Zauberspiel in 2 Akten
- Uraufführung 5. November 1834, Theater an der Wien (64 Aufführungen)
- Nestroy-Rolle Knieriem (Rollenverzeichnis 531)
- Musik Adolf Müller; Nachweise: Hilmar S. 48 f.; HKA Stücke 8/I, S. 377–414
- Vorlage Karl Weisflog: Phantasiestücke und Historien, Bd. 10, 1828 (Das stille Wasser)
- Überlieferung Hadamowsky 1934, S. 134; SW Bd. 2, S. 675–692; GW Bd. 2, S. 722–726; HKA Stücke 8/I, S. 113–330
- Werkausgaben (Stücktext) CG Bd. 1, S. 111–156; SW Bd. 2, S. 81–192; GW Bd. 2, S. 185–278; HKA Stücke 8/I (Herausgeber: Walla), S. 5–92
- Musik (erhältlich) Wienbibliothek | Klavierauszug
- Literatur HKA Stücke 8/I, S. 3 und Angaben zu Der böse Geist Lumpacivagabundus, S. 80 f.
Personen
- Stellaris, Feenkönig
- Fatum, der Schicksalskönig, Oheim des Stellaris
- Fortuna, Beherrscherin des Glücks
- Mystifax, ein alter Zauberer
- Hilaris, sein Sohn
- Brillantine, dessen Gemahlin, Fortunas Tochter
- Jukundus, deren beider Sohn
- Konstanze, die gute Fee der Beständigkeit
- Lumpazivagabundus, ein böser Geist
- Leim, ein reicher Privatmann in Kieselfeld, 45 J.
- Peppi, seine Frau, 40 J.
- Sophie,
- Friedrich, deren Kinder
- Herr von Hobelmann
- Knieriem, Schuster in Kieselfeld, 57 J.
- Lenerl, sein Weib
- Gottfried, sein Sohn, ein Tischlergeselle
- Natzl, Lehrbub
- Zwirn, ein reisender Flickschneider, 58 J.
- Der Wirt „Zur unbestimmten Ordnung“
- Saufaus,
- Steinkopf,
- Rumpf, Stammgäste des Wirts
- Madame Göscherl,
- Madame Schwert,
- Madame Richtaus, Madame Leims Freundinnen
- Ein Kellner
- Paracelsus, ein reisender Quacksalber
- Herr von Stoppelbach
- Frau von Stoppelbach
- Mathilde,
- Karl, deren Kinder
- Betty, Stubenmädchen in Leims Hause
- Therese, Leims Ziehtochter
- Tintensatz, Notar
- Stephan, Bedienter bei Stoppelbach
- Stiefel, Chirurgus in Kieselfeld
- Ein Korporal
- 1. und 2. Gläubiger des Herrn von Stoppelbach
- Gäste
- Kellner
- Soldaten
- Gläubiger des Herrn von Stoppelbach
- [Patrouille, Feen, Zauberer, Magier, Genien]
- Die Handlung spielt zuerst im Feenreich, dann im Städtchen Kieselfeld, zwanzig Jahre nach dem ersten Teil
Inhalt
1. Akt
Chor I, 1. – Brillantine und Hilaris sind unglücklich in ihrer Ehe. Sie streiten besonders über die Erziehung ihres Sohnes Jukundus, der ein liederlicher junger Mann geworden ist und sein Leben keineswegs ändern will. Das Ehepaar ruft Stellaris um Hilfe an. Zum allgemeinen Entsetzen zeigt sich Lumpazivagabundus, der Beherrscher des lustigen Elends, in der Gestalt des herbeizitierten Jukundus. Konstanze, die gute Fee der Beständigkeit hat ihn als Bräutigam gewählt. Da man sie aus dem Gebiet der Liebe verbannt hat, bleibt ihr nur noch das Gebiet der Torheit und des Lasters. Erbost über diese Beziehung knüpft Stellaris an seine Zustimmung zu dieser Ehe eine Bedingung: Sollten die Kinder des liederlichen Kleeblatts, an das er einst das Schicksal von Brillantine und Hilaris knüpfte (s. Feenball/Lumpazivagundus), wie Lumpazivagabundus behauptet, tatsächlich nicht besser sein, als ihre Väter es waren, dann will Stellaris der Hochzeit nicht mehr im Wege stehen. Sollte dies nicht der Fall sein, wird Lumpazivagabundus auf ewig aus dem Feenreich verbannt, Konstanze muß im Reich der Tugend wirken, und Jukundus ist aus Lumpazivagabundus’ Macht gerettet. – Chor der Feen und Zauberer I, 5. – Es erfolgt eine Verwandlung. – Zwischen Leim und seiner Frau kommt es immer wieder zum Streit, da Leim alles tut, um in der Öffentlichkeit seine Vornehmheit unter Beweis zu stellen. Das Verhalten seiner Frau erscheint ihm dabei oft unangemessen. Seinen Freund Knieriem will Leim aus dem Haus weisen, weil er Madame Leim allen Tratsch aus dem Dorf erzählt, nicht arbeitet und meistens betrunken ist. Glücklich ist Leim über die Verabredung mit der Familie von Stoppelbach, der vornehmsten Familie des Ortes, daß deren Sohn Karl Leims Tochter Sophie und deren Tochter Mathilde Leims Sohn Friedrich heiraten soll. Unterdessen will Hobelmann, sehr zum Verdruß seines Arztes Stiefel, den in Kürze erwarteten Arzt Paracelsus wegen seines Gichtleidens um Rat fragen. In Leims Haus trifft Stiefel auf Therese, die er heiraten will. Therese ist Zwirns Tochter und lebt seit ihrem zweiten Lebensjahr bei der Familie Leim, wo sie arbeiten muß wie eine Dienstmagd und auch entsprechend schikaniert wird. Madame Leim würde eine Hochzeit von Therese mit Stiefel begrüßen, da sie das ungeliebte Ziehkind auf diese Weise los würde. Betty erzählt Madame Leim jedoch, daß Therese eine Liebschaft mit Friedrich hat. Gemeinsam belauschen sie das Paar. Unter vier Augen droht Madame Leim, Therese aus dem Haus zu werfen und aus der Stadt jagen zu lassen. Um ihre Ehre zu retten, erklärt Therese sich mit der Hochzeit mit Stiefel einverstanden. – Auftrittslied Zwirn I, 16 („Ich wandre durch die halbe Welt“). – Vor der Stadt trifft Zwirn auf Paracelsus, der ihn sofort in Dienst nimmt. – Chor der Gäste I, 18. – Auftrittslied Knieriem I, 19 („Herr Wirt, ein saubern Slibowitz“). – Knieriem macht seiner Familie das Leben schwer: Er vertrinkt alles Geld, schlägt seine Frau und verbringt die meiste Zeit im Wirtshaus. Dort prophezeit er allen, daß bald der Komet komme und damit der Weltuntergangstag. Im Vertrauen erzählt Gottfried seinem Vater, daß er in Sophie verliebt ist. Darüber ist Knieriem sehr erfreut, denn er hofft, im Falle einer Hochzeit von Leim noch großzügiger unterstützt zu werden. Er droht Gottfried deshalb, ihn zu verfluchen, sollte er nicht bis zum nächsten Tag die Schwiegertochter und eine Menge Geld ins Haus bringen. – Lied Sophie I, 26 („Ach, der Liebe Freuden“): Sophie ist traurig über die bevorstehende Verlobung, die ihr vom Vater aufgezwungen wurde. – Frauenchor I, 27. – „Singstück“ I, 28. – Gottfried hält bei Leim um Sophies Hand an. Da dies die von Vater und Großvater befürchtete unstandesgemäße Heirat wäre, verweigert Leim seine Zustimmung. Wütend erinnert Gottfried ihn daran, daß er selbst Tischlergeselle war, als er Peppi heiraten wollte. Kurzerhand wirft Leim Gottfried hinaus. In dem eintretenden Famulus des Doktor Paracelsus erkennt Leim seinen alten Freund Zwirn. Auch Therese freut sich über das Wiedersehen mit ihrem Vater. Stiefel wird ihm als Bräutigam seiner Tochter vorgestellt. Zunächst geraten die beiden in Streit, doch schließlich gibt Zwirn zu Thereses Leidwesen seine Einwilligung zu der Hochzeit. Die Familie von Stoppelbach erscheint, um die Verlobung ihrer Kinder bekanntzugeben. Leim verspricht, jedem seiner Kinder 50.000 Gulden zu geben. Herr von Stoppelbach dagegen hat zur Zeit kein Geld zur Verfügung, was Leim äußerst mißtrauisch macht. Der Ehevertrag wird von Karl und der zögernden Sophie unterschrieben. Friedrich hat vor, sich zu weigern, doch er unterschreibt, als Madame Leim die Verlobung von Therese und Stiefel bekanntgibt. – Quodlibet I, 41: Sophie ist traurig, ihren Geliebten verloren zu haben. Mathilde freut sich, bald im Reichtum zu leben. Betty dagegen erfreut es, daß Therese nicht ihr großes Glück findet. Knieriem prophezeit die Ankunft des Kometen für den nächsten Tag. Während die einen sich vor dem Kometen fürchten, sehen andere dem Ereignis gelassen entgegen.
2. Akt
Chor der Gläubiger II, 1. – Stoppelbach gelingt es, seine Gläubiger mit Hinweis auf den Ehekontrakt und das damit verbundene Geld zu vertrösten. Um auch dort die Gläubiger zu beruhigen, soll Stephan die Kopien der Heiratsverträge in die Stadt bringen. Für Mathilde soll er einen Brief an ihren Geliebten in der Residenz abgeben. Auch von Karl, der zahlreiche Affären unterhält, bekommt er einen Brief übergeben. – Lied Mathilde II, 5 („Das bliebet wahr auf jeden Fall“). – Leim hat ein Auge auf Betty geworfen, doch diese verlacht ihn nur. – Lied Leim II, 7 (R: „Ja, was sich liebt, neckt sich halt, was will man sagn, / Neckereien der Liebe, die muß man ertragen“). – Um der Ehe mit Stiefel zu entgehen, beschließt Therese, mit ihrem Vater fortzugehen. Friedrich hat erkannt, daß Therese zu der Verlobung gezwungen wurde, und ist bereit, auch sein Versprechen zu brechen, doch das will Therese nicht zulassen. Zwirn redet Hobelmann ein, daß stilles Quellwasser ihn von seiner Gicht heilen könne. Es müsse von einer Jungfrau zwischen 18 und 20 Jahren um elf Uhr nachts aus einem Waldbrunnen geschöpft werden. Während der ganzen Zeit dürfe sie keinen Laut von sich geben. Außerdem dürfe sie erst einmal in ihrem Leben verliebt gewesen sein. – Lied Betty II, 12 (R: „Wir sollten sie hassen so recht aus’n Grund, / Und laßt man uns die Wahl ohne Männer zu seyn, / so sagen wir halt doch, nein, nein, nein.“). – Knieriem kündigt die Ankunft des Kometen für zehn Uhr an. Betty und Madame Leim sind darüber sehr erschrocken, doch zu Knieriems Ärger bleibt Mathilde völlig ungerührt. – Duett Mathilde, Knieriem II, 15. – Um vor dem erwarteten Weltuntergang noch eine letzte gute Tat zu tun, hat Stephan die drei Briefe gelesen und übergibt sie Gottfried, um die Hochzeiten zu verhindern. Als Leim die Briefe zu Gesicht bekommt, läßt er die Familie von Stoppelbach zum Souper laden. Angesichts des bevorstehenden Weltendes gesteht Madame Leim ihrem Mann, daß sie ihm untreu war, worauf Leim sich am nächsten Tag scheiden lassen will. – Chor mit Knieriem II, 22: Im Wirtshaus fürchten sich alle außer Knieriem vor dem Kometen. Doch dann schlägt es zehn Uhr, ohne daß etwas passiert. Mit Wohlwollen sieht Stellaris, daß die Kinder des liederlichen Kleeblatts sich nur zum Besten entwickelt haben. – Chor der Herren und Damen II, 25. – Nach dem Souper präsentiert Leim der Familie von Stoppelbach die kompromittierenden Briefe. Wütend zieht die Familie ab. Währenddessen hat Theres das stille Quellwasser für Hobelmann geholt. Aus Dankbarkeit gibt Leim ihr seinen Sohn Friedrich zum Bräutigam. Außerdem will Leim sich nicht mehr scheiden lassen, weil er einsieht, daß er seine Frau durch seine Vornehmtuerei selbst in die Untreue getrieben hat. Schließlich bekommen auch Gottfried und Sophie den Segen zu ihrer Hochzeit. – Schlußgesang II, 28.
Aus dem „Nestroy-Schauspielführer“ von Jürgen Hein und Claudia Meyer, Verlag Lehner