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Nagerl und Handschuh
oder Die Schicksale der Familie Maxenpfutsch

Neue Parodie eines schon oft parodierten Stoffes in 3 Aufzügen
  • Uraufführung 23. März 1832, Theater an der Wien (71 Aufführungen bis 1858)
  • Nestroy-Rolle Rampsamperl (Rollenverzeichnis 469)
  • Musik Adolf Müller; Nachweise: Hilmar S. 54–56; HKA Stücke 2, S. 533 f. u. 553–583
  • Vorlage Nicolo Isouard: Cendrillon. Text von C. G. Etienne, dt. Übersetzung u. d. T. Aschenbrödel, Zauberoper für das K. K. ThW. Wien (Wallishausser) 1812; Gioacchino Rossini: La Cenerentola. Text von Jacomo Feretti; dt. Übersetzung von Frh. v. Biedenfeld; unmittelbare Vorlage ist eine von Raimund 1830 gespielte Fassung: Finette Aschenbrödel oder Rose und Schuh, Zauberspiel mit Gesang und Gruppierungen von Auguste Schreiber
  • Überlieferung Gladt S. 65 f.; Hadamowsky 1928, S. 142; 1934, S. 216; SW Bd. 3, S. 437–472; GW Bd. 1, S. 647–651; HKA Stücke 2, S. 275–451
  • Werkausgaben (Stücktext) CG Bd. 10, S. 93–134; SW Bd. 3, S. 77–167; GW Bd. 1, S. 331–407; HKA Stücke 2 (Herausgeber: Hein/Yates), S. 71–141
  • Musik (erhältlich) Wienbibliothek | Klavierauszug
  • Literatur HKA Stücke 2, S. 69 f.; Bührmann; Klotz 2000
  • Aufführungen Nestroy-Spiele 1998

Personen

  • Rampsamperl, Erbe unzähliger magischer Herrschaften
  • Semmelschmarn, ein Zauberer, Rampsamperls Erzieher, ein rarer Mann, aber fad
  • Kappenstiefel, Rampsamperls Reitknecht, Erfinder des Roßhaars, der gläsernen Schabracken etc.
  • Poverinus Maxenpfutsch, Besitzer von Schuldenfeld, ein im Zugrundegehen begriffener Kapitalist und Vater
  • Hyacinthe,
  • Bella, dessen ledige Töchter, nicht aus Neigung, sondern aus Schicksal
  • Rosa, genannt Küchengretl, miserabel gehaltene Tochter und enorm maltraitierte Schwester
  • Wurler, Rampsamperls Confusionsrath und Haushofmeister
  • Ein ungenanntes Fräulein (singt)
  • Grobianetto, ein junger Genius
  • Ein Lakai,
  • Ein Jäger, beide in Rampsamperls Diensten, zwei gewöhnliche Livreeseelen
  • Herren und Damen
  • Pagen, Jäger, Genien, Dienerschaft etc.
  • Die Handlung geht teils in Maxenpfutschs Wohnung, teils in Rampsamperls Palaste vor und fällt in das Zeitalter der Zauberei

Inhalt

1. Akt

Lied Rosa I, 1 („Wann’s Militär vorbeimarschirt“). – Hyacinthe und Bella glauben, in dem gutgekleideten Semmelschmarn einen reichen Bräutigam vor sich zu haben. Statt dessen bittet er sie um eine Unterstützung. Empört weisen die Frauen ihm die Tür. Doch die von der Familie wie eine Dienstmagd behandelte Stiefschwester Rosa bietet ihm von ihrem Kaffee an, bis Hyacinthe und Bella ihn endgültig hinauswerfen. Beide Töchter von Maxenpfutsch würden gerne heiraten, doch müßten die Bräutigame die Schulden des Vaters bezahlen, was bisher alle abgeschreckt hat. Umso erfreuter sind sie, als sie von einem Lakai zu einem Fest im Palast des reichen Herrn von Rampsamperl geladen werden. – Auftrittslied Rampsamperl I, 7 („Das Heirathen ist a bedenkliche Sach“). – In seinem Testament hat sein Vater festgelegt, daß Rampsamperl nur dann das Vermögen erbt, wenn er an seinem 25. Geburtstag heiratet. Doch Rampsamperl liebt alle Frauen und will lieber ledig bleiben, als eine zu heiraten, der er doch nicht treu wäre. Er glaubt nicht daran, eine Braut finden zu können, die auch nach der Hochzeit in ihrem Wesen unverändert bleibt. Nachdem er die Bewohner in Maxenpfutschs Haus geprüft hat, glaubt Semmelschmarn, daß der als Stallknecht verkleidete Rampsamperl hier seine Braut finden wird. – Duett Rosa, Rampsamperl I, 9: Rampsamperl und Rosa verlieben sich sogleich ineinander, obwohl Rampsamperl sie für dumm hält. Semmelschmarn erzählt Maxenpfutsch von dem Testament und davon, daß zum Ball alle Mädchen der Umgegend geladen wurden, damit der Herr seine Braut wählen kann. Den verkleideten Rampsamperl halten alle zunächst für einen vornehmen Herrn. Als er sich jedoch als Stallknecht vorstellt, wird er schmählich zurückgewiesen. – Chor I, 13. – Als Rampsamperl verkleidet erscheint Kappenstiefel, der im folgenden sehr affektiert und ungeschickt die Rolle des reichen Herrn mimt. Es werden ihm Bella und Hyacinthe vorgestellt. Alle, außer Rosa, die traurig zurückbleibt, steigen in die bereitstehende Kutsche. – Chor I, 13. – Unsichtbarer Chor I, 14: Rosa wird baldiges Glück prophezeit. Durch den Kamin kommt Semmelschmarn. Er läßt Rosa in tiefen Schlaf sinken und zaubert sie in ein wunderschönes Kleid.

2. Akt

Hyacinthe und Bella geraten in einen lautstarken Streit, weil jede glaubt, die Gunst des reichen Herrn gewonnen zu haben. Da es sich um eine weitreichende Entscheidung handelt, soll sich auf dem Fest jedes Mädchen mit seinen Talenten produzieren. Der Preis ist die ersehnte Hochzeit. – Lied Maxenpfutsch II, 3 („Jetzt, der Kellermeister der bin i“). – Ungeduldig wartet Rampsamperl darauf, Rosa wiederzusehen. Semmelschmarn zaubert sie mit Geisterhilfe direkt in das Zimmer. Da die Brautwahl nach den Testamentsbestimmungen vor der Versammlung stattfinden muß, will Semmelschmarn durch Zauberkraft dafür sorgen, daß Rosa den Wettbewerb gewinnt. – Lied Rampsamperl II, 7 („Wie sie hier schlummernd liegt“). – Rosa gesteht Semmelschmarn, daß sie den reichen Herrn gar nicht heiraten will, weil sie in einen anderen, ihr noch unbekannten Mann verliebt ist. Dennoch gibt Semmelschmarn ihr eine Nelke, durch die sie zu einem geistreichen Mädchen werden soll. Er erklärt ihr, daß sie auf diese Weise zu großem Reichtum kommen kann. Sollte sie aber die Nelke fortwerfen, wird sie wieder zu dem Mädchen, das sie war. Sobald Rosa die Nelke in der Hand hält, ist sie tatsächlich völlig verwandelt, jedoch nicht in eine reizende junge Dame, sondern in eine kokette Frau. Über diese Verwandlung ist Rampsamperl entsetzt. Semmelschmarn gesteht, die Nelken verwechselt zu haben. Er kann die Nelken jedoch nur austauschen, wenn Rosa die ihre freiwillig fortwirft. Rampsamperl und sein Erzieher hoffen darauf, daß Rosa den Wettbewerb trotzdem gewinnt und, um Kappenstiefel nicht heiraten zu müssen, die Nelke von sich wirft. Unterdessen hat Maxenpfutsch von einer unbekannten Person gehört, die Rampsamperls Hand durch ihren Tanz gewinnen will. Zu seinem Bedauern können Hyacinthe und Bella beide nicht tanzen. – Chor der Herren und Damen II, 12. – Der Wettbewerb beginnt. Als Rosa erscheint, ist Kappenstiefel sofort begeistert und wählt sie zur Braut. Doch da besinnt sich Rosa, wirft die Nelke fort und damit das Versprechen auf großen Reichtum. Sie flieht aus dem Saal. Lediglich ihr Handschuh bleibt zurück.

3. Akt

Lied Rosa III, 1 („Ich schau nach der Thür“). – Wütend sucht Rampsamperl nach Semmelschmarn, den er bei Rosa findet. Sogleich glaubt er an eine Untreue Rosas. Dem Zauberer gelingt es im letzten Moment zu entkommen. – Duett Rosa, Rampsamperl III, 4: Versöhnt reichen sich Rosa und Rampsamperl die Hand. Außer sich vor Wut über das Scheitern seiner Töchter bestimmt Maxenpfutsch, daß der nächste Mann, der dazu bereit ist, geheiratet wird, egal ob arm oder reich. Sie treffen auf den, wieder als Reitknecht angezogenen Kappenstiefel. Entsetzt hören die drei von dem Verwechslungsspiel. Sie können kaum glauben, daß der eigentliche Herr der von ihnen verschmähte Stallknecht war. Kappenstiefel hat von seinem Herrn allerdings eine Zusage erhalten: Er bekommt eine Stallmeisterstellung, ein Heiratsgut und eine Ausstattung, wenn er eine der beiden Töchter heiratet. Da er sich nicht für eine entscheiden kann, wird gelost. Das Los fällt auf Bella, die darüber sehr glücklich ist. Schließlich gelingt es Maxenpfutsch, auch seine zweite Tochter zu verheiraten. Er legt sie Semmelschmarn ans Herz, und dieser willigt ein, sehr zu Hyacinthes Freude. – Lied Maxenpfutsch III, 8 („Man putzt seine Töchter, man stellt s’ her aufn Glanz“). – Die Überraschung ist groß, als der richtige Rampsamperl Rosa als seine Braut vorstellt. Erstaunt erkennt Rosa, wer ihr unbekannter Geliebter war. Mit dem Handschuh läßt sich für alle beweisen, daß Rosa diejenige war, die den Wettbewerb der Mädchen gewann. Erneut reicht Semmelschmarn Rosa eine Nelke, die sie wiederum in einem prächtigen Kleid erscheinen läßt. – Schlußgesang III, 10.

Aus dem „Nestroy-Schauspielführer“ von Jürgen Hein und Claudia Meyer, Verlag Lehner