auch: Zwölf Mädchen in Uniform
Posse in einem Akt
- Uraufführung 5. Dezember 1827, Graz
- Nestroy-Rolle Sansquartier, Soldat, einäugig (Rollenverzeichnis 186)
- Vorlage Louis Angely, Sieben Mädchen in Uniform, 1825 [Bearbeitung vor allem seiner Rolle des Sansquartier]
- Überlieferung Gladt, S. 94; Hadamowsky 1934, S. 201; Pichler 1943, S. 7–9 und 101–106; Pichler 1953, S. 10 f. und 131 f.; vgl. GW, Bd. 1, S. 179 ff.; SW Bd. 4, S. 279–292 und 409–419
- Werkausgaben (Stücktext) Pichler 1943, S. 15–66; 1953, S. 9–35.
- Literatur Diehl, Pichler
Personen
- von Osmond, Maire und Kommandant in einer kleinen Stadt
- Henri, sein Sohn, Sophiens Liebhaber
- Victor, sein Vetter, Sekretär
- Briquet, ein alter Invalid, Kommandant einer verfallenen Festung
- Sansquartier, einäugig, Bataille, lahm, beide Besatzung dieser Festung
- Julie, Victors Schwester,
- Sophie, Henris Geliebte,
- Jeanette,
- Victorine,
- Leonore,
- Anna,
- Toni,
- Marie,
- Ida,
- Henriette,
- Euphrosine,
- Elise, alle Mädchen als Soldaten verkleidet
- Die Brüder der obigen Mädchen
- Ein Kurier
Inhalt
Am Vortag hat Briquet, Kommandant einer alten Festung an der Küste, eine Depesche erhalten. Darin kündigt Victor an, daß die Besatzung der Festung, bisher bestehend aus dem einäugigen Sansquartier und dem lahmen Bataille, auf Wunsch des Gouverneurs 12 Mann zur Verstärkung erhalte. Mit dieser Maßnahme solle die Bewachung der Gefangenen gewährleistet werden. Ausdrücklich bitte der Gouverneur um einen sanften Umgang mit den jungen Soldaten, denen ausdrücklich der Besuch der Gefangenen gestattet sei. Briquet ist über die Aufwertung seiner Festung hocherfreut. Als die zwölf als Soldaten verkleideten Mädchen erscheinen, läßt Briquet stolz seinen Soldaten Sansquartier aufmarschieren, der sehr tolpatschig exerziert. Da bisher alles wunschgemäß verlaufen ist, beziehen die Mädchen fröhlich ihr Quartier. Die Gefangenen waren auf Befehl des Gouverneurs arretiert worden, weil sie während des Karnevals die Ruhe im Städtchen gestört hatten. Nur der Sohn des Gouverneurs ist eingesperrt worden, weil er mit der Entführung eines Mädchens gedroht hatte. Der Vater hatte ihm die Einwilligung zur Hochzeit verweigert. Von Briquet bekommt Julie die Erlaubnis, Henri einen Brief zu bringen. Seine Freude ist groß, als er Julie erkennt und von ihr hört, daß Victor den Mädchen zu den Uniformen verholfen und ihnen sogar Exerzier- und Verhaltensregeln beigebracht hat. Allerdings fürchtet Henri, sein Vater könne unverhofft erscheinen. Während Briquet alle Soldaten zum Trinken in seine Kommandantur einlädt, bleiben Sophie und Henri allein zurück. Doch ihr trauliches Zusammensein wird durch Sansquartier gestört, der sich laut Passagen aus dem „Don Carlos“ und der „Jungfrau von Orleans“ vorliest und kommentiert. Briquet bemerkt, daß Sophie ihren Wachposten unerlaubt verlassen hat. Alles Bitten hindert ihn nicht daran, sie in den Arrest zu sperren. In diesem Moment erscheint der Gouverneur auf der Festung. Die Befürchtungen der Mädchen, er könne sie erkennen, scheinen sich nicht zu bestätigen. Laut verkündet der Gouverneur, es sei vor kurzem eine „algerische Korsarenfregatte“ vor der Küste gesichtet worden. Falls der Feind eine Landung versuchen solle, erwarte er von den Soldaten, daß sie die Festung mit ihrem Leben verteidigen. Briquet ist hocherfreut über die Aussicht auf eine richtige Schlacht. Dagegen ist den Mädchen nicht wohl in ihrer Haut. Von seinem Sohn verlangt der Gouverneur, ihn in die Stadt zu begleiten. Anfangs zögert Henri zuzugeben, was ihn in der Festung hält, doch lachend geben sein Vater und Victor zu, von dem Streich der Mädchen zu wissen. Nun wollen sie sich ihrerseits einen Spaß erlauben. Unter der Bedingung, ihn bei dem Spaß zu unterstützen, läßt der Gouverneur alle Gefangenen frei, was Briquet außerordentlich ärgert. Die Mädchen beginnen sich wegen der bevorstehenden Schlacht zu ängstigen. Sie überlegen zu fliehen, doch in diesem Fall müßten sie die noch immer arretierte Sophie zurücklassen. Schließlich entscheiden sie, noch einige Stunden zu bleiben, in der Hoffnung auf eine Rettung durch Victor und Henri. Unterdessen halten Briquet und Sansquartier nach der besagten Fregatte Ausschau. Allerdings haben sie große Probleme mit der Handhabung des Fernglases. Das Drängen der Mädchen veranlaßt Briquet, Sophie freizulassen. Während Sansquartier mit den Soldaten exerziert, überbringt ein Bote eine Depesche des Gouverneurs, in der gemeldet wird, daß ein feindlicher Angriff unmittelbar bevorstehe. Briquet ist begeistert, doch die Mädchen laufen vor Angst in die Kaserne und verriegeln die Tür. Dennoch ist Briquets Kampfeswille ungebrochen. Siegessicher befragt er Sansquartier über die klägliche Bewaffnung der Festung. Gemeinsam nehmen Briquet, Bataille und Sansquartier den Kampf auf. Nach einem kurzen Gefecht erkennt Briquet zu seinem Erstaunen den Gouverneur. Victor erklärt alle verbarrikadierten Soldaten zu Kriegsgefangenen. – Lied Victor, 17 („[…] welch lustige Garnison!“) – Gesenkten Hauptes kommen die Mädchen in ihren Frauenkleidern aus der Kaserne. Sie wollen sich von den Fremden aber keinesfalls gefangennehmen lassen. Erst als die angeblichen Korsaren ihre Bärte abnehmen, erkennen die Mädchen ihre Brüder. Außer Briquet sind alle glücklich. Zu guter Letzt gibt der Gouverneur Sophie und Henri seinen Segen.
Aus dem „Nestroy-Schauspielführer“ von Jürgen Hein und Claudia Meyer, Verlag Lehner