Posse mit Gesang in 3 Acten
- Uraufführung 23. April 1845, Theater an der Wien (106 Aufführungen)
- Druck 1845 (Prix) und 1848 (Wallishausser)
- Nestroy-Rolle Herr von Ledig, ein Partikulier (Rollenverzeichnis 707)
- Musik Adolf Müller; Nachweise: Hilmar S. 86 f.; HKA Stücke 23/I, S. 309–328
- Vorlage Bayard et Dumanoir: Boquillon à la recherche d’un père (Comédie- Vaudeville, Paris 1845)
- Überlieferung Gladt S. 87 f.; Hadamowsky 1934, S. 273; SWBd. 13, S. 589–602; GW Bd. 4, S. 723 f.; HKA Stücke 23/I, S. 77–256
- Werkausgaben (Stücktext) CG Bd. 4, S. 57–104; SW Bd. 13, S. 1–91; GW Bd. 4, S. 439–511; HKA Stücke 23/I (Hg.: Hein), S. 5–74
- Musik (erhältlich) Wienbibliothek | Klavierauszug
- Literatur HKA Stücke 23/I, S. 3
- Aufführungen Nestroy-Spiele 1999
Personen
- Herr von Ledig, Partikulier
- Walzl, Fabrikant
- Gabriele, seine Frau
- Falk, Modewarenhändler
- Arnold, Maler
- Berg, Handlungsreisender in Walzls Diensten
- Marie Falk
- Frau Schnipps, Ledigs Haushälterin
- Frau Nanni, Kindeswärterin
- Anton, Bedienter bei Herrn von Walzl
- Die Handlung spielt in einer großen Stadt
Inhalt
1. Akt
Arnold hat sich in Gabriele verliebt, die er im Auftrag ihres Mannes porträtierte. Wegen eines Vorfalls auf der Promenade will er sich für sie duellieren. – Auftrittslied Ledig I, 2 (R: „So ein Leben wär a Pracht, / Gute Nacht, / Gute Nacht“). – In einem längeren Monolog über die Ehe und die Liebe stellt der Junggeselle Ledig fest: „Bei der Lieb is das Schöne, man kann aufhören zu lieben, wenn ’s ein’m nicht mehr gfreut, aber bei der Ehe! das Bewußtsein: Du mußt jetzt allweil verheiratht sein, schon das bringt Einen um.“ So läßt er sich auch von Arnolds Argumenten für eine Ehe keineswegs umstimmen. Ledig ist gerne allein und vermißt deshalb auch seinen einzigen Verwandten nicht, seinen Neffen Berg, der ständig auf Reisen ist. Unterdessen hat sich Marie unbemerkt in Ledigs Wohnung geschlichen und schafft es auch, ebenso leise wieder zu gehen. Zufrieden damit, keine Frau und keine Kinder in der Nähe zu haben, will Ledig sich schlafen legen. Um so entsetzter ist er, als er auf seinem neuen Federbett ein kleines Kind findet. Zunächst verdächtigt er Frau Schnipps und Arnold, das Kind bei ihm abgelegt zu haben. In diese erste Aufregung hinein erscheint Frau Nanni, die von Ledig ebenfalls sofort für die Kindsmutter gehalten wird. Doch es stellt sich heraus, daß Frau Nanni von einer unbekannten Dame als Amme für den kleinen Jungen engagiert wurde. Im Gegensatz zu Frau Schnipps kann Ledig sich mit seinem Familiennachwuchs erst allmählich anfreunden. Trotzdem beschließt er, die „unverhofften Ausgaben“ für den Kleinen so lange zu tragen, bis er die Familie ausfindig gemacht hat. Die Suche nach den Eltern ist allerdings schwierig, weil das Kind keinerlei Hinweise bei sich trägt. Dann erinnert sich Frau Schnipps aber daran, daß im Laufe des Tages eine Visitenkarte abgegeben wurde. Nach einiger Suche findet man eine Karte auf dem Fußboden. Sie stammt von Christoph Walzl. Leider ist die Schrift auf der Rückseite fast unlesbar. Man kann nur noch ein Bruchstück erkennen: „Ich erwarte Nachricht, bewahren sie ein Leben, das …“ Sofort macht Ledig sich auf den Weg zu Walzl.
2. Akt
Anton berichtet Walzl, daß ihn ein Herr schon um 5 Uhr in der Früh sprechen wollte, er ihn aber auf später vertröstet habe. Gerade ist Berg zurückgekehrt, der als Geschäftsreisender bei Walzl arbeitet. Er hat schon seinen Erbonkel Ledig aufgesucht und mußte zu seiner Enttäuschung feststellen, daß der seit der letzten Nacht einen eigenen Erben hat. Walzl erzählt Berg, daß er seiner Frau seinen Sohn Heinrich aus erster Ehe verheimlicht, weil sie, selbst Witwe, keinen Witwer mit Kind heiraten wollte. Gabriele gesteht Berg, daß sie sich wegen des Duells um Arnold sorgt. Sie habe ihm zwar eine Karte gesandt, fürchtet aber dennoch, durch die Situation kompromittiert zu werden. Falk wiederum erzählt Gabriele von dem merkwürdigen Verhalten seiner Schwester Theres: Zunächst weigerte sie sich partout, reich zu heiraten, brach in Tulpingen scheinbar grundlos in Tränen aus und reiste dann vor fünf Monaten nach Bamberg. Und obwohl sie erst am Vortag zurückgekehrt sei, berichteten mehrere Leute, sie in der Stadt gesehen zu haben. Endlich gelingt es Ledig, Walzl zu treffen. Als dieser hört, daß es um seinen Sohn geht, reagiert er sehr nervös, was Ledigs Verdacht erhärtet, hier den Vater des Kindes vor sich zu haben. Nach einer kleinen Auseinandersetzung wird jedoch deutlich, daß von zwei unterschiedlichen Söhnen die Rede ist. Als Grund für seine Verdächtigungen zeigt Ledig die gefundene Visitenkarte. Sofort erkennt Walzl auf der Karte die Schrift seiner Frau. Das bringt ihn zu der Annahme, Ledig habe eine Beziehung mit Gabriele. In diesem Moment tritt Marie in das Zimmer und erschrickt, als sie Ledig sieht. Im Hinausgehen verspricht Gabriele Ledig eine Erklärung. – Lied Ledig II, 13 (R: „Da kann man nur sagen: es hat kein Hand und kein Fuß, ’s ist ein gschwollner Discurs.“). – Zurückgekehrt gesteht Gabriele Ledig, daß sie die Karte schrieb. Nun glaubt sie, Ledig bringe ihr eine Nachricht von ihrem geliebten Arnold, während Ledig weiterhin von dem Säugling auf seinem Bett spricht. Umso erstaunter ist Gabriele, als Arnold eintritt. Mühsam lösen sich die Mißverständnisse auf. Walzl ist sich nun im klaren über die Beziehung seiner Frau zu Arnold und will auch Ledig, als angeblichen Liebesboten, zur Rechenschaft ziehen. Gemeinsam gelingt es Gabriele und Arnold, Walzl von seinen Verdächtigungen abzubringen, indem sie ihm erzählen, Arnold habe sich heldenhaft für ihn duelliert, weil Gabriele ihn darum bat. Ledig fühlt sich allerdings weiterhin von Walzl angegriffen und erzählt daraufhin von dessen Sohn Heinrich. Gabriele ist entsetzt. Doch in diesem Augenblick stürzt Frau Schnipps herein. Aufgeregt berichtet sie, auf der Straße vor dem Haus eine verdächtige Frau gesehen zu haben, die sich nach dem Kind erkundigte und in Richtung Strohhutfabrik davonrannte. Als Ledig bereits fort ist, erkennt Frau Schnipps in Marie diese Frau. Es herrscht große Aufregung.
3. Akt
Ledig rettet sich in Falks Haus, nachdem er die Arbeiterinnen in der Strohhutfabrik unbekümmert fragte, welche die Mutter seines Findelkindes sei, woraufhin diese ihn verprügeln wollten. – Quodlibet III, 8: Arnold erinnert Ledig daran, daß er im letzten Sommer in Tulpingen eine Bekanntschaft mit einer Frau aus Falks Haus hatte. So bringt er Ledig zu der Überzeugung, selbst der Vater des Kindes zu sein. Sogleich schreibt Ledig ein vorläufiges Testament, das seinen Sohn zum Universalerben macht. Außerdem gesteht er Arnold, nicht nur eine heimliche Liebschaft gehabt zu haben, sondern sogar eine heimliche Hochzeit. Doch bald trennte er sich wieder von seiner Frau, und sechs Wochen später erhielt er die Nachricht von ihrem Tod. Nun glaubt er, daß seine Frau noch lebt und ihm das Kind brachte. Sehr zu Ledigs Verwunderung unterschreibt Berg das Testament überglücklich. Freudig erzählt er seinem Onkel, er habe Theres heimlich geheiratet, als ihr Bruder sie zu einer Heirat zwingen wollte. Als seine Geschäftsreise sich verzögerte und er seiner Frau nicht schreiben durfte, glaubte sie sich von ihm verlassen und ließ das Kind aus Verzweiflung durch Marie zu Ledig bringen. Somit endet alles „wahrhaft unverhofft.“
Aus dem „Nestroy-Schauspielführer“ von Jürgen Hein und Claudia Meyer, Verlag Lehner