Posse in 2 Aufzügen
- Uraufführung 16. November 1837, Theater an der Wien, (85 Aufführungen bis 1860. „Geometrische“ Komödie, theatertechnisches Experiment)
- Nestroy-Rolle Schlankel (Rollenverzeichnis 586)
- Musik Adolf Müller; Nachweise: Hilmar S. 76f.; HKA Stücke 13, S. 287–319; HKA Stücke 12, S. 287–319
- Vorlage verschiedene Motive, vgl. HKA Stücke 13, S. 197–199
- Überlieferung Gladt S. 48; Hadamowsky 1934, S. 162; SW Bd. 10, S. 497–543; GW Bd. 3, S. 702–706; HKA Stücke 13, S. 195–284
- Werkausgaben (Stücktext) Chiavacci Bd. 11, S. 173–258;
SW Bd. 10, S. 1–184; GW Bd. 3, S. 5–156;
HKA Stücke 13 (Herausgeber: W. Edgar Yates), S. 5–191 - Musik (erhältlich) Wienbibliothek | Klavierauszug
- Literatur HKA Stücke 13, S. 3
Personen
- Herr von Braus, ein reicher Privatmann
- Robert, sein Sohn
- Walburga, seine Tochter
- Herr von Fad, ein reicher Privatmann
- Edmund, sein Sohn
- Agnes, seine Tochter
- Hutzibutz, Kleiderputzer
- Schlankel, Barbier und Friseur
- Herr von Trüb, ein reicher Privatmann
- Guido, sein Sohn
- Irene, seine Tochter
- Herr von Froh, ein reicher Privatmann
- Felix, sein Sohn
- Marie, seine Tochter
- Isabella, deren Stubenmädchen
- Herr von Sturm,
- Herr von Schlaf,
- Herr von Schmerz,
- Herr von Glück, alle Partikuliers aus Straßburg
- Frau von Korbheim
- Herr von Finster
- Frau von Nachtschatten
- Jacob, Diener des Herrn von Sturm
- Nanette, Stubenmädchen,
- Sus[an]ne, Köchin, beide bei Herrn von Braus
- Babette, Stubenmädchen,
- Gertraud, Köchin,
- Cyprian, Bedienter, alle bei Herrn von Fad
- Lisette, Stubenmädchen,
- Brigitte, Haushälterin,
- Margarethe, Köchin, alle bei Herrn von Trüb
- Theres, Köchin,
- Sepherl, Küchenmagd, beide bei Herrn von Froh
- Nadl, ein Schneider
- Leist, ein Schuster
- Doktor Krims
- Doktor Krams
- Blinker,
- Weger,
- Stern, alle Hausfreunde bei Froh
- [vier Notare; Ballgäste; Musizi; Träger].
- Die Handlung spielt zu gleicher Zeit in zwei Zimmern des ersten und in zwei Zimmern des zweiten Stockes in ein und demselben Hause. [Das Haus der Temperamente besteht aus vier Wohnungen, die von vier Familien mit unterschiedlichen Temperamenten bewohnt werden: Oben wohnt der Choleriker Herr von Braus mit seiner Tochter Walburga und seinem Sohn Robert, daneben wohnt der Phlegmatiker Herr von Fad mit Agnes und Edmund. Unten wohnt der Melancholiker Herr von Trüb mit Guido und Irene, und daneben wohnt der Sanguiniker Herr von Froh mit Felix und Marie. Während des ganzen Stückes handeln alle Personen stets ihrem Temperament entsprechend.]
Inhalt
1. Akt
Chor I, 1. – Alle Väter warten auf die Rückkehr ihrer Söhne. Außerdem hofft jeder Vater auf eine baldige Verheiratung seiner Tochter. Alle vier Väter haben bereits einen Bräutigam ausgesucht, doch die Töchter haben ihre Bräutigame bereits im Hause selber gewählt und sind deshalb unglücklich über die Pläne der Väter. Irene liebt Felix, Agnes liebt Robert, Marie liebt Guido, und Walburg liebt Edmund. – Gesang Schlankel, Hutzibutz I, 5 („Kaum hebt sich der Tag aus den Federn der Nacht“). – Hutzibutz ist in Isabella verliebt. Brigitte liebt Schlankel, doch diese Liebe bleibt unerwidert. Verärgert ist Schlankel, weil Hutzibutz die Liebesbriefe zwischen den Söhnen und Töchtern im Hause umhertragen darf. Aus Rache dafür, daß Hutzibutz die Briefe mit der frohen Nachricht von der Rückkehr der Geliebten bringen darf, erzählt Schlankel allen vier Frauen, ihre Geliebten seien ihnen während ihrer Abwesenheit untreu geworden, obwohl er weiß, daß dies nicht der Wahrheit entspricht. Zufrieden stellt er fest: „Das Haus der Liebe is jetzt an allen 4 Ecken in Flammen“. Entsprechend fällt die Begrüßung der Heimkehrer aus. Doch wie Schlankel vorausgesehen hat, gelingt es allen vier Männern, ihre Geliebten von ihrer Treue zu überzeugen. Als nächstes müssen sie jedoch hören, daß ihre Bräute an Jugendfreunde ihrer Väter verheiratet werden sollen. Von Schlankel belauscht, planen die Männer, mit ihren Bräuten durchzugehen und den Vätern anschließend von einer angeblichen Hochzeit zu erzählen, in der Hoffnung, letztendlich doch die Einwilligung zur Heirat zu bekommen. Die List würde aufgedeckt und die Paare könnten wirklich heiraten. Jeder Mann schreibt seiner Geliebten einen entsprechenden Brief. Hutzibutz wird mit der Verteilung der Briefe beauftragt. Um das Glück der Paare erneut zu zerstören, sorgt Schlankel dafür, daß die Väter auf die Briefe aufmerksam und auf diese Weise die bisher verborgenen Liebschaften und die Fluchtpläne aufgedeckt werden. Alle Väter legen die Briefe wieder an ihre Verstecke, wo sie von den Mädchen gefunden werden. Pünktlich erscheinen die vier Männer, doch als man gerade gehen will, treten die Väter ein und vereiteln das Unternehmen. – Chor I, 28.
2. Akt
Die Väter versichern, sich gegenseitig nicht zu zürnen, weil sie den Sohn des jeweils anderen nicht als Schwiegersohn akzeptieren. Die Jugendfreunde, die dem jeweiligen Vater im Temperament entsprechen, werden noch am selben Tag erwartet. Unterdessen begraben Schlankel und Hutzibutz ihre Feindschaft und wollen zukünftig gemeinsam handeln. Während die Frauen verzweifelt und enttäuscht sind, wollen sich die Männer an Schlankel für seinen Verrat rächen, doch dieser hat bereits einen Plan, um den Paaren doch noch zu ihrem Glück zu verhelfen. Dazu müssen die Mädchen versprechen, die anreisenden Bräutigame für sich einzunehmen und selbst verliebt zu tun. Über alles andere verständigt er sich mit den Männern. Herr von Froh erzählt Schlankel, er sei in Frau von Korbheim verliebt, und bittet ihn, in dieser Angelegenheit zu vermitteln. Schlankel selbst ist in Isabella verliebt, doch diese geht auf seine Avancen nur ein, solange er den Paaren nützlich sein kann. Zunächst sorgen Schlankel und Hutzibutz gemeinsam für die Verwechslung der Bräutigame: Herr von Schmerz landet statt bei Herrn von Trüb bei Herrn von Froh, dafür erscheint Herr von Glück bei Trüb. Herr von Sturm wird zu Herrn von Fad geschickt und dafür Herr von Schlaf zu Herrn von Braus. Da alle Väter ausgegangen sind, machen die Bräutigame sofort die Bekanntschaft der Töchter. Denen gelingt es, die Männer für sich einzunehmen und von ihrer Gegenliebe zu überzeugen. Hutzibutz zieht ungewollt den Ärger des äußerst eifersüchtigen Herrn von Sturm auf sich. Hutzibutz selbst ist eifersüchtig auf Schlankel, weil er nicht völlig überzeugt ist, daß Isabella diesen nur zum Narren hält. Beruhigt ist er erst, als er von Brigittes Liebe zu Schlankel hört. Herr von Froh hat für den Abend einen Ball zur Feier der Verlobung seiner Tochter arrangiert. Als Herr von Schmerz davon erfährt, verfügt er, daß dieses fröhliche Fest sofort abgesagt wird. Dagegen setzt Herr von Glück alles daran, viele Gäste zu einem Ball zu laden. Die zurückkehrenden Väter wundern sich über die starke Veränderung ihrer Jugenddfreunde, die gar nicht mehr nach ihrem Geschmack sind. Um so erstaunter sind sie über das Gefallen, das ihre Töchter auf einmal an den ihnen zugedachten Bräutigamen finden. Von dem als Abenteurer verkleideten Schlankel wird Braus zum Duell gefordert, weil er ihm in einem Gasthaus auf den Fuß getreten ist. Zwar versucht Braus, den Mann zu beruhigen, und beruft sich auf sein Alter, doch dieser verlangt Satisfaktion. In diesem Moment tritt Edmund ein und erklärt mutig, sich für Braus zum Duell zu stellen. Braus ist dafür sehr dankbar. Nunmehr erscheinen Sturm und Hutzibutz, als Soldaten einer Regimentskapelle verkleidet, bei Fad und geben vor, eine Einquartierung für diese Wohnung zu haben. Gemeinsam beginnen sie, mit Becken und Trommel zu üben, und zertrümmern sogar Fads geliebten Lehnstuhl. Da erscheint Robert und erlöst Fad, indem er behauptet, die Vorgesetzten der beiden zu kennen und dort Anzeige zu erstatten. Fad ist Robert für die Erlösung von den ungebetenen Gästen sehr dankbar. Seit langem malt Trüb an einem Gemälde, das seine verstorbene Gattin darstellt. Als Glück das Bild sieht, bemerkt er, daß ein weißes Kleid für dieses Porträt nicht passend sei. Verzweifelt muß Trüb ihm Recht geben. Kurzerhand gibt Glück Hutzibutz den Auftrag, das Kleid schwarz zu malen. Sofort greift Hutzibutz zu Schuhcreme und schwärzt Kleid und Gesicht. – Lied Schlankel II, 15 („Wann m’r auch festen Charakter hat im Ehestand“). – Frau von Korbheim besucht Herrn von Froh, von Marie über dessen Heiratspläne aufgeklärt. Sie erzählt ihm, daß Guido nicht mehr die Absicht habe, Marie zu heiraten. Alles deutet für Froh auf ein Verhältnis zwischen Frau von Korbheim und Guido hin, was ihn sehr eifersüchtig macht. Untröstlich betrachtet Herr von Trüb das verunstaltete Gemälde. Der zur Rede gestellte Hutzibutz verkündet, er habe lediglich im Auftrag von Irenes Bräutigam gehandelt. – Chor mit Solo II, 19. – Während Glück die Gäste zu seinem Fest begrüßt, erscheinen bei Froh die von Schmerz geladenen Besucher Frau von Nachtschatten und Herr von Finster. Dagegen ist Trüb unangenehm überrascht von dem Ball in seiner Wohnung. Die Verwechslung der Bräutigame klärt sich auf, als Jacob bei Herrn von Braus nach seinem Herrn von Sturm fragt und man ihm den ruhenden Herrn von Schlaf weist. Trotzdem wollen alle Bräutigame ihre Bräute behalten. Doch alle vier Väter wären mit ihren jeweiligen Schwiegersöhnen ganz und gar nicht einverstanden. Edmund vermeldet Braus, daß er seinen Kontrahenten durch einen Schuß in den Arm besiegt habe. Aus Dankbarkeit bestimmt Braus, daß Edmund Walburga heiraten soll. Froh erklärt kurzerhand, daß Guido Marie heiraten soll, um den jungen Herrn von Trüb auf diese Weise von Frau von Korbheim fernzuhalten. Felix gewinnt Trübs Zuneigung und damit Irenes Hand, indem er ihm ein lebensgroßes Bildnis seiner Frau schenkt. Auch Robert gewinnt Agnes durch ein Geschenk an ihren Vater: Er ersetzt ihm den von Schlankel und Hutzibutz zerbrochenen Lehnstuhl. Sogleich sollen vier Eheverträge unterschrieben werden. Die vier andern Bräutigame sind wütend, weil sie leer ausgehen. Wütend ist auch Schlankel, als er bemerkt, daß Isabella ihn zum Besten gehalten hat und in Wahrheit mit Hutzibutz liiert ist. Er schwört: „Wenn ich nicht in sechs Wochen aus alle die Mariagen Ehscheidungen heraus bring, dann will ich nicht mehr Schlankel heißen und häng ’s Intrigantenfach für Zeitlebens aufn Nagl.“ – Chor II, 23.
Aus dem „Nestroy-Schauspielführer“ von Jürgen Hein und Claudia Meyer, Verlag Lehner