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Heimliches Geld, heimliche Liebe

Posse mit Gesang in 3 Acten
  • Entwurfstitel Briefe; Rächer
  • Uraufführung 16. März 1853, Carl-Theater (Nur 3 Aufführungen. Letztes „Volksstück“ Nestroys)
  • Nestroy-Rolle Kasimir Dachl, Kupferschmiedgeselle (Rollenverzeichnis 782)
  • Musik Carl Binder; Nachweise: Hilmar S. 70 f.; HKA Stücke 32, S. 271–272
  • Vorlage Frédéric Soulié: Au jour le jour (Roman, 1843/44; deutsche Übersetzungen Leipzig 1844, Stuttgart 1844)
  • Überlieferung Gladt S. 44 f.; Hadamowsky 1934, S. 149; SW Bd. 8, S. 520–555; GW Bd. 6, S. 736–738; HKA Stücke 32, S. 104–258
  • Werkausgaben (Stücktext) Chiavacci Bd. 6, S. 7–64 SW Bd. 8, S. 1–128; GW Bd. 5, S. 549–696 HKA Stücke 32 (Herausgeber: Jürgen Hein), S. 5–102
  • Musik (erhältlich) Klavierauszug
  • Literatur HKA Stücke 32, S. 2 f.; Klotz 1996; Aust, Hugo: Sprachspiele des Geldes. Ein Nestroysches Thema im Lichte Wittgensteins. Wirkendes Wort 39 (1989) S. 357–371; Hein, Jürgen: Wiedergefundene Handschriften zu Nestroys Heimliches Geld, heimliche Liebe aus der „Sammlung Trau“. Nestroyana 20 (2000), S. 134–144; Klotz, Volker: Resonanzkasten Bühnen: Was Nestroy ihm entlockt. Von der Lokal-Posse Das Mädl aus der Vorstadt zum Zeit-Stück Heimliches Geld, heimliche Liebe. In: Stieg/Valentin 1991, S. 75–88; Programmheft Akademietheater Wien zu Heimliches Geld, heimliche Liebe, Februar 1985. Walter, Klaus-Peter: Peter Dickkopf und Mademoiselle de Prosny. Der französische Zeitungsroman Au jour le jour als Vorlage zu Heimliches Geld, heimliche Liebe. Nestroyana 6 (1984/85) S. 90–93
  • Aufführungen Nestroy-Spiele 2009

Personen

  • Herr von Makler, Speculant
  • Hortensia, seine Frau
  • Frau von Lärminger, Kupferschmiedmeisterin, Wittwe
  • Marie, ihre Stieftochter
  • Herr von Flau, deren Vormund
  • Peter Dickkopf, vormahls Krämer, …
  • Casimir Dachl, sein Stiefsohn, Kupferschmiedgesellen
  • Franz Glimmer, sein Neffe
  • Pemperer, Werckführer, …
  • Leni, seine Tochter, Köchinn, …
  • Jacob, Kupferschmiedgeselle, …
  • Nazl, Kupferschmiedlehrjung, …
  • Theres, Wirtschafterin, im Hause der Frau v. Lärminger
  • Frau Körbl, Kräutlerin, Wittwe
  • Gottfriedl, ihr Sohn
  • Pfanzer, Hausmeister
  • Regerl, sein Weib
  • Dorothe,
  • Nettl, Köchinnen
  • Bittmann, ein Hausarmer
  • Staub, Comptoir-Diener bey Herrn v. Makler
  • Niklas, Bedienter
  • Ein Notar
  • Erste Köchin
  • Zweyte Köchin
  • Kupferschmiedgesellen

Inhalt

1. Akt

In einer Unterredung gesteht Frau von Lärminger Dickkopf, daß sie Casimir heiraten will. Wenn er Casimir gut zuredet, soll Dickkopf am Tag der Hochzeit 5000 Gulden erhalten. Eigentlich ist Dickkopf immer noch wütend, weil der verstorbene Herr von Lärminger ihn vor Jahren um sein Vermögen betrogen hat, aber unter diesen Bedingungen will er seine Hilfe nicht verweigern. Im Laden von Frau Körbl hat Dickkopf ein Büro als Briefschreiber. Deshalb bittet Leni ihn, einen Brief an ihren Geliebten zu schreiben. Als Dickkopf hört, daß es sich bei dem Geliebten um Casimir handelt, schüttet er scheinbar aus Versehen das Tintenfaß über Lenis Liebesbrief. Scheinheilig verspricht er, genau diesen Brief erneut zu schreiben und zur Post zu bringen. In Wahrheit ändert er den Brief in seinem Sinne und bittet Gottfriedl, ihn abzuschreiben, um sich bei Casimir nicht durch die Schrift zu verraten. Nur kurze Zeit später bringt Leni überglücklich einen Brief von Casimir zu Dickkopf, damit er ihn vorlese. Nachdem er ihn still gelesen hat, zerreißt Dickkopf den Brief in scheinbarer Entrüstung und erzählt Leni, Casimir schreibe, er wolle eine reiche Witwe heiraten. In ihrer Verzweiflung sammelt Leni die Brieffetzen auf und geht tief enttäuscht nach Hause. – Auftrittslied Casimir I, 16 („Bin nur a Kupferschmiedg’sell, und hab a Kunstreis vollbracht“). – In einem Monolog über die Nachteile der Bildung stellt Casimir im Hinblick auf Leni fest: „Es kann auch nichts Interessanteres als eine ungebildete Geliebte geben.“ Die unglückliche Marie erzählt Casimir, daß sie heiraten soll, woraufhin Casimir sie mit seinem Wissen über ihre Liebe zu Franz überrascht. Gleichzeitig macht er ihr jedoch wenig Hoffnung auf Franz’ Gegenliebe, obwohl er weiß, wie sehr Franz in Marie verliebt ist. Der Grund sei ein alter Streit zwischen der Familie Glimmer und der Familie von Lärminger. Vor vielen Jahren hatten Herr Glimmer und Herr von Lärminger je ein Los gekauft. Für den Fall, daß er gewinnt, hatte Glimmer Dickkopf ein Fünftel des Geldes versprochen. Doch Glimmer starb und Herr von Lärminger behielt weiterhin beide Lose bei sich aufbewahrt. Als eines gewann, behauptete er kurzerhand, dies sei sein Los gewesen. Obwohl Franz von dem Unrecht wußte, hatte er doch keine Beweise in der Hand. Aus diesem Grund falle es ihm bestimmt schwer, sich ausgerechnet in Marie zu verlieben. Mit gespielter Bescheidenheit schmeichelt Casimir Frau von Lärminger. Als sie jedoch Andeutungen über ihre Heiratspläne macht, erklärt er entschieden, daß sie, die reiche, schöne Witwe, sicherlich niemals bereit sei, ihn, den Besitzlosen, in die „Mannundweibiseinleib­leidundfreudmiteinander­tragungsanstalt“ zu führen. Eine Frau wie sie könne einem Mann wie ihm niemals mit gebührender Achtung entgegentreten. Auf keinen Fall werde er sich zu einer derartigen Verbindung zwingen lassen. Mit Schrecken hört Franz, wie Frau von Lärminger in der Werkstatt von Maries geplanter Hochzeit spricht. Gutgelaunt prophezeit Casimir Dickkopf, in einigen Jahren eine ältere und reichere Witwe als Frau von Lärminger zum Heiraten gefunden zu haben. Daß sie bis dahin in großer Not leben müßten, sei nur von Vorteil, weil Frau von Lärminger durch dieses Elend vor ihrer Nase ihren Reichtum nicht genießen könne. Schon längst hat Dickkopf von Franz’ Liebe zu Marie erfahren und ist darüber sehr unzufrieden. Schockiert liest Casimir Lenis von Dickkopf gefälschten Brief. In diesem Moment erscheint Pemperer und beschuldigt Casimir, Leni betrogen zu haben. Sofort denkt dieser an eine Intrige, als er hört, daß Leni weinend zu Hause sitzt. Zum Schein spielt Casimir Pemperer den skrupellosen Mann vor, der seine Geliebte, ohne mit der Wimper zu zucken, für eine reiche Witwe sitzen läßt. Er habe nun einmal keinerlei Charaktereigenschaften mit seinem gütigen Stiefvater gemein.

2. Akt

Heimlich bringt Marie Perlen von ihrer verstorbenen Mutter zu Herrn von Makler und bittet ihn, ihr dafür 3000 Gulden zu geben. Herr von Makler gibt ihr das Geld und versichert, Stillschweigen zu wahren. Nach Pemperers Besuch ist Casimir ihm auf dem Heimweg gefolgt und findet so zu Leni, die ihm die Fetzen seines Briefes zeigt. Casimir liest ihr den Brief vor und erzählt der entrüsteten Leni, was in ihrem Brief stand. Da wird klar, daß der Briefschreiber die Schuld an dem Mißverständnis trägt. – Couplet über den Verlust des „ganzen Respekts“, Casimir II, 6. – Marie gibt bei Pfanzer ein Päckchen für Franz ab, das nur ihm persönlich ausgehändigt werden soll. Kurz darauf bringt Natzl einen Brief für Dickkopf. Dabei sieht er das Päckchen bei Pfanzer liegen. Da Pfanzer sich weigert, es ihm mitzugeben, will er Dickkopf wenigstens davon berichten. Sogleich erscheint Dickkopf bei Pfanzer und bringt ihn dazu, ihm das Päckchen zu übergeben. Beim Öffnen findet er 3000 Gulden. Da er das Geld als Ersatz für das ihm entgangene Vermögen ansieht, nimmt er es an sich. Gleichzeitig beginnt er seine Sachen zu packen, um sich mit dem Geld in Sicherheit zu bringen. Doch bevor er gehen kann, kommen Casimir und Franz nach Hause. Von Pfanzer haben sie bereits von dem Päckchen gehört und stellen Dickkopf zur Rede. Der streitet zunächst alles ab, doch allmählich wird deutlich, daß Marie Geld gebracht hat. Darüber ist Franz sehr verbittert. Aus Angst, verklagt zu werden, will Dickkopf 300 Gulden zurückgeben, was angeblich die ganze Summe sei. Franz will Marie das Geld zurückbringen und ist enttäuscht, daß es lediglich eine so geringe Summe ist.

3. Akt

Im geheimen hat Dickkopf bei Herrn von Makler ein kleines Vermögen hinterlegt. Nun bringt er auch die 2700 Gulden zur Aufbewahrung. Bei dieser Gelegenheit erzählt er Herrn von Makler von seinem Plan, Frau Körbl zu heiraten. Die Nachricht, daß Marie den Sohn von Herrn von Makler heiraten soll, erschreckt ihn allerdings, da er, im Hinblick auf Casimirs Hochzeit mit Frau von Lärminger, um die Wahrung seines Vermögensgeheimnisses fürchtet. Dagegen wartet Frau von Lärminger ungeduldig auf die Heirat von Marie, damit sie selbst endlich heiraten kann. Während die Gesellschaft noch auf Maklers Sohn wartet, erscheint Casimir bei Frau von Lärminger, um Marie in Franz’ Namen das Geld zurückzugeben. Allerdings weist Herr von Makler darauf hin, daß es sich bei den 300 Gulden keineswegs um die ganze Summe handle. Er verdächtigt Casimir des Diebstahls und will ihn verhaften lassen. Dies verhindert Frau von Lärminger, indem sie gesteht, daß Casimir ihr Zukünftiger sei. Durch diese Heirat sieht Herr von Makler seine Geschäftsinteressen gefährdet. Er weist alle aus dem Zimmer. Allein mit Casimir ist er sehr freundlich und bittet ihn, in einem Nachbarkabinett zu bleiben, bis er ihn hole. Er solle auf jedes Wort hören, das gesprochen werde. Kaum hat Casimir sich versteckt, tritt erneut Dickkopf bei Herrn von Makler ein. Mit Staunen hört Casimir von Dickkopfs Vermögen und von den vor einer Stunde eingezahlten 2700 Gulden. Dickkopf möchte das gesamte Geld abheben, die Flucht ergreifen und unterwegs heiraten. Herr von Makler gibt zu bedenken, daß ein Teil des Vermögens von Rechts wegen Casimir zusteht und er es ihm auszahlen müßte, wenn er darum gebeten würde. Dickkopf ist sich jedoch sicher, daß Casimir nichts von diesem Geld ahnt. Bei Frau Körbl haben Leni und Pemperer inzwischen erfahren, daß Dickkopf der Briefschreiber ist, und erkennen nun die Zusammenhänge. Den zurückgekehrten Dickkopf will Pemperer verprügeln, doch Casimir kommt dazwischen. Rundheraus erklärt er, auf Dickkopfs Seite zu stehen, denn der habe ihn nur reich und glücklich machen wollen. Casimir selbst ist sehr nobel gekleidet und hat 2700 Gulden dabei, die Dickkopf persönlich zu Marie tragen soll. Sollte er sich weigern, wird Franz ihn anzeigen. Aus Angst vor dieser Drohung ist Dickkopf bereit, zu Frau von Lärminger zu gehen, wo gerade Maries Verlobung gefeiert werden soll. Allerdings fehlt noch der Bräutigam. Nachdem Dickkopf das Geld übergeben hat, entlarvt Casimir ihn als reichen Kapitalisten, der sogar das mütterliche Erbe des Stiefsohns vermehrt habe. Wie im Testament ihres verstorbenen Vaters bestimmt, übergibt Herr von Flau Marie an ihrem Verlobungstag einen Brief ihres Vaters. Darin gesteht er, Glimmer seinerzeit betrogen zu haben. Marie solle nun bestimmen, was mit dem Geld geschehen soll. Zunächst haben nur Marie, Franz und Casimir den Brief gelesen. Der Neugier der Gesellschaft scheinbar nachgebend, verliest Casimir den Brief für alle: Der Vater ermahne Marie, einen Mann nach ihrem Herzen zu wählen und sich bei dieser Wahl von niemandem beeinflussen zu lassen. Um die scheinbar bevorstehende Verlobung von Casimir mit Frau von Lärminger zu stören, erscheinen Pemperer und Leni. Doch Casimir erklärt keß, daß Frau von Lärminger einen armen Mann heiraten wollte, doch da er nun reich sei, habe sie sicherlich kein Interesse mehr an ihm. Er dagegen wolle ein armes Mädchen, nämlich Leni, heiraten. Auch Franz und Marie sind glücklich, denn Herr von Flau gestattet ihnen die Hochzeit. Enttäuscht gibt Dickkopf zu, daß ihm nach dem Verlust seines Vermögens noch Frau Körbl bleibt. So kommen Pemperer und Casimir gemeinsam zu dem Schluß: „Da herrscht ja – wie überall, heimliches Geld, und heimliche Liebe.“

Aus dem „Nestroy-Schauspielführer“ von Jürgen Hein und Claudia Meyer, Verlag Lehner