Zauberposse in 3 Aufzügen
- Vorlage Vgl. HKA Stücke 4, S. 459
- Überlieferung Gladt S. 45–47; SW Bd. 1, S. 704 f.; HKA Stücke 4, S. 451–512
- Werkausgaben (Stücktext) SW Bd. 1, S. 419–528; HKA Stücke 4 (Hg.: Aust), S. 103–194
- Literatur HKA Stücke 4, S. 101
Personen
- Sonnenglanz, König der Genien
- Prinz Tausendschön,
- Prinz Liebesreitz, seine Söhne
- Pantoffeline, eine Fee, Beschützerin des schönen Geschlechts
- Kaffeluzia, verwitwete Fee, Pantoffelines Schwester
- Flora,
- Viola, ihre Töchter
- Lulu, ein alter Genius, Diener und Faktotum des König Sonnenglanz
- Lili, Nymphe in Diensten der Fee Pantoffeline
- Sulphurelektrimagneticophosphoratus, Zauberer, Magier, Zeichendeuter, Wahrsager etc.
- König Rabenschwarz, Beherrscher eines schwarzen Völkerstammes in der Feenwelt
- Rappeline, seine Tochter
- Milibu, ihre schwarze Sklavin
- König Kupferplatt, Beherrscher eines kupferfarbigen Völkerstammes in der Feenwelt
- Brünette, seine Tochter
- Phyla, Wächter des unterirdischen Zaubergewölbes in Pantoffelines Palast
- Hydridracocrocodilus, ein geharnischter Geist, Wächter ebendaselbst
- Bellona, Königin der Amazonen
- Mordiana,
- Lanzina,
- Pfeilosa, Amazonen
- Michel Pechberger, ein Schuster
- Frau Liesel, sein Weib
- Johann Kipfel, vazierender Marqueur
- Adele, seine Gattin
- Natzl, Schusterlehrjunge
- Saufaus, Wirt bei der unbestimmten Ordnung
- Die Wirtin
- Nagelberger,
- Kranzelgruber,
- Gangelhofer,
- Streichmüllner, Gäste im Wirtshaus
- Ein Korporal mit Patrouille
- 1. und 2. Sklave der Genien
- [Ein Zwerg]
- Genien
- Dienstbare Geister
- Geisterwache im Zaubergewölbe
- Magier
- Nymphen
- Kupferfarbene Sklaven und Sklavinnen des Königs Kupferblatt
- Mohrengefolge des Königs Rabenschwarz
- Furien, Wache, Gäste etc.
- Die Handlung geht teils in der wirklichen, teils in der Feenwelt vor
Inhalt
1. Akt
Chor der Nymphen I, 1. – Obwohl Kaffeluzias Töchter Flora und Viola rasend in die Prinzen Tausendschön und Liebesreitz verliebt sind, nehmen diese kaum Kenntnis von den Frauen. Die in Aussicht genommene Hochzeit scheint daran zu scheitern. Kaffeluzia ruft die Fee Pantoffeline zu Hilfe, die sich besonders für die Rechte der Frauen einsetzt. Sie verspricht, die Prinzen für ihr Verhalten zu strafen. – Auftrittslied Lulu I, 6 („Ich bin der Genius Lulu“). – Die Genien sind Pantoffeline ein besonderer Dorn im Auge, weil sie stets viele Geliebte, aber keine Frau haben möchten. Als die Genien vor einigen Jahren begannen, überhaupt nicht mehr zu heiraten, hetzte Pantoffeline die Amazonen gegen sie. Die Genien verloren den Krieg und müssen seit dieser Zeit alljährlich zwei ledige Jünglinge, die das 24. Lebensjahr überschritten haben, an die Amazonen ausliefern. Die Namen der Jünglinge werden durch das Orakel bestimmt. Die Opfer werden von den Amazonen geheiratet und danach „schmählich von ihren Weibern maltraitiert.“ Nun fürchtet Sonnenglanz, seine eigenen Söhne könnten durch das Orakel benannt werden. Der weise Sulphurelectrimagneticophosphoratus macht lediglich zweideutige Bemerkungen, die nicht weiterhelfen. Ein Sklave meldet die Rückkehr der Abordnung vom Orakel und die Anwesenheit Pantoffelines. – Chor der Nymphen I, 11. – Voll Verzweiflung erfährt Sonnenglanz, daß das Orakel seine Söhne bestimmt hat. Inständig bitten Viola und Flora Pantoffeline, den Prinzen die Strafe zu erlassen. Tatsächlich läßt sich die Fee erweichen. Sie bestimmt, daß Lulu am nächsten Tag seine Lili heiraten soll. Zuvor soll er jedoch zur Erde fliegen. Dort werde er zwei Männer treffen, die ihren „guten braven Weibern das Leben verbittern.“ Diese soll er heraufbringen. Sie sollen statt der Prinzen die Amazonen heiraten. Den überglücklichen Sonnenglanz ermahnt Pantoffeline, seine Söhne davor zu warnen, „je wieder ein weiblich Herz zu kränken.“ – Chor der Gäste I, 12. – Auftrittslied Pechberger I, 13 („Herr Wirth ein saubern Slibowitz“). – Pechberger trinkt im Wirtshaus, während seine Frau Liesel nicht weiß, wovon sie das Essen kaufen soll. Mit Kranzelgruber ist Pechberger sich einig: „an allen Kummer und Sorg seyn nur die Weiber schuld.“ Von Adele begleitet, betritt Lulu das Wirtshaus. – Auftrittslied Kipfel I, 17 („Heut hab ich mich fünfmahl verlassen au’m Gelb’m“). – Kipfel hat bereits viel Geld beim Billard verloren. Heimlich steckt ihm die Wirtin jedoch weiteres Geld zu. Verzweifelt bittet Adele ihren Mann um etwas Geld für Lebensmittel, doch unerbittlich bescheidet Kipfel ihr, sie solle lieber arbeiten gehen, denn „Müßiggang ist aller Laster Anfang.“ Lulu tritt zu den traurigen Frauen und bittet sie, ihm die Männer für eine Reise mitzugeben. Als Entschädigung für die Abwesenheit der Gatten bietet Lulu ihnen jeweils 500 Gulden. Zwar freuen sie sich über diesen Reichtum, trennen sich aber dennoch nur schweren Herzens von ihren Männern. Nachdem Pechberger und Kipfel ihr Geld im Spiel verloren haben und nicht recht wissen, wie sie die Zeche bezahlen sollen, tritt Lulu zu ihnen und stellt ihnen große Schätze in Aussicht. Sie sollen ihn ins Feenreich begleiten und dort eine Amazone heiraten. Die Aussicht, dort „alles in Überfluß“ zu bekommen – Lulu meint unausgesprochen eigentlich die Schläge der Amazonen –, läßt beide nicht lange zögern. Im Feenreich sorgt Sonnenglanz sich bereits über Lulus Ausbleiben. Zwar sind die Amazonen mit dem von Pantoffeline vorgeschlagenen Tausch einverstanden, doch das Ausbleiben Lulus läßt für die Prinzen das Schlimmste befürchten. In letzter Sekunde erscheinen der Genius Lulu, der Schuster Pechberger und der Marqueur Kipfel. Kipfel und Pechberger sind von den Amazonen durchaus angetan, doch ahnt Kipfel ein Unheil, als man beginnt sie in Fesseln zu legen. – Chor von Pantoffelines und Sonnenglanz’ Gefolge I, 24.
2. Akt
Seitdem Tausendschön und Liebesreitz von der drohenden Hochzeit befreit sind, haben sie ihre Liebe zu Flora und Viola, die von den beiden nichts mehr wissen wollen, wiederentdeckt. – Lied Viola II, 2 („Sollt’ ich in Gram vergehen?“). – Lulu erzählt Kaffeluzia, daß König Kupferplatt und König Rabenschwarz ihre Töchter Brünette und Rappeline mit Tausendschön und Liebesreitz verheiraten wollen. Eine Versöhnung zwischen Flora, Viola und den Prinzen ist demnach dringend erforderlich. Kurzerhand befiehlt Kaffeluzia ihren Töchtern die Hochzeit. Diese willigen ein. Verärgert beschließen Brünette und Rappeline, den Konkurrentinnen die Bräutigame abspenstig zu machen, zumal die Prinzen an den farbigen Mädchen durchaus Gefallen finden. Als sie ihnen zu Füßen liegen, erscheint Pantoffeline und verzaubert die Gruppe, so daß alle wie angewurzelt in ihrer Stellung verharren. Zur Strafe für ihre Untreue soll Tausenschön halbseitig schwarz, Liebesreitz halbseitig braun werden. Furien sollen die Prinzen zu den Pyramiden der Verzauberung bringen. In der Not hat Lulu die rettende Idee: Man holt Pechberger und Kipfel von den Amazonen und läßt die Übergabe an die Furien in einem dunklen Zimmer stattfinden, so daß die Verwechslung unbemerkt bleibt. – Trinkchor der Amazonen II, 11. Eifrig sind Pechberger und Kipfel mit allen Aufgaben einer Hausfrau und Mutter beschäftigt, während die Amazonen ein Gelage halten. Pfeilosa überbringt Bellona ein Pergament, in dem eine mächtige Amazone ihr Kommen ankündigt. Bellona fühlt sich sehr geehrt und läßt auf der Stelle die entsprechenden Vorkehrungen treffen. – Chor der Amazonen II, 12. – Pechberger und Kipfel sehnen sich nach ihren Frauen zurück. Während Kipfel auf einen Fluchtweg sinnt, ist Pechberger der Überzeugung, daß die Welt sowieso bald durch einen Kometen untergehen werde. – Lied Pechberger II, 14 (R: „Da wird einem halt angst und bang, / die Welt steht auf keinen Fall mehr lang.“) – Lulu, als Amazone verkleidet, wird von den Amazonen hereingeleitet. – Chor der Amazonen mit Lulu II, 15: Lulu verlangt, mit Pechberger und Kipfel als Bedienung alleingelassen zu werden. – Erst jetzt erkennen die Männer den Genius. Zwar sind sie wütend auf ihn, freuen sich aber über die Ankündigung ihrer Befreiung. Als Preis müßten sie jedoch ihre Schönheit opfern. Während Kipfel auf der Stelle zustimmt, zögert Pechberger. Doch Kipfel erinnert ihn daran, daß der Weltuntergang sowieso nahe sei. Gemeinsam ergreifen alle drei die Flucht. Es gelingt Lulu die beiden Männer kurz vor Ankunft der Furien in den verabredeten Raum zu bringen. Lili verdächtigt ihren Bräutigam der Untreue, worauf dieser alles abstreitet und in Tränen ausbricht. – Lied Lili II, 21 („O, die Männer stell’n sich lamperlfrumm“). – Für den Fall, daß Lulu sie betrügt, hat sie bereits einen anderen im Blick. – Chor der dienstbaren Geister und Furien II, 23. – In den Pyramiden der Verzauberung wird Pechberger halbseitig schwarz, Kipfel halbseitig kupferbraun. Verwundert sehen die Männer sich an. Lulu ist froh, daß Pantoffeline die Verwechslung nicht bemerkt hat.
3. Akt
Kipfel und Pechberger sind unglücklich über ihre Zweifarbigkeit. Man will das Orakel um Hilfe bitten. Das ist noch verstimmt, weil man sich durch den Tausch der Bräutigame über seinen Spruch hinweggesetzt hatte. Milibu hat den Betrug sogleich erkannt. Ihr Wissen behielt sie für sich, weil sie sich in Pechbergers schwarze Seite verliebt hat. Nun will sie ihn überreden ganz schwarz zu werden, was Pechberger jedoch entrüstet ablehnt. Pantoffeline zeigt Adele und Frau Liesel die farbigen Seiten der angeblichen Prinzen. Keine der drei bemerkt die Verwechslung. Die Fee erklärt, auf diese Weise bestrafe sie untreue Männer. Das Versprechen Pantoffelines, Kipfel und Pechberger seien in einer Stunde zurück, versetzt Lulu in helle Aufregung. Sollte die Fee die Männer nicht bei den Amazonen finden, werde sie die Verwechslung bemerken und furchtbar grollen. Lili macht den Vorschlag, das Orakel nach einem Entzauberungsmittel zu fragen und Pantoffeline zu erklären, die Männer seien aus eigenen Stücken vor den Amazonen geflohen. In diesem Moment bemerkt Lili Milibus Verschwinden. Die Sklavin will aus enttäuschter Liebe Pantoffeline über die Verwechslung aufklären. Um den Verrat zu verhindern, schickt Lili Lulu hinterher. Sie selbst will das Orakel befragen. Das Orakel läßt verlauten, daß sich in Pantoffelines Palast ein Pantoffel befindet, der von aller Zauberei befreit. Er wird von einem Riesen bewacht, der nur durch einen Hieb auf seinen Helmbusch zu besiegen ist. Die Verzauberten müssen sich fortan vor Neugier schützen. Niemals dürfen sie Auskunft über ihre Person oder ihre irdische Herkunft geben, ansonsten würden sie sich in einen Marmorstein verwandeln. Als Schutz vor dem Riesen stellt das Orakel eine Drachenschuppenhaut zur Verfügung. Es gelingt Lulu, Milibu einzuholen. Sie verlangt einen Kuß von dem Genius, um auf den Verrat zu verzichten. Zunächst unwillig, doch dann mehr und mehr begeistert, geht Lulu auf ihre Forderung ein. Die beiden werden von Lili überrascht. Lulu versucht, seine Braut mit dem Hinweis auf den verhinderten Verrat zu beruhigen. – Duett Lili, Lulu III, 8: Lili stutzt Lulu die Flügel und versichert, dies in zwei Wochen wieder zu tun. – Im Keller von Pantoffelines Palast besiegen Kipfel und Pechberger den Riesen durch einen Hieb auf den Federbusch. Während sie noch neugierig die Überreste des anscheinend nur aus einer leeren Rüstung bestehenden Riesen betrachten, stürmen die Wächter herein. – Chor der Wächter III, 10. – Die Wächter stellen die beiden Diebe auf einen Holzstoß, den sie anzünden wollen. In höchster Not geben Pechberger und Kipfel gegen den Rat des Orakels preis, wer sie sind und woher sie kommen. Auf der Stelle werden sie zu Stein, worauf die Wächter auf das Verbrennen verzichten. – Chor der Wächter III, 10. – Milibu hat Pantoffeline von Lulus List berichtet. Wütend zaubert die Fee die Betrüger herbei. Es erscheinen Sonnenglanz und seine Söhne sowie Sulphur. Auch Lulu, Lili, Viola, Flora, Kaffeluzia, Adele und Frau Liesel sind anwesend. Phylax meldet, man habe einen Schuster und einen Marqueur gefangen, die den Pantoffel stehlen wollten. Allerdings hätten sie sich in Marmor verwandelt, als man sie verbrennen wollte. Vor Schreck fallen Adele und Frau Liesel in Ohnmacht. In ihrem Zorn bestimmt Pantoffeline, Sonnenglanz und seine Söhne müßten „mit ihren Köpfen“ die Versteinerung lösen. Inständig bitten Viola und Flora um Gnade für die Prinzen. Um der drohenden Enthauptung zu entgehen, wollen die Prinzen sich lieber von einem Felsen stürzen. Zwar bedauert Pantoffeline ihren Schwur bereits, doch kann sie ihn nicht mehr zurücknehmen. Eilig versuchen die Prinzen, aus dem Palast zu fliehen, und stoßen dabei mit den Köpfen an die versteinerten Männer, die sich auf der Stelle wieder bewegen können.Aus Dankbarkeit über diesen glücklichen Ausgang will Pantoffeline alle Vergehen vergessen. Tausendschön und Liebesreitz fallen Viola und Flora zu Füßen. Angesichts dieser Hochzeit sind auch Pantoffeline und Sonnenglanz wieder versöhnt. Pechberger und Kipfel kehren mit ihren Frauen auf die Erde zurück. Dort sollen sie solange ein gutes Auskommen haben, wie sie ihre Frauen gut behandeln. Andernfalls müßten sie zu den Amazonen zurück. Da auch Lulu und Lili sich versöhnt haben, beginnt der Genius sofort, ein Festbankett vorzubereiten.
Aus dem „Nestroy-Schauspielführer“ von Jürgen Hein und Claudia Meyer, Verlag Lehner