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Die schlimmen Buben in der Schule

Burleske mit Gesang in 1 Acte
  • Uraufführung 10. Dezember 1847, Carl-Theater (102 Aufführungen)
  • Nestroy-Rolle Willibald Schnabel (Rollenverzeichnis 731)
  • Musik Michael Hebenstreit; Nachweise: Hilmar S. 88; HKA Stücke 25/I, S. 599–602 und 607–615
  • Vorlage Lockroy/Anicet/Bourgeois: Le Maitre d’Ecole (Vaudeville, Paris 1841)
  • Überlieferung Gladt S. 31 f.; Hadamowsky 1934, S. 113; SW Bd. 13, S. 627–645; GW Bd. 5, S. 698 f.; HKA Stücke 25/I, S. 111–411
  • Werkausgaben (Stücktext) CG Bd. 1, S. 223–250; SW Bd. 13, S. 193–258; GW Bd. 5, S. 5–58; HKA Stücke 25/I (Hg.: Walla), S. 5–47
  • Musik (erhältlich) Wienbibliothek | Klavierauszug
  • Literatur HKA Stücke 25/I, S. 3; Laible; May
  • Aufführungen Nestroy-Spiele 1977

Personen

  • Baron von Wolkenfeld, Gutsbesitzer
  • Landrat Stern
  • Wichtig, Wirtschaftsrat
  • Stanislaus, dessen Sohn
  • Wampl, Magister [loci]
  • Nettchen, seine Tochter
  • Franz Rottmann, Aufseher
  • Frau Schnabl, Beschließerin
  • Willibald, ihr Sohn
  • Peter Petersil, Sohn des Schloßgärtners,
  • Anton Waldspecht [Waldfuchs], Sohn des Försters,
  • Blasius Pichler, Sohn des Kellermeisters,
  • Sebastian Grob, Sohn des Inspektors,
  • Christoph Ries, alle Schüler in Wampls Schule
  • Mehrere Schüler
  • Babett, Wampls alte Magd
  • Die Eltern sämtlicher Schüler
  • Zwei Trompeter
  • Ein Pauker
  • Ein Kammerdiener
  • Ein Jäger
  • Zwei Bediente
  • Die Handlung geht auf dem Schlosse des Barons in Wampls Wohnung vor und währt vom Morgen bis Mittag

Inhalt

Wampl weigert sich, Franz zu seinem Gehilfen zu ernennen, obwohl er diesen Posten bereits seit längerem bekleidet, weil dem alten Magister die „liebe Jugend“ „etwas über den Kopf gewachsen“ ist. Zudem hat Wampl stets die Sorge, seine Stellung zu verlieren. Sobald Franz eine Anstellung als Schullehrer in der Stadt hat, will er Nettchen heiraten. – Auftrittslied Willibald, 4 („Ich wär’ schon ein Knab“). – Von Willibald, der in der Schule erscheint, um eine auferlegte Strafarbeit zu machen, hören Franz und Nettchen, daß die Schule geschlossen werden soll. Die Schule ist seinerzeit von der Baronin gegründet worden, doch der Baron war stets der Meinung, die Schloßkinder könnten auch die Stadtschule besuchen. Nach dem Tod seiner Frau will er deshalb die Schloßschule schließen. Nettchen weiß, daß ihr Vater trotz seines Alters nichts mehr fürchtet, als eines Tages abgesetzt zu werden. Der nichtsahnende Wampl freut sich, weil Herr von Wichtig seinen Besuch angekündigt hat. Willibald beschließt bei sich, noch am selben Tag Franz als Liebhaber von Nettchen zu denunzieren, denn „den Aufseher verraten, der da lebt vom Verrat, das ist Ehrensache der Schülerschaft.“ Herr von Wichtig erkundigt sich bei Wampl nach den Schulleistungen seines Sohnes Stanislaus. Vor allem interessiert es ihn, ob er Aussichten bei der anstehenden Preisverteilung für gute Leistungen hat. Wampl lobt den dummen Jungen in den höchsten Tönen. Da Stanislaus der Sohn des Gutsverwalters ist, soll er trotz seiner mangelhaften Leistungen als Bester abschneiden. Stanislaus selbst möchte am liebsten der Schule verwiesen werden. Als Belohnung für die Prämierung seines Sohnes zeigt Wichtig Wampl einen Brief, den er absenden will. Von diesem Brief hofft Wampl, es befinde sich die Genehmigung für seine vor zwölf Jahren beantragte Zulage darin. Der Zwang, dem dummen Stanislaus einen Preis geben zu müssen, bringt Wampl kurzzeitig in Konflikt mit seinem Gerechtigkeitssinn. Gemeinsam mit Nettchen überlegt er, wie die als Preise ausgesetzten Bücher verteilt werden sollen. Schnell wird deutlich, daß jeder Vater Wampl auf die ein oder andere Weise von Nutzen ist und der jeweilige Sohn deshalb entsprechend berücksichtigt werden muß. Schließlich wird beschlossen, Stanislaus sechs Bücher, einem Schüler zwei Bücher und allen anderen jeweils ein Buch zu geben. Als abschreckendes Beispiel soll der Gassenjunge Willibald keinen Preis bekommen. – Chor, 9. – Frau Schnabel bringt ihren Sohn Willibald zur Schule. Sie hatte ihn und Christoph beim Birnenstehlen erwischt. Trotzdem äußert Frau Schnabel die Hoffnung, daß Willibald einen Preis bekommen könne. Doch Wampl erklärt deutlich, daß dies ausgeschlossen sei. Zum Beweis beginnt er auf der Stelle, Willibald zu examinieren. Der redegewandte Schüler weiß auf jede Frage eine treffende Antwort, die allerdings nie dem von Wampl erwarteten Lehrbuchsatz entspricht. Schießlich erklärt Wampl Willibald für „dritte Klass’“. In ihrem Ärger erzählt Frau Schnabel von der bevorstehenden Schließung der Schule. Daraufhin verlangt Wampl, die „Verleumderin“ solle ihn zum Amtmann begleiten, um diese Angelegenheit zu klären. Während der Abwesenheit des Magisters übernimmt zunächst Franz die Leitung der Klasse. Widerwillig beugen sich die Schüler seinem Willen. Als auch Franz das Klassenzimmer verläßt, um Nettchen zu helfen, übernimmt Willibald das Regiment. – Ensemble-Quodlibet mit Lied Willibald, 13 („Bubn ihr lernt jetzt das A,B,C.“). – Der zurückkehrende Wampl ist über das Benehmen der Klasse sehr erbost. Besonders wütend ist er auf Christoph, der nicht nur Wampls Obers getrunken hat, sondern auch noch von Stanislaus als Rädelsführer angeschwärzt wird. Zur Strafe für ihr Betragen läßt Wampl die ganze Klasse, mit Ausnahme von Stanislaus, niederknien. Auch Franz muß diese Strafe über sich ergehen lassen, weil Wampl sieht, wie der Aufseher wegen Nettchen seine Pflicht verletzt hat. Dennoch bittet Franz um Nettchens Hand. Um sich vor Wampls Lineal zu retten, muß Franz sich eilig aus dem Klassenzimmer flüchten. In diesem Augenblick tritt Herr von Wichtig ein. Er schickt alle Schüler nach Hause, um ihre Sonntagskleider anzuziehen. In einer halben Stunde sollen sie sich wieder in der Schule einfinden. Alle springen hinaus. Lediglich Willibald versteckt sich, um das nachfolgende Gespräch zu belauschen. Zum Entsetzen von Wampl eröffnet Wichtig ihm, daß Herr von Wolkenfeld persönlich in einer Stunde das Examen abnehmen wolle. Wichtig erwartet, daß sein Sohn so gut abschneidet, wie Wampl es versprochen hat. Jede unbeantwortete Frage oder falsche Antwort habe Wampl persönlich zu verantworten. In seiner Not ruft Wampl nach Franz, der ihm aus der Klemme helfen soll. Tatsächlich hat Franz eine Idee: Die Reihenfolge der Fragen und der aufzurufenden Schüler wird festgelegt. Jeder Schüler erhält einen Zettel mit der passenden Antwort, den er in seine Mütze legen und auf diese Weise ablesen kann. Aus Dankbarkeit verspricht Wampl Franz die Hand seiner Tochter. Willibald, der den Plan gehört hat, beschließt, die Gelegenheit zu nutzen, um sich für seine nichtbestandene Prüfung zu rächen. – Lied Willibald, 20 (R: „Drum was drüb’r erscheint auch in Druck, / In der Sprachlehr da sind wir z’ruck.“). – Wie verabredet verteilt Franz die Zettel unter den Schülern. Wampl macht eine Generalprobe, die sehr gut klappt. Willibald soll bei dieser Prüfung einfach übergangen werden. Während Wampl und Franz draußen Herrn von Wolkenfeld begrüßen, bringt Willibald die Schüler dazu, ihre Zettel zu tauschen, denn schließlich sollten sie sich „nix vorschreiben lassen“. – Chor der Väter und Mütter, 24. – Wie erwartet beginnt Wolkenfeld mit der Prüfung. Brav geben die Schüler die Antworten, die sie von ihren Zetteln ablesen, die allerdings nie zu der gestellten Frage passen, Wampl ist verzweifelt. Franz kann sich diese Verwechslung nicht erklären. Beide verfolgen das Examen mit wachsendem Schrecken. Erst im Laufe der Zeit wird deutlich, daß Wolkenfeld stocktaub ist und die falschen Antworten gar nicht hört. Am Ende der Prüfung verkündet Wolkenfeld die Aufhebung der Schule und die Vereinigung mit der Stadtschule. Wampl ist am Boden zerstört. Doch sofort hat er wieder Anlaß zur Freude: Er wird mit vollem Gehalt und einer jährlichen Zulage von 100 Gulden in den Ruhestand versetzt. Außerdem bekommt Franz eine Lehrerstelle in der Stadtschule. Die Schulmedaille, die nach Wampls Willen für Stanislaus bestimmt war, wird von Wolkenfeld an Christoph als dem Jüngsten in der Klasse verliehen. Dieser tauscht sie jedoch mit Willibald gegen ein Gebäck. Alle übrigen Schüler erhalten ein Buch. Über die bevorstehende Hochzeit von Franz und Nettchen ist Wolkenfeld sehr erfreut.

Aus dem „Nestroy-Schauspielführer“ von Jürgen Hein und Claudia Meyer, Verlag Lehner