„So ehrt man einen verstorbenen Erzbischof, aber keinen lebendigen Mimerer“, empörte sich Johann Nestroy im Januar 1861. Eine ihn pomphaft beweihräuchernde Darstellung seiner Karriere – unter Glas und in vergoldetem Rahmen – hatte den Zorn des sechzigjährigen „Pensionisten“ erregt. Wie ehrt man also einen frech outrierenden Mimen? Lebendig, versteht sich, ohne goldenen Rahmen und nicht unter Glas, kurz: indem man ihm Spielraum läßt, auch posthum. Den räumen ihm diese biographischen Annäherungen ein, die keine konventionelle „Von-der-Wiege-bis-zur-Bahre“-Darstellung sind, sondern ein Reigen von thematisch und um zentrale Ereignisse inszenierten Geschichten: von Nestroys Spielleidenschaft, seinen Amouren, seiner unheimlichen Bühnenpräsenz über die Kämpfe mit der Zensur, seine „sittenwidrigen“ Extempores bis hin zu den beinah handgreiflichen Konflikten mit Kritikern und Publikum und seiner Haltung zur Revolution von 1848. Jeweils in sich abgeschlossen, lädt jeder dieser „Short cuts“ zur Lektüre weiterer Geschichten ein: kaleidoskopische Blicke auf die feinen „psychologischen Quadrillierungen, die das Unterfutter“ der Person Nestroy bilden.