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Tannhäuser

Zukunftsposse mit vergangener Musik und gegenwärtigen Gruppirungen in drei Akten
  • Uraufführung 31. Oktober 1857, Carl-Theater (75 Aufführungen)
  • Nestroy-Rolle Purzel, Landgraf, ein mittelalterlicher Musikenthusiast (Rollenverzeichnis 832)
  • Musik Carl Binder; Nachweise: Hilmar S. 60 f.; HKA Stücke 36, S. 182–305
  • Vorlage In Anlehnung an eine Posse des Breslauer Arztes Dr. H. Wollheim: Tannhäuser oder Die Keilerei auf der Wartburg (1854); nach Rommel nur mit Vorbehalt Nestroys Werk; vgl. SW Bd. 4, S. 387, und HKA Stücke 36, S. 45–101
  • Druck 1857
  • Überlieferung Hadamowsky 1934, S. 262; SW Bd. 4, S. 385–398; GW Bd. 6, S. 740; HKA Stücke 36, S. 40–180.
  • Werkausgaben (Stücktext) SW Bd. 4, S. 201–240; GW Bd. 6, S. 365–399; HKA Stücke 36 (Hg.: Branscombe), S. 5–38
  • Musik (erhältlich) Wienbibliothek | Klavierauszug
  • Literatur HKA Stücke 36, S. 44 und 155; Bührmann; Bastl, Beatrix: Zur Rezeptionsgeschichte altdeutscher Literatur oder Die Provinz schlägt zurück. Tannhäuser und die Folgen. In: Der Milde Knabe oder Die Natur eines Berufenen [Festschrift für Oskar Pausch]. Hg. von Georg Geldner. Wien, Köln, Weimar 1997, S. 254–274; Janés, Alfonsina: Nestroy und Wagners Tannhäuser. Maske und Kothurn 31 (1985), S. 181–192; Steinbeck, Dietrich: Theater­geschicht­liche Aspekte der Tannhäuser-Parodien des 19. Jahrhunderts. Kl. Schriften d. Ges. f. Theatergesch. 18. Berlin 1962, S. 15–41, bes. S. 31–38; Stieg, Gerald: Nestroys Wagner-Parodien. In: Schmidt-Dengler, Wendelin/Sonnleitner, Johann/Zeyringer, Klaus (Hg.): Komik in der österreichischen Literatur, Berlin 1996, S. 135–144; Zumbusch, Dagmar: RichardWagners Tannhäuser: im Vorfeld derWiener Erstaufführung und frühe parodistische Wirksamkeit – eine dokumentarische Illustration. In: Richard Wagner – Nationalkulturen – Zeitgeschichte. Hg. von Petr Macek. Brno 1996, S. 124–133

Personen

  • Landgraf Purzel, ein Musikenthusiast
  • Elisabeth, seine Nichte
  • Venus, Inhaberin eines unterirdischen Delikatessenkellers
  • Tannhäuser Heinrich,
  • Wolfram Dreschenbach,
  • Walter Finkenschlag,
  • Taubenklee Fridolin, Mitglieder des landgräflichen Männergesangsvereins
  • Katafalker, landgräflicher Trauerbote
  • Ein Schafhirt
  • Edle des Landes beiderlei Geschlechts
  • Vasallen
  • Knappen
  • Reisige
  • Schleppträger
  • Herolde
  • Nymphen
  • Jäger
  • Minnesänger
  • Leichenträger
  • Bacchantinnen
  • Die Handlung spielt gleichzeitig in mehreren Jahrhunderten. Der 1. Akt an einer Champagnerquelle, der 2. anderswo, der 3. nach dem 2.

Inhalt

1. Akt

Tannhäuser vergnügt sich in Begleitung der Venus in deren Unterwelt. – Duett Tannhäuser, Venus I, 1. – Von ferne hört Tannhäuser Glockengeläut, das ihn zur Rückkehr auf die Erde mahnt. Obwohl Venus ihm ihre ewige Liebe schwört, stürzt Tannhäuser davon. Verzweifelt bleibt Venus zurück: „Erstickt sind meines Lebens tiefste Keime. Es ist vorbei, ich gehe aus dem Leime!“ – Chor der Nymphen I, 3. – Venus verflucht Tannhäuser: Stets soll er selbst sein Liebesglück zerstören. – Romanze Schafhirt I, 4. – Der Schafhirte findet einen ihm unbekannten Mann. – Chor des Gesangsvereins I, 4. – Der Gesangsverein ist von dem Landgrafen aus dem Land verwiesen worden, weil ihm die Musik „wie sie wird“ nicht gefällt. Tannhäuser ist froh, auf die Erde zurückgekehrt zu sein. – Arie Tannhäuser I, 4. – In seiner Freude fällt Tannhäuser plötzlich ein, daß er in Landgraf Purzels Tochter verliebt ist und nicht weiß, wie er sich ihr nähern soll. Vor allem will er ihr nicht in den Kleidern gegenübertreten, die er bei Venus trug. Leider besitzt er keine andere Kleidung. – Chor I, 5. – Tannhäuser trifft auf Purzls Jagdgesellschaft. Freudig will der Landgraf den „längst Vermißten“ in die Arme schließen. Es stört ihn nicht, daß Tannhäuser nicht sagen will, wo er die letzte Zeit verbracht hat. – Quintett I, 5. – Walter fordert Tannhäuser auf, wieder mit „zu kämpfen an der Liedertafel“. Doch Tannhäuser kann sich erst zum Bleiben entschließen, als Wolfram ihn an Elisabeth erinnert. – Chor I, 5.

2. Akt

Arie Elisabeth II, 1. – Während Tannhäuser heimlich Elisabeth trifft, steht Wolfram Wache, obwohl er selbst in Elisabeth verliebt ist. Doch Tannhäuser verspricht: „Ich kann ja doch ihr ganzes Herz nicht fassen. Ich werde dir noch etwas übrig lassen.“ Tannhäuser gesteht Elisabeth seine Liebe, und sie weist ihn nicht ab. – Chor II, 4. – Bei einem Sängerwettstreit über die Liebe, bei dem Purzl als Preis seine Tochter ausgelobt hat, erscheinen Figuren aus den verschiedensten Opern. Auch Spielkartenfarben sind unter den Gästen. Im Laufe des Wettbewerbs singt Tannhäuser von seinem Aufenthalt im Venusberg. Vor Schreck fällt Elisabeth in Ohnmacht. Wütend verweist Purzl Tannhäuser aus dem Liederzirkel. Er soll mit dem Gesangsverein fortziehen und erst zurückkehren, wenn er seine Stimme verloren hat.

3. Akt

Elisabeth ist todunglücklich, weil der Gesangsverein ohne Tannhäuser zurückgekehrt ist. Sie sagt zu Wolfram, der sie noch immer glühend liebt: „Leb wohl, und wart nur einen Augenblick. Als Leiche kehr ich bald zu dir zurück.“ – Arie Wolfram III, 2. – Weinend berichtet Purzl Wolfram, Elisabeth habe „sich zu Tode lamentiert“. In diesem Moment sieht Wolfram den betrunkenen Tannhäuser kommen. Er hat in vielen Opern gesungen, doch es gelang ihm nicht, die Stimme zu ruinieren. Er glaubt, genug gesühnt zu haben, und ist entschlossen, zu Venus zurückzukehren. Wolfram versucht ihn zurückzuhalten. Als Tannhäuser hinabsteigen will, zieht Elisabeths Trauerzug heran. Wolfram erzählt Tannhäuser, warum Elisabeth starb. Sogleich sagt Tannhäuser sich von Venus los. – Chor III, 5. – Weinend stürzt Tannhäuser an Elisabeths Bahre. Als Purzl Tannhäuser erkennt, will er ihn ermorden. Wolfram stürzt sich dazwischen, doch der levbensmüde Tannhäuser „setzt eine Nachtmütze auf und stirbt.“ – Chor III, 5. – Purzl trauert um beide Toten. Venus bietet an, beide zum Leben zu erwecken, allerdings dürften sie niemals streiten. Das hält Purzl für unmöglich: „Ein Ehestand ohne Streitigkeit, wo soll es so was geben?“ – Chor III, 6. 

Aus dem „Nestroy-Schauspielführer“ von Jürgen Hein und Claudia Meyer, Verlag Lehner