicht die verdienten sieben Gulden beim Billard verloren hat, ist sie verzweifelt. Doch Leicht bleibt sorglos und wirft ihr vor: „Wie hast du können die Gattinn eines Dichters werden, wenn du Anspruch auf irdische Nahrung machst?“ – Lied Leicht I, 9 („Geh’ her saubers Madl, i lern’ dir a Lierd“). – Um Leicht zu versöhnen, besuchen Überall und Blasius ihn und bringen die Zutaten für einen Punsch mit. Überall erzählt wie immer von Fischament. Er ist sehr stolz darauf, mindestens 200 Mal im Jahr von Wien nach Fischament und zurück zu reisen. – Punschlied mit Chor I, 11. – Zu später Stunde erscheint Charlotte. Sie bringt einen Narrenstab von Agnes, der mit Dukaten gefüllt ist. Darüber ist Blasius leicht verärgert, traut sich aber nicht, Charlotte eine entsprechende Antwort an Agnes aufzutragen. Freudig liest Leicht den beiliegenden Brief. – Finale Leicht I, 13 („Sie schreibt mir a Brieferl auf g’farbten Papier“). – Das Geld, der Punsch und Agnes’ Liebesbrief haben Leicht trunken gemacht. Erschöpft schläft er am Tisch ein. Blasius schüttet die Dukaten über ihm aus, und Überall legt die Rumflasche auf ihn: „So, jetzt ruht [der] Dichter bedecket mit Ruhm.“
2. Akt
Chor der Gäste II, 1. – Ein Jahr später schimpft man im Kaffeehaus über Leichts gerade aufgeführtes Stück. Unerkannt sitzt der Dichter zwischen den Gästen. Als auch Gottfriedl über das Stück herzieht, ist seine Geduld jedoch zu Ende. Ärgerlich wirft er den Jungen zu Boden. Man ruft den Wächter zu Hilfe. Wächter mit Chor II, 5. – Grundl löst Leicht beim Wächter aus und bezahlt Gottfriedl zwei Zwanziger Satisfaktion. Entsetzt ist Leicht allerdings, als Grundl ihn bittet, für die an diesem Tag stattfindende Hochzeit von Blasius und Agnes ein Gedicht zu verfassen. Zunächst lehnt Leicht entschieden ab. Dann kommt ihm ein Gedanke, und er beginnt sofort zu arbeiten. Klopfer, der ihn ermahnt, er müsse sich um seinen kleinen Sohn kümmern, beachtet er gar nicht. – Duett Grundl, Blasius II, 9 („Wenn’s Weib dir was schafft, was willst machen? – so thu’s“). – Überall gesteht Agnes seine Liebe. Da sie sich weigert, ihm eine Locke zu überlassen, versichert Überall: „Und im Grund gar so viel liegt mir ja doch nicht dran an Ihnen.“ Er ist überzeugt, sie durch eine kurze Fahrt nach Fischament zu vergessen. – Lied Überall II, 11 (R: „So was gieng mir ab vor mein End, / Nein, ich reis’ nur nach Fischament.“). – Charlotte erzählt Agnes, Leicht sei vor vier Monaten von seiner Frau verlassen worden. Sein kleines Kind, um das er sich überhaupt nicht kümmere, irre ständig durch die Nachbarschaft. Charlotte bittet Agnes, das Kind anzunehmen. Dazu ist sie gerne bereit. Blasius dagegen weigert sich. Da Agnes jedoch hartnäckig bleibt, befiehlt er schließlich gebieterisch, das Kind anzunehmen. – Lied Agnes II, 16 („D’Männer schmachten und seufzen, und schauen uns nach“). – Leicht ist außer sich über die anstehende Hochzeit. Am liebsten würde er den Bräutigam mit seinem Narrenstab erschlagen. – Chor mit Charlotte II, 19. – Das Brautpaar wird mit Jubel begrüßt. Überall übernimmt die Aufgabe, das Hochzeitsgedicht vorzutragen. Nach den ersten Worten, in denen Leicht von Untreue spricht, bricht Überall ab, behauptet, es handle sich um einen Scherz und zerreißt das Blatt. Man begibt sich zur Tafel. Alleine mit Agnes, macht Leicht ihr Vorwürfe. Seiner Meinung nach hätte sie für immer ledig bleiben sollen. In der Theaterzeitung entdeckt Leicht eine schlechte Rezension seines Stückes. An dem Satz „Dem Dichter fehlt es gänzlich an Verstand“ glaubt er, Blasius als Autor zu erkennen. Wütend packt er den eintretenden Bräutigam am Kragen. Es kommt zu einem allgemeinen Tumult, in dessen Verlauf Leicht von den Dienstboten aus dem Haus geworfen wird. – Chor der Dienstleute II, 24.
3. Akt
Chor III, 1. – Zwanzig Jahre später machen Überall, Blasius, Agnes und ihre zwei Kinder nach einem Spaziergang Rast in einem Gasthaus. – Lied Leicht III, 3 („Ich zieh’ als Harfenist herum“). – Leicht zieht als Harfenist durch das Land. Dem Gastwirt, dem der bestellte Harfenist abgesagt hat, kommt er sehr gelegen. In einem ruhigen Moment offenbart Überall Johann, daß er ein angenommenes Kind sei. Von seinem Vater Leicht nimmt man an, daß er seit Jahren tot sei. Johann ist hocherfreut über diese Offenbarung, weil er auf diese Weise die naive Julie heiraten kann, die nun nicht mehr seine Schwester ist. – Ballade Leicht III, 10 („An Sonntag steh i Vormittag“). – Die Familie erkennt den Harfenisten nicht. Nur in Agnes keimt ein Verdacht, als sie den alten Narrenstab sieht und Leicht äußerst abweisend auf einen Gulden reagiert, der in einen Theaterzettel eingewickelt war. Um sich aus dieser Abneigung einen Spaß zu machen, reicht Überall Leicht ein Stück Kuchen auf dem Zettel. Erstaunt liest Leicht, daß man eines seiner Stücke bereits zum 100. Mal spielt. Er führt diesen Erfolg darauf zurück, daß man ihn seit vielen Jahren für tot hält. – Julie beginnt, ein Lied aus Leichts Stück zu singen. Als sie nicht weiter weiß, fällt Leicht ein und singt es zu Ende. Nun erkennt man sich gegenseitig. Freudig bittet die Familie Leicht zu bleiben und seinen Erfolg bei ihnen zu genießen. Er zieht es jedoch vor, weiter durch das Land zu ziehen. Johann erklärt er: „Ich hab nie nach dem Lorber getrachtet, drum is auch das, was ich jetzt in der Hand halt’, kein Bettelstab.“ – Schlußgesang Leicht mit Chor der Landleute III, 10 („Ein steiler Felsen ist der Ruhm“).
Aus dem „Nestroy-Schauspielführer“ von Jürgen Hein und Claudia Meyer, Verlag Lehner