68
Karikaturen-Charivari mit Heurathszweck

Posse mit Gesang in 3 Aufzügen
  • Uraufführung 1. April 1850, Carl-Theater (1 Aufführung)
  • Nestroy-Rolle Jeriel Finkl, ein Pfiffikus (Rollenverzeichnis 752)
  • Musik Michael Hebenstreit, nicht erhalten
  • Vorlage Vgl. HKA Stücke 28/II, S. 94–105
  • Überlieferung Gladt S. 53 f.; Hadamowsky 1934, S. 180; SW Bd. 13, S. 675–688; HKA 28/II, S. 87–334
  •  Werkausgaben (Stücktext) CG Bd. 5, S. 175– 222; SW Bd. 13, S. 383–478; HKA Stükke 28/II (Hg.: Obermaier), S. 5–76 und 77–83 (Erstfassung)
  • Literatur HKA Stücke 28/II, S. 4. – Obermaier, Walter: Johann Nepomuk Nestroy (1801–1862): Karrikaturen-Charivari mit Heurathszweck. In: Der literarische Einfall. Über das Entstehen von Texten. Hg. von Bernhard Fetz und Klaus Kastberger. Wien 1998, S. 27–35

Personen

  • Muffinger, Kapitalist, vormals Kürschner
  • Marie, seine Mündel
  • Isidor, sein Sohn
  • Kathi, Köchin,
  • Kajetan, Hausknecht, beide bei Muffinger
  • Krügl, Wirt
  • Barbara, Wirtin
  • Klar, Notar
  • Anton, Kellner
  • Röhrel, Wachter
  • Jeriel Finkl, ein Pfiffikus, erscheint als Linzer Köchin, Wühlhuber, Romanheldin, Heulmaier, Waldbauer, Actuarius
  • Adolf Flamm, ein angehender Arzt
  • Prismen, Greisler
  • Sandel, Greislerin
  • Hansl, Hausknecht
  • Knechte beim Wirt
  • Landleute
  • Die Handlung geht in den ersten beiden Akten in Muffingers Hause, im dritten Akt in einem Gasthaus auf dem Lande, eine Stunde von der Stadt entfernt vor.
  • (Zu den Karikaturen vgl. die Abbildungen aus den „Fliegenden Blättern“ in HKA Stücke 28/II)

Inhalt

1. Akt

Muffinger will Marie mit seinem Sohn Isidor verheiraten, um nicht das von ihm verwaltete Vermögen Maries offenlegen zu müssen. Unter Hinweis auf das von ihm unter Verschluß gehaltene väterliche Testament verweigert er Marie und Adolf seine Einwilligung zu einer Hochzeit. Isidor ist über die geplante Hochzeit unglücklich, weil er in Kathi verliebt ist. Diese hat Muffinger für sich selbst als Braut erkoren, nicht wissend, daß sie bereits verheiratet ist. – Auftrittslied Finkl I, 8 („Oft hört man sag’n: Der is in sein’n Element.“). – Da sein Wirtshaus für 3000 Gulden gepfändet wurde, hatte Finkl sich auf Reisen begeben, um das nötige Geld zu verdienen. Seine Frau Kathi dagegen hatte eine Stellung als Köchin angenommen. Dafür hatte sie sich als ledig ausgeben müssen, so daß sie den mit leeren Händen zurückkehrenden Finkl nicht bei sich aufnehmen kann. Schließlich kommt Kathi die Idee, Finkl solle die Hochzeit von Marie und Isidor verhindern. Aus Dankbarkeit würde sich Marie sicherlich sehr großzügig zeigen. Finkl ist von dem Vorschlag begeistert. Unterdessen hat Muffinger bei dem Notar einen Ehevertrag für Marie und Isidor aufsetzen lassen, während dieser noch immer nach einem Ausweg sucht. Doch sein Vater droht mit Enterbung, sollte er sich der Hochzeit verweigern. Beinahe treffen Muffinger und Finkl aufeinander, weil Finkl im Hinausgehen aus Versehen in Muffingers Zimmer gelangte. Doch im letzten Moment konnte Finkl sich als Linzer Köchin verkleiden und tritt Muffinger als Kathis Mutter entgegen. Isidor und Muffinger zeigen sich hocherfreut über diese Bekanntschaft, doch in Finkl nährt dieses Gespräch den Verdacht, Kathi sei ihm während seiner Abwesenheit untreu gewesen. Unter vier Augen stellt er sie zur Rede, doch gelingt es ihr, ihn von ihrer Unschuld zu überzeugen. Dann jedoch gesteht Muffinger seine Liebe zu Kathi und bittet deren angebliche Mutter um ihren Segen. Obwohl Kajetan die Aufgabe hat, Marie zu überwachen, gelingt es Kathi, Marie von Finkls Plan zu erzählen, den er mit Adolf abgesprochen habe. Adolf lasse ihr ausrichten, sie solle sich durch nichts erschrecken lassen. Finkl ist der Meinung, „so ein trockener Geschäftsmann muß durch extravagante Erscheinungen turbiert werden, damit er das terrain verliert.“ Gerade als Muffinger Marie auffordert, sich für das Verlobungsfest bereitzumachen, erscheinen Finkl und Adolf. Sie spielen einen Streit, in dessen Verlauf Adolf von Finkl scheinbar erstochen wird, weil er dessen Schwester nachgestellt habe. Dem erschrockenen Muffinger stellt Finkl sich als Barnabas Wühlhuber vor. Er sei Maries Geliebter und entschlossen, Muffinger umzubringen, sollte er Marie nicht zur Frau bekommen.

2. Akt

Im Greislerladen haben Finkl und Adolf ein Zimmer bekommen, in dem sie ihr weiteres Vorgehen planen können. Finkl fragt die Greislerin, ob Kathi „brav“ sei. Diese weiß von Kathi nur das Beste zu berichten, obwohl sie ein „fesches Madl“ sei. Das bestürzt Finkl zutiefst. Mit dem Ruf: „[…] die Gattin meiner Wahl ist fesch!“ stürzt er davon. Erstaunt hört das Greislerpaar, daß Kathi verheiratet ist. Muffinger weigert sich weiterhin, von einer Hochzeit Maries mit Isidor abzusehen. In einer Verkleidung als „unglückliche Romanheldin“ erscheint Finkl als von Wühlhuber angeblich verlassene Frau. Adolf tritt als deren Bedienter auf. Um dem Zorn ihres Vaters zu entgehen, bittet die Unglückliche Muffinger um Unterschlupf, denn sie habe von dessen „Menschenfreundlichkeit g’hört“. Isidor findet auf der Stelle Gefallen an der jungen Frau. Diese stellt sich jedoch schwerhörig, so daß Isidor sein Liebesbekenntnis laut herausschreien muß. Damit zieht er sich den Zorn seines Vaters zu. Muffinger hofft, daß Marie durch die Erzählungen der Frau erkennt, welch schlechten Charakter ihr Geliebter habe. Als nächstes erscheint Finkl in der Verkleidung des „Heulmaier“, angeblich auf der Suche nach seiner Tochter. Er zeigt sich entschlossen, sie für ihr Verhältnis mit Wühlhuber umzubringen. Zwar versucht Muffinger, ihn umzustimmen, doch scheinbar kann erst Kajetan ihn zu einer Versöhnung bewegen. In diesem Moment wird Marie, angeblich einer Ohnmacht nahe, von Kathi hereingeführt. Beide berichten, die fremde Frau sei mit Wühlhuber geflohen. Muffinger eilt sogleich auf das Gericht, um den Flüchtenden nachstellen zu lassen. Die Abwesenheit Muffingers nutzen Finkl und Adolf, um Marie zu Adolfs Tante zu bringen. Zwar alarmiert Kajetan Isidor, doch dieser zeigt sich hocherfreut über Maries Flucht. Nach einem Streit zwischen Adolf und Finkl wird beschlossen, daß Kathi zunächst bleiben soll, um Muffinger weiterhin in die Irre zu führen. Kajetan, der die Flüchtenden aufzuhalten versucht, bekommt von Finkl zunächst eine Ohrfeige und einen Brief an Muffinger und zur Belohnung eine Geldbörse. In dem Brief gesteht Finkl, Muffinger an der Nase herumgeführt zu haben. Muffinger ist außer sich vor Wut. Da erscheinen bereits die zur Verlobung geladenen Gäst. In dieser Situation gesteht Isidor seine Liebe zu Kathi, woraufhin Muffinger Kathi als seine eigene Braut vorstellt. Doch Finkl, der sich als Kathis Urgroßvater verkleidet hat, verhindert durch seinen Einspruch eine Verlobung.

3. Akt

Adolf hat Marie zu seiner Tante gebracht. Er selbst steigt mit Finkl und Kathi in einem Gasthaus vor der Stadt ab. Da Adolf die minderjährige Marie nicht ohne Einwilligung des Vormundes heiraten kann, hat Finkl Isidor ein Wiedersehen mit Kathi versprochen, falls er eine Testamentsabschrift mitbringe. Tatsächlich erscheint Isidor, doch hat ihm Muffinger, als er von Maries und Kathis Aufenthaltsort erfahren hat, das Testament wieder abgenommen. Im Gasthaus erkundigt Muffinger sich nach den Gästen. Zwar geben sich Finkl und Adolf als Exzellenz und Bedienter aus, doch Muffinger schenkt ihnen keinen Glauben. Er ist sich seiner Sache sicher. – Lied Finkl III, 16 (R: „Zu spät! zu spät! zu spät! zu spät!“). – In ihren Rollen haben Finkl und Adolf den Wirt darauf aufmerksam gemacht, daß es sich bei Muffinger und Kajetan um Mitglieder einer Räuberbande handle, die es dingfest zu machen gelte. Gegen eine gute Bezahlung sind die Knechte bereit, diese Aufgabe zu übernehmen. Als „Staats-Haemorhoidarius“ verkleidet erscheint Finkl, um den angeblichen Räuber zu verhören. Bei Muffinger soll es sich um den Verbrecher Sóbri handeln. Der von Adolf bestochene Kajetan gesteht, die schrecklichsten Gewalttaten mit seinem Anführer begangen zu haben. Um sich zu legitimieren, verweist Muffinger auf das Testament, das von Finkl laut verlesen wird. Darin wird ausdrücklich erwähnt, daß Marie nach freiem Willen heiraten dürfe und nach der Hochzeit Anspruch auf die Erbschaft von 150.000 Gulden habe. An dieser Stelle gibt Finkl sich zu erkennen. Am Ende muß Muffinger nicht nur der Hochzeit von Adolf und Marie zustimmen, sondern auch erkennen, daß Kathi seit zwei Jahren mit Finkl verheiratet ist.

Aus dem „Nestroy-Schauspielführer“ von Jürgen Hein und Claudia Meyer, Verlag Lehner