Nestroy Lebenslauf (tabellarisch)

 

Nestroys Geburtshaus
  • 1801 7. Dezember: Johann Nepomuk Eduard Ambrosius Nestroy wird als zweites Kind des Hof- und Gerichtsadvokaten Johann Nestroy und seiner Frau Magdalena (geborene Konstantin) in Wien geboren. Nestroy verbringt seine Kindheit zum Teil im heutigen Haus Bräunerstraße 3, zum Teil im Sternhof in der Jordangasse.
  • 1810–1816 Besuch des Akademischen Gymnasiums, anschließend des Gymnasiums der Schotten.
  • 1814 15. April: Die Mutter stirbt an Tuberkulose.
  • 1817–1822 Student an der Wiener Universität. Nach der Absolvierung von drei Philosophieklassen, 1820 Beginn des Studiums der Rechtswissenschaften.
  • 1818 8./9. Dezember: Nestroy singt im Redoutensaal die Bass-Solo-Partie in Händels „Thimotheus“. In der Folge ist er in vorwiegend humoristischen Gesangs- und Sprechrollen auf Liebhaberbühnen zu sehen. .
  • 1822 Juni: Auftritt als Bass in Schuberts Männerquartett „Geist der Liebe“.
    24. und 31. August: Debüt am k.k. Hoftheater nächst dem Kärntnertor als Sarastro in Mozarts „Zauberflöte“. Abschluss eines Zwei-Jahres-Kontrakts an diesem Theater.
  • 1823 7. September: Heirat mit Wilhelmine Nespiesni (geboren 1804). Engagement am Deutschen Theater in Amsterdam. 18. Oktober: Debüt als Kaspar in Webers „Freischütz“.
  • 1824 Erste Sprechrollen. 21. April: Geburts des Sohnes Gustav.
  • 1825 31. Oktober: Engagement am Nationaltheater in Brünn.
  • 1826 Erstes Bühnenstück („Prinz Friedrich“, 1841 aufgeführt). Das Brünner Engagement wird wegen Extemporierens von der Polzei annulliert. Kontrakte mit den Theatern in Graz und Pressburg. Bereits viele Sprechrollen.
  • 1827 Wilhelmine verlässt Nestroy wegen eines Liebesverhältnisses mit dem Grafen Batthyany. Der dreijährige Sohn Gustav bleibt beim Vater.
    Als Sansquartier in „Zwölf Mädchen in Uniform“ von Louis Angely erster überzeugender Publikumserfolg. Sprechrollen überwiegen bereits die Opernpartien.
    15. Dezember: „Der Zettelträger Papp“
  • 1828 Beginn der Lebensgemeinschaft mit Marie Weiler.
    20. Dezember: „Die Verbannung aus dem Zauberreiche oder Dreißig Jahre aus dem Leben eines Lumpen“
  • 1829 16. Jänner: „Der Einsilbige oder Ein dummer Diener seines Herrn“ (nur der Theaterzettel ist erhalten, das Stück verschollen).
    18. August: „Der Tod am Hochzeitstage oder Mann, Frau, Kind (Theater in der Josefstadt).
  • 1830 Auftritt als Gastsänger am Kärntnertortheater (letzter Versuch im Opernfach).
    28. Jänner: „Der unzusammenhängende Zusammenhang“ (Quodlibet).
    13. März: „Magische Eilwagenreise durch die Komödienwelt“ (Quodlibet).
Wenzel Scholz (1787–1857), Lithographie nach einem Aquarell von Franz Eybl
  • 1831 12. Februar: „Zwei Schüsseln voll Faschingskrapfen“ (Quodlibet).
    11. März: Gastspiel im Theater in der Josefstadt. 26. März: Kündigung in Graz und Pressburg. 8. Mai: Debüt in Lemberg als Rappelkopf in Raimunds „Alpenkönig und Menschenfeind“.
    Engagement als Komiker und Bühnendichter am Theater an der Wien unter Direktor Carl. Wenzel Scholz wird Nestroys Partner.
  • 1832 7. Februar: „Der gefühlvolle Kerkermeister oder Adelheid, die verfolgte Witib“.
    27. März: „Nagerl und Handschuh oder Die Schicksale der Familie Maxenpfutsch“. 23. Mai: „Humoristische Eilwagenreise durch die Theaterwelt“ (Quodlibet).
    22. Juni: „Zampa der Tagdieb oder Die Braut von Gips“.
    26. September: „Der konfuse Zauberer oder Treue und Flatterhaftigkeit“.
    20. Oktober: „Die Zauberreise in die Ritterwelt oder Die Übermütigen“.
    „Genius, Schuster und Marqueur oder Die Pyramiden der Verzauberung“ (Vorstufe zu Lumpazivagabundus; zu Lebezeiten nicht aufgeführt).
  • 1833 „Der Feenball oder Tischler, Schneider und Schlosser“ (mit Lumpazivagabundus weitgehend identisch, zu Lebzeiten nicht aufgeführt).
    12. Februar: „Der Zauberer Februar oder Die Überraschungen“ (nur Theaterzettel und einige Gesangstexte erhalten).
    11. April: „Der böse Geist Lumpazivagabundus oder Das liederliche Kleeblatt“.
    9. Oktober: „Robert der Teuxel“.
    20. November: „Tritsch-Tratsch“.
Nestroy als Bertram in „Robert der Teuxel“, Kolorierter Kupferstich von Geiger nach einem Aquarell von Schoeller, 1838
  • 1834 17. Jänner: „Der Zauberer Sulphurelektrimagnetikophosphoratus und die Fee Walburgiblocksbergiseptemtrionalis oder Des ungeratenen Herrn Sohnes Leben, Taten, Meinungen, wie auch dessen Bestrafung in der Sklaverei und was sich alldrot Ferneres mit ihm begab“.
    5. März: Tod des Vaters.
    4. April: „Müller, Kohlenbrenner und Sesselträger oder Die Träme von Schale und Kern“.
    „Das Verlobungsfest im Feenreiche oder Die Gleichheit der Jahre“ (unaufgeführt).
    8. Oktober: „Die Gleichhei der Jahre“.
    6. Dezember: „Die Familien Zwirn, Knieriem und Leim oder Der Welt-Untergangs-Tag“ (Fortsetzung von Lumpazivagabundus).
    5. Dezember: „Die Fahrt mit dem Dampfwagen“ (Vorspiel zu einem Quodlibet).
Brustbild, 1834 (nach einer Aquarellminiatur auf Elfenbein von Franz Schrotzberg)
  • 1835 13. Februar: „Weder Lorbeerbaum noch Bettelstab“.
    22. April: „Eulenspiegel oder Schabernack über Schabernack“.
    24. September: „Zu ebener Erde und erster Stock oder Die Launen des Glücks“. Großer Erfolg; nur der Journalist Franz Wiest im Sammler kritisiert spöttisch. Nestroy extemporiert: „An dem Tisch wird Whist gespielt – ’s is merkwürdig, dass das geistreiche in England erfundene Spiel den gleichen Namen mit dem dümmsten Menschen von Wien hat!“ Wiest klagt, und Nestroy wird zu fünf Tagen Arrest verurteilt.
  • 1836 16.–21. Jänner: Verbüßung der Arreststrafe.
    5. März: „Der Treulose oder Saat und Ernte“.
    6. Mai: „Die beiden Nachtwandler oder Das Notwendige und das Überflüssige“.
    23. Juli: „Der Affe und der Bräutigam“.
  • 1837 17. Jänner: „Eine Wohnung ist zu vermieten in der Stadt, eine Wohnung ist zu verlassen in der Vorstadt, eine Wohnung mit Garten ist zu haben in Hietzing“ (vom Wiener Publikum abgelehnt und nur zweimal wiederholt).
    5. Mai: „Moppels Abenteuer im Viertel unter dem Wienerwald, in Neuseeland und Marokko“.
    16. November: „Das Haus der Temperamente“
  • 1838 10. März: „Glück, Missbrauch und Rückkehr oder Das Geheimnis des grauen Hauses“.
    19. April: „Der Kobold oder Staberl im Feendienst“.
    3. November: „Gegen Torheit gibt es kein Mittel“.
    18. Dezember: Carl leitet neben dem Theater an der Wien auch das Theater in der Leopoldstadt.
Theater in der Leopoldstadt
  • 1839 19. Jänner: Erstes Auftreten Nestroys am Leopoldstädter-Theater.
    13. April: „Die verhängnisvolle Faschingsnacht“.
Theater in der Leopoldstadt
  • 1840 15. Jänner: „Der Färber und sein Zwillingsbruder“.
    2. April: Geburt der Tochter Maria Cäcilia.
    21. Mai: „Der Erbschleicher“.
    5. Juni: Gastspiel in Brünn. 15. Juni bis 6. Juli: Gastspiel in Prag.
    9. Juli: Direktor Carl vereinigt die Ensembles seiner beiden Bühnen.
    8. August: „Die zusammengestellte Komödie“ (Quodlibet).
    16. Dezember: „Der Talisman“.
  • 1841 Juni: Zweites Gastspiel in Prag.
    24. November: „Das Mädl aus der Vorstadt oder Ehrlich währt am längsten“.
  • 18. Dezember: Erstaufführung von „Friedrich, Prinz von Korsika“.

„Nestroy, Johann, sehr lang, etwas ungeschlacht, Embonpoint, platernarbig, rundes Gesicht, lockiges, etwas graues Haar, greller Schauspieler, desto glücklicherer Coupletsänger, fruchtbarer und beliebter Possenspieler, trefflicher Zeichner gemeiner Charaktere in Callots Manier; schreit entsetzlich, treibt sich in Kneipen herum und zwar nicht immer der Studien wegen; auf ihm lastet der Vorwurf, den Director Carl reich gemacht zu haben; in der Ehe sehr veränderlich, aber jedesmal Pantoffelheld, seine jetzige Geliebte, Dem. Weiler, ist in dem schändichsten Renomée. – Werke: Viele Possen und Parodien, worunter einige von bleibendem Werthe.“ (Österreichischer Parnass, bestiegen von einem heruntergekommenen Antiquar)

  • 1842 10. März: „Einen Jux will er sich machen“ (wird zu Nestroys Lebzeiten 161 Mal gespielt; neben Lumpazivagabundus Nestroys erfolgreichstes Stück).
    5. Mai: „Die Ereignisse im Gasthof“ (Text verschollen).
    10. Juli bis 10. August: Gastspiel in Prag. 14.–16. August: Gastspiel in Brünn.
    17. November: „Die Papiere des Teufels oder Der Zufall“.
  • 1843 23. März: „Liebesgeschichten und Heiratssachen“.
    12. Mai: „Das Quodlibet verschiedener Jahrhunderte nebst Vorspiel Die dramatischen Zimmerherrn“.
    9.–17. Juni: Gastspiel in Linz. 22. Juni bis 18. Juli: Gastspiel in Breslau.
    17. November: „Nur Ruhe!“
  • 1844 3. Jänner: „Eisenbahnheiraten oder Wien, Neustadt oder Brünn“.
    16. März: „Hinüber – Herüber“.
    9. April: „Der Zerrissene“ (107 Aufführungen zu Lebezeiten).
    11.–25. Juli: Gastspiel in Prag.
    1.–27. August: Gastspiel am Königsstädter Theater in Berlin. Anschließend Gastspiel in Frankfurt.

„Es wurde am 31. Juli in Prag ein Brief aufgegeben, anonym, und direkt an S. Majestät den König von Preußen adressiert; der Brief kam natürlich in die Händes des Ministers Graf Wittgenstein, welcher den Brief gelesen; in demselben schreibt man an den König, er möchte ja nicht gestatten, daß Herr Nestroy in Berlin zum Auftreten komme, denn der Witz und die Satire dieses Menschen vergiftet nicht nur die Moralität des Volkes, sondern ist auch in politischer Hinsicht durch pikante Anspielungen höchst gefährlich.“ (Aus dem einzigen erhaltenen Brief Nestroys an Marie Weiler, 24. August 1844)

  • 1845 16. Jänner: „Die beiden Herren Söhne“.
    15. Februar: Gerichtliche Scheidung von Wilhelmine Nespiesni.
    26. Februar: „Das Gewürzkrämerkleeblatt oder Die unschuldigen Schuldigen“.
    23. April: „Unverhoft“.
    30. April: Carl legt die Leitung des Theaters an der Wien nieder.
    12. Juli: Gastspiel in Brünn.
    17. Juli: Gastspiel in Berlin.
    10. August: Gastspiel in Prag.
    10.–22. September: Einziges Gastspiel in München.
Adolf Bäuerle (1786–1859), Theaterdichter und Herausgeber der Theaterzeitung
  • 1846 2. Mai: „Der Unbedeutende“.
    16. Juli: Gastspiel in Prag.
    4. August: „Zwei ewige Juden für einen“.
  • 1847 9. April: „Der Schützling“.
    7. Mai: Letzte Vorstellung im Leopoldstädter Theater vor dem Umbau (den die späteren Erbauer der Wiener Staatsoper Siccardsburg und Van der Nüll durchführen).
    29. Mai bis 16. Juni: Gastspiel in Brünn. 20. Juni bis 15. Juli: Gastspiel in Prag.
    Gastspiele in Berlin, Hamburg, Frankfurt, Mainz, Wiesbaden.
    10. Dezember: „Die schlimmen Buben in der Schule“ (erstaufgeführt zur feierlichen Eröffnung des nunmehr Carl-Theater genannten Theaters in der Leopoldstadt).
  • 1848 25. Jänner: „Martha oder Die Mischmonder Markt-Mägde-Mietung“.
    21. Mai: „Die Anverwandten“.
    1. Juli: „Freiheit in Krähwinkel“. Die Posse hat die Ereignisse der Märzrevolution zum Hintergrund; sie wird bei der Premiere mit großem Jubel aufgenommen.
    4. Oktober: 36. Vorstellung. Die Reaktion und die kaiserlichen Truppen befinden sich auf dem Vormarsch.
    31. Oktober: Die kaiserliche Armee unter Windischgraetz besetzt Wien.
    1. November: Kapitulation; Massenverhaftungen und öffentliche Hinrichtungen.
    11. November: Wiedereinführung der Zensur.
    2. Dezember: Franz Joseph wird Kaiser.
  • 1849 6. Februar: „Lady und der Schneider“.
    13. März: „Judith und Holofernes“.
    17. November: „Höllenangst“.
    „Der alte Mann mit der jungen Frau“ (zu Lebzeiten Nestroys nicht aufgeführt).
  • 1850 12. Jänner: „Sie sollen ihn nicht haben oder Der holländische Bauer“.
    1. April: „Karikaturen-Charivari mit Heiratszweck“.
    4. Mai: „Alles will den Propheten sehen“.
    22. Juni: „Verwickelte Geschichte“.
    1.–24. August: Gastspiel in Lemberg.
  • 1851 4. April: „Mein Freund“.
    20. November: „Der gutmütige Teufel oder Die Geschichte vom Bauer und von der Bäuerein“.
  • 1852 29. März: „Kampl oder Das Mädchen mit Millionen und die Nähterin“.
  • 1853 16. März: „Heimliches Geld, heimliche Liebe“.
  • 1854 1. Februar: „Theaterg’schichten durch Liebe, Intrige, Geld und Dummheit“.
    15. August: Theaterdirektor Carl stirbt in Ischl an einem Schlaganfall.
    1. November: Nestroy übernimmt das Carl-Theater als Pächter und Direktor.
  • 1855 „Nur keck!“ (zu Lebzeiten nicht aufgeführt).
  • 1856 Mehrere Monate währendes Zerwürfnis mit Marie Weiler. Im Mai Auflösung der Gütergemeinschaft. Nestroy reist mit seiner Tochter Maria Cäcilia nach Berlin und Hamburg, dann nach Reichenau und Ischl. In der Folge Versöhnung.
    9. Dezember: Nestroy überträg Marie Weiler die Administration des Carl-Theaters.
  • 1857 7. März: „Umsonst!“ Sommerreise mit Weiler und Tochter nach Paris, Scheveningen, Den Haar und Amsterdam.
    5. Oktober: Scholz stirbt im Alter von 70 Jahren.
    31. Oktober: „Tannhäuser“.
    „Zeitvertreib“ (zu Lebzeiten unaufgeführt).
  • 1858 April: Aufenthalt in Triest. Mai: Zerwürfnis mit Marie Weiler. Nestroy vereinbart mit den Erben Carls die Übergabe des Theaters für den 1. November 1860.
    1. Juni: Nestroy reist allein nach Hamburg, Paris und Helgoland.
    30. Juli: Rückkehr nach Ischl und Versöhnung. Legitimation der beiden Kinder.
  • 1859 31. März: „Lohengrin“.
    Mai: Ankauf eines Stadthauses in Graz. Juli: Reise nach Helgoland. Kauf einer Villa in Ischl.
  • 1860 17. März: Nestroy tritt als Jupiter in Offenbachs Operette „Orpheus in der Unterwelt“ auf.
    Letzte Reise nach Helgoland.
    Umbau seiner Villa in Ischl.
    30. Oktober: Nestroy verabschiedet sich vom Publikum des Carl-Theaters mit einem Programm, das ihn in sechs verschiedenen Rollen zeigt.
    31. Oktober: Nestroy beendet seine Direktionstätigkeit. Übersiedlung nach Graz.
    1. November: Eröffnung des neuen Theaters am Franz-Josephs-Kai (Leitung Karl Treumann).
  • 1861 4. Februar bis 23. März: Gastspiel im neuen Theater am Franz-Josephs-Kai.
  • 1862 7. Jänner: „Frühere Verhältnisse“.
    1. Februar: „Häuptling Abendwind oder Das greuliche Festmahl“.
    4. März: Nestroy ist in Wien zum letzten Mal zu sehen (als Knieriem).
    29. April: Letzter Auftritt in Graz.
    25. Mai: Nestroy stirbt an den Folgen eines Schlaganfalls.
    Der Leichnam wird nach Wien gebracht und am Währinger Friedhof beigesetzt. (1881 Exhumierung und Besetzung in einem Ehrengrab auf dem Wiener Zentralfiedhof).

„Das Einzige, was ich beym Tode fürchte, liegt in der Idee der Möglichkeit des Lebendigbegrabenwerdens. Unsere Gepflogenheiten gewähren in dieser höchst wichtigen Sache eine nur sehr mangelhafte Sicherheit. – Die Todtenbeschau heißt soviel wie gar nichts, und die medizinische Wissenschaft ist leider noch in einem Stadium, daß die Doctoren – selbst wenn sie einen umgebracht haben nicht einmal gewiß wissen, ob er todt ist. – Das in die Erde Verscharrtwerden ist an und für sich ein widerlicher Gedanke, der durhc das obligate Sargzunageln noch widerlicher wird. Mit einem Stoßseufzer denke ich hier unwillkürlich, wie schön war dagegen das Verbranntwerden als Leiche nähmlich – wo die substanzen in die freyen Lüfte verdampfen, und die Asche in einer schönen Urne bei zurückgelassenen Angehörigen in einem netten Kabinettchen stehen bleiben konnte. – So that man vor zweytausend Jahren, aber freylich, bis die menschen wieder so gescheidt werden, wie sie vor zweytausend Jahren gewesen, können immerhin noch zweytausend Jahre vergehen. – Nun, nachdem ich dem Fortschritt mein Compliment gemacht, wieder zur Sache. Ich habe, was meinen Leichnam anbelangt, folgenden Beschluß gefaßt. Ich lasse mir vielleicht bald, vielleicht auch erst, wenn ich in ein höheres Alter vorgerückt sein werde, auf einem hiesigen Friedhofe eine Gruft bauen. Sollte mich jedoch der Tod vor Ausführung dieses Planes überraschen, so hat der Bau dieser Gruft alsogleich nach Eröffnung dieser Zeilen in Angriff genommen zu werden. Selbstverständlich kann und muß so ein Bau, welcher eigentlich kein Bau, sondern nur die Ausmauerung einer Grube ist, – in Drey, längsten Vier Tagen vollendet seyn. Eine derlei Wohnung kann auch ohn Sanitätsgefahr für die Wohnparthey sogleich bezogen werden. – Mein Leichenbegängniß wünsche ich mit ganzem Concuct, aber durchaus nicht nach Zweymal Vierundzwanzig Stunden, – (welche Frist in der Praxis unverantwortlicherweise mit der leichtsinnigsten Liederlichkeit oft auch noch um Zwölf oder mehr Stunden verkürzt wird), – sondern darf erst mindestens volle Dreymahlvierundzwanzig Stunden nach dem Todesmoment statthaben. Selbst dann noch will ich, nach vollendeter Leichen-Ceremonie, in einer Todtenkammer des Friedhofes, in offenem Sarge, mit der nöthigen Vorkehrung, um bey einem möglichen, wenn auch noch so unwahrscheinlichen Wiedererwachen ein Signal geben zu können, noch mindestens Zwey Tage (vollständig gerechnet) liegen bleiben, dann erst in die Gruft aber selbst da noch mit unzugenageltem Sargdeckel gesenkt werden.“ (Ausschnitt aus Nestroys testamentarischer Verfügung)