Nestroy-Spiele 2012

Nestroys „Jux“ – Ein Klassiker zum 40er

40. Nestroy-Spiele Schwechat 2012 im Schlosshof der Rothmühle
in Schwechat-Rannersdorf, 2320 Schwechat, Rothmühlstraße 5
Premiere 23. Juni 2012, Vorstellungen bis 28. Juli 2012

Erfolgreiche Bilanz der Nestroy-Spiele 2012: Trotz der extremen Wetterkapriolen im Juli (etwa die Hälfte der 21 Vorstellungen war gefährdet, 20 Prozent mussten abgesagt werden), trotz des ständigen Wechsels zwischen tropischer Hitze und schweren Unwettern, ließen es sich die Fans der Nestroy-Spiele Schwechat nicht nehmen, die Jubiläumsaufführungen von Nestroys „Jux“ auf Schloss Rothmühle zu besuchen. Wie jedes Jahr kamen mehr als 4600 Zuschauer. Die Auslastung stieg um 17 Prozent.

Wer kennt sie nicht, die amüsanten Abenteuer des braven Handelsangestellten Weinberl, der endlich auch einmal ein „verfluchter Kerl“ sein möchte und der sich zusammen mit seinem Lehrbuben Christopherl bei seinem heimlichen Ausbruch aus dem tristen, provinziellen Alltag in den Wirrnissen der Großstadt in die turbulentesten Situationen verstrickt?

Auf vielfachen Wunsch feiern die Nestroy-Spiele Schwechat ihr 40-jähriges Bestehen mit einem der großen Klassiker der Weltliteratur: „Einen Jux will er sich machen“. Im stimmungsvollen Ambiente des Hofes von Schloss Rothmühle garantieren die mehrfach ausgezeichneten Nestroy-Spezialisten rund um Peter Gruber für brillante Sommerunterhaltung auf höchstem Niveau.

Besetzung

  • Zangler, Gewürzkrämer in einer kleinen Stadt Horst Salzer
  • Marie, dessen Nichte und Mündel Martina Hinterleitner
  • Weinberl, Handlungsdiener bei Zangler Franz Steiner
  • Christopherl, Lehrjung bei Zangler Melina Rössler
  • Kraps, Hausknecht bei Zangler Andreas Bauer
  • Frau Gertrud, Wirtschafterin bei Zangler Maria Sedlaczek
  • Melchior, ein vazierender Hausknecht Bruno Reichert
  • August Sonders Benjamin Turecek
  • Hupfer, ein Schneidermeister Peter Kuno Plöchl
  • Madame Knorr, Modewaren-Händlerin Regine Rieger
  • Frau von Fischer, Witwe Susanne Adametz
  • Fräulein Blumenblatt, Zanglers Schwägerin Bella Rössler
  • Brunninger, Kaufmann Harald Schuh
  • Philippine, Putzmacherin Conny Schachlhuber
  • Lisett, Stubenmädchen bei Fräulein Blumenblatt Gabi Holzer
  • Ein Hausmeister Andreas Herbsthofer-Grecht
  • Ein Lohnkutscher Peter Kuno Plöchl
  • Ein Wachter Peter Koliander
  • Rab, ein Gauner Sascha Nikodym
  • Kellner Günter Eberl, Andreas Herbsthofer-Grecht
  • Lieferanten, Damen, Passanten, Tänzer Sabine Axmann, Günter Eberl, Andreas Hersthofer-Grecht, Peter Koliander, Richard Mayer, Sascha Nikodym, Peter Kuno Plöchl, Conny Schachlhuber, Sabine Stacher, Sissy Stacher, Jürgen Zsalcsik
  • Inszenierung Peter Gruber
  • Musik Johannes Specht
  • Bühne Nora Scheidl
  • Kostüme Okki Zykan
  • Ausstattungsassistenz Anna Zadra
  • Maske Anfrea Zeilinger
  • Lichtdesign Robby Vamos
  • Technik Thomas Nichtenberger
  • Organisation Christine Bauer
  • Pressebetreuung Barbara Vanura
  • Büro Sabine Stacher

Pressestimmen

Kurier, 26. Juni 2012: In Schwechat ist Nestroy seit 40 Jahren zu Hause

Jubiläum in Schwechat: Seit 40 Jahren serviert Regisseur und Intendant Peter Gruber im Schlosshof der Rothmühle Nestroy-Spezialitäten. Individuell ist seine Zubereitung: Geschmackiges wird noch schärfer, Mildes bekommt Biteraromen, gewürzt wird kräftig

So auch beim heurigen „Jux“, den sich Handlungsgehilfe Weinberl machen will, um wenigstens einmal der Tristesse seines Arbeitskellers zu entgehen. Mit Scharfblick macht Gruber das sozio-ökonomische Unterfutter der pointensicheren Komödienoberfläche deutlich: Da entsolidarisiert sich gerade eine Gesellschaft im Umbruch; was wirtschaftliche Abhängigkeiten und prekäre Arbeitsverhältnisse betrifft, sind Prallelen zum Heute frappant – aktuell, nicht aktualisiert.

Nora Scheidls Bühne schafft dafür eine klaustrophobische Welt aus Plastiksteigen, die ihre labyrinthischen Strukturen blitzschnell den Entwicklungen anpassen. Franz Steiner lässt such der Tragik der Weinberlschen Ausweglosigkeit adäquaten Spielraum. Auch sonst wird sehr gut gespielt. (Barbara Palffy)

Der neue Merker, 25. Juni 2012: Theaterfest NÖ/Schwechat: JUX

Vierzig Jahre lang konsequent und unverwässert einem Thema treu: Die Nestroy Spiele in Schwechat, unverändert (und unveränderlich) unter der Leistung von Peter Gruber, feierten ein besonderes Jubiläum. Der heutige, der immer hinterfragte, der immer grimmig-grinsende Nestroy – das ist längst ein Markenzeichen.

40 Jahre – welch eine Leistung, allerdings vom Spielplan her leichter zu erfüllen als Bayreuth, denn es gibt wesentlich mehr Stücke. Der Griff nach dem Populären ist hier eher selten, aber zum Jubiläum … „Einen Jux will er sich machen“ wird heuer lapidar auf „Jux“ verkürzt, und das hört sich so scharf an, wie es gespielt wird. In einer Dekoration von Nora Scheidl, die ein Äquivalent dazu bietet, wie Menschen zu Nestroys Zeiten beruflich in ein „G’wölb“ eingesperrt waren: Heute erfüllen Plastikbehälter, die käfigartig zusammen gefügt sind, dieselbe Aufgabe. Als Sinnbild einer kapitalistischen „Handels“-Gesellschaft grenzen und engen sie alle Beteiligten des Spiels gleicherweise ein…

Diese sind Menschen von heute, in heutigen Schäbigkeitsgewändern, aber vor allem in heutigem Sprachduktus (dabei immer noch originaler Nestroy natürlich) und von heutiger Mentalität. Der „Chef“, der „Gewürzkrämer“ Zangler, ist schlechtweg ein brutaler Prolet, aber die entscheidendste Wandlung hat seine Verlobte, die Madame Knorr, in der Auffassung von Peter Gruber durchgemacht: Das „Modewaren“-Geschäft der Dame fungiert nur als Fassade für ein Puff, in dem sich vordringlich Ostblock-Damen umtun … Dies hätte übrigens sogar für Nestroys Zeiten stimmen können, wo die Sitten nicht besser waren als heute…

Eigentlich hat man den „Kommis“ Weinberl selten wirklich „jung“ besetzt, aber oft lustiger als hier mit Franz Steiner: An diesem frisst von Anfang an die Resignation. Als er beschließt, einmal auszubrechen und sich einen „Jux“ zu machen, entwickelt er zwar einige Unternehmungslust unter modischer Haartolle, aber so richtig unbeschwert wird er nie: Die verantwortungslose Freiheit bringt schließlich nur Probleme, wie Nestroy zeigt, ohne ein Moralist zu sein. Gar nicht unbeschwert ist der Lehrjunge Christopherl in Gestalt der patzigen Melina Rössler – da wächst ein kleiner Mitläufer heran, der stets versucht, auf der sicheren Seite zu sein. Ein rechter Homo austriacus…

Der hundsordinäre Zangler des Horst Salzer wurde schon erwähnt, der seinen „Untertanen“ kein Happyend gönnt: Wo Nestroy (wenn auch in entsprechender Ironie) die allgemeinen Hochzeiten ausbrechen lässt, setzt Gruber noch einen gnadenlosen Gedanken darüber: Zangler macht klar, dass für Weinberl und Christopherl das Leben weitergeht wie immer. Malochen sollst du, sollst malochen…

Der Hausknecht Melchior, eine Prachtrolle für die großen Wiener Komiker (Fritz Muliar war einer der letzten, der da brillierte), wird von Gruber mit Hilfe von Bruno Reichert gänzlich umgestaltet. Wenn einer zu allem „Das ist klassisch!“ sagt, dann kommt er wohl aus der Stadt Goethes und Schillers, und dann darf er gerne sächseln, zumal, wenn er es so drollig beherrscht wie dieser Darsteller. Die Lästigkeit der Figur wird nicht gemildert, aber sie gewinnt einen ganz eigenen Charme.

Es ist Bella Rössler als obstinates Fräulein Blumenblatt, die bei den Damen des Vogel abschießt, aber natürlich sind Regine Rieger (ganz im Stil russischer Nutten frisiert und gewandet) und Susanne Adametz als die Damen Knorr und Fischer herrlich halbseiden, Martina Hinterleitner macht aus einer „Das schickt sich nicht!“-Nichte ein herrliches Früchtchen, Maria Sedlaczek tobt eine unübersehbare Wirtschafterin. Benjamin Turecek amüsiert als abgewiesener Verehrer mehr als andere Darsteller zuvor.

Der Abend, von Johannes Specht geschickt mit Musik versehen, zudem vom Ensemble mit zusätzlichen Coupletstrophen versehen, die aus der Fülle aktueller Ereignisse schöpfen konnten, fand den vollen Jubel des Publikums.

Anschließend feierten alle miteinander die 40 Jahre Schwechat. Ad multos annos! Möge man dem ewigen Nestroy hier weit über unsere eigene Lebenszeit hinaus immer neu huldigen. (Renate Wagner)

Niederösterreichische Nachrichten, 28. Juni 2012: Einmal ein ‚verfluchter Kel‘ sein

Wie bereits berichtet, war das Peter Grubers 3. Jux im Schloss Rothmühle. Und jedes Mal hat er, was bei Nestroy durchaus legitim ist, andere Schwerpunkte gesetzt. Und sicher hat diese Inszenierung von den Darstellern ebenso, wie vom Publikum ein Umdenken, angepasst an die heutige Situation, gefordert. Und trotzdem lässt Peter Gruber auch hier der Komödie ihren Raum. Aber ebenso macht er auch deutlich, und hier zieht er Parallelen zu heute, dass der Mensch, als Ware heruntergekommen, wie es Weinberl in seinem ersten Monolog anreißt, auch als solche gehandelt wird. Hier hat der Regisseur versucht den brodelnden Untergrund, der mühsam durch verhaltene Aggressionen oder dem „ich möcht’s noch einmal wissen, bevor alles zugrunde geht“, verdeckt wird, besonders hervorzuheben. Und das ist ihm offensichtlich auch gelungen. Indem er einzelne Charaktere verschärft, aber nicht überzeichnet in Szene setzt, bewirkt er die beabsichtigte Parallelisierung zur Gegenwart. Ein Kunstgriff, der vielleicht nicht jedem einleuchten mag, aber der dennoch auch dieses Stück und seine Personen zu einem Spiegel unserer Zeit werden lässt. Nicht ganz leicht für die Darsteller, mit dieser für sie vorerst einmal fremden Auffassung der Charaktere zurecht zu kommen. Aber es ist ihnen gelungen, absolut überzeugend zu agieren. Lebensecht und ‚trotzdem‘ ambivalent. Letztendlich kommt auch Kommis Weinberl drauf, dass er sich nicht einmal mehr einen Jux leisten kann.

Unterstützt wird diese Stimmung wirkungsvoll durch das einfache aber funktionelle Bühnenbild. Eine Lagerhalle mit aufeinandergetürmten Plastiksteigen bildet eine Kulisse, die Grubers Konzept gerecht wird und die Präsentation der einzelnen Charaktere voll zur Geltung bringt.

Eine gescheite, sehr interessante und beeindruckende Inszenierung, die Ensemble und Publikum gleichermaßen gefordert und amüsiert hat.

Der Standard, 28. Juni 2012: Zum 40er macht er sich wieder einen Jux

Seit 1973 wird im Schloss Rothmühle in Rannersdorf Sommertheater gespielt, damit sind die alljährlich stattfindenden Nestroyspiele Schwechat die ältesten überhaupt. Bisher wurden bereits 33 der insgesamt 85 Stücke des österreichischen Dramatikers aufgeführt. Die Zielsetzung lautet, auch unbekannte Nestroy-Stücke einem größeren Publikum zugänglich zu machen, im Jubiläumsjahr greift man jedoch gerne auf einen Klassiker zurück: „Einen Jux will er sich machen“ –

Nestroy pur in der Vorstadt, unverblümte Gesellschaftskritik unter der Regie von Peter Gruber. In der Verwechslungskomödie um den Kommis Weinberl spielen u. a. Horst Salzer, Martina Hinterleitner und Franz Steiner. Zeitgleich zu den Aufführungen werden die Internationalen Nestroy-Gespräche abgehalten, zu denen Forscher aus aller Welt anreisen. Heuer diskutieren sie über „Tod und Überleben bei Raimund und Nestroy“.

Wiener Zeitung, 28. Juni 2012: Turbulent

Wer kennt sie nicht, die Abenteuer des braven Handelsangestellten Weinberl, der endlich auch einmal ein „verfluchter Kerl“ sein möchte und der sich zusammen mit seinem Lehrbuben Christopherl bei seinem heimlichen Ausbruch aus dem tristen, provinziellen Alltag in den Wirrnissen der Großstadt in die turbulentesten Situationen verstrickt? Die Nestroy-Spiele Schwechat feiern ihr 40-jähriges Bestehen mit Nestroys Posse „Einen Jux will er sich machen“, einem Klassiker. Die Schwechater „Nestroy-Pioniere“ waren Burgschauspieler Bruno Dallansky, Burg-Chefbeleuchter Sepp Nordegg und der Schriftsteller György Sebestyen. Sie hatten im Sommer 1972 eine „Jedermann“-Vorstellung des Amateurtheaters St. Jakob im renovierten Schloss Rothmühle gesehen und waren von dem für Theater wie geschaffenen Ambiente des Schlosshofs und dem Flair der Veranstaltung begeistert. (Christian Hoffmann)

Wiener Zeitung, 30. Juni 2012: Die Pioniere in Schwechat

[…] Schloss Rothmühle ist festlich beleuchtet, an der Abendkassa händigt eine bestens gelaunte Schauspielerin mit Rothaarperücke Karten aus. Die Besucher sind leger gewandet, man winkt sich zu, flaniert auf Kieselsteinwegen, unterhält sich. Schlag 20.30 Uhr beginnt die Aufführung. Auf der Bühne türmen sich leere Plastiksteige: schlichtes, funktionales Bühnenbild. Einmal nur möchte der biedere Handelsangestellte Weinberl – wie es im Stück sehnsuchtsvoll heißt – „ein verfluchter Kerl“ sein. Für einen Tag und eine Nacht lang lässt er die Routine der ländlichen Gemischtwarenhandlung weit hinter sich – und verstrickt sich mit seinem Lehrbuben Christopherl in so amüsante wie amouröse Abenteuer in der großen Stadt.

Der schlaksige Franz Steiner, im Zivilberuf Lehrer in Schwechat und der Laienbühne seit Jahrzehnten verbunden, verkörpert den Unglücksraben Weinberl mit Grandezza. An seiner Seite glänzt die erst 15-jährige Melina Rössler in einer Hosenrolle als ungezogener Lehrbursch. Steiner und Rössler sind gut aufeinander eingespielt, dem Vergleich mit Profiakteuren halten sie tapfer stand.

Überhaupt versteht es Regisseur Gruber, die Stärken seiner Laiendarsteller herauszustreichen und so unprätentiöses, kurzweiliges Spiel auf die Bühne zu bringen. (Petra Rathmanner)

Kronen Zeitung, 2. Juli 2012: Seine „verjuxte Apokalypse“!

Zum 40-Jahr-Jubiläum setzen die Nestroy Spiele Schwechat auf das Stück, mit dem man 1979 und 1989 Erfolg hatte: „Einen Jux will er sich machen“. Nestroys Darstellung des merkantilen Liberalismus scheint gerade in unserer Zeit der Geldverherrlichung und der dadurch erzeugten tiefen Korruption ideal zu passen.

In ihrer „verjuxten Apokalypse“ soll das Stück zum Nachdenken über eine mögliche Umkehr anregen. In diesem Sinne ist Peter Grubers und Christine Bauers Modernisierung zu verstehen. Gruber hat die versteckten Schweinereien, Verlogenheiten und Heimlichkeiten dieser Figuren aufgedeckt. Nora Scheidls Bühne entlarvt den Gewürzkrämerladen mit Bierkisten als Trinkerparadies (Kostüme: Okki Zykan).

Franz Steiner agiert als Kommis Weinberl, der „verruchte Kerl“, der eigentlich beschränkt ist, seine Couplets sind scharf, dennoch etwas langweilig. Melina Rössler hat als pummeliger Christopherl die Lacher auf ihrer Seite, Horst Salzer mimt ausgezeichnet den Parvenu Zangler, Martina Hinterleitner und Benjamin Turecek sind das turtelnde Liebespaar, Renate Rieger und Susanne Adametz agieren als die zwielichtige Knorr und Fischer.

Hinreißend macht Bella Rössler die Versponnenheit des träumenden Fräuleins Blumenblatt deutlich. Und den alles verwirrenden, dummen Hausknecht Melchior macht mit penetrantem Sächseln Bruno Reichert zur heimlichen Hauptfigur. Ein an Kritik, aber auch Atmosphäre durchaus nicht armer Abend. (Volkmar Parschalk)