Faschingsposse in 3 Aufzügen
nicht aufgeführt, Vorstufe zu „Der böse Geist Lumpacivagabundus“
- Vorlage Vgl. HKA Stücke 5, S. 218–266 und Angaben zu Der böse Geist Lumpacivagabundus, S. 80
- Überlieferung Gladt S. 39 f.; SW Bd. 1, S. 706–708; HKA Stücke 5, S. 216–296
- Werkausgaben (Stücktext) SW Bd. 1, S. 529–602; HKA Stücke 5 (Hg.: Walla), S. 3–64
- Literatur HKA Stücke 5, S. 2
Personen
- Fortuna, Beherrscherin des Glücks, eine mächtige Fee
- Brilliantina, ihre Tochter
- Lumpacivagabundus, Beherrscher des lustigen Elends
- Poverinus, sein Sohn
- Carnevalis, Beschützer des Faschings, ein Magier
- Nemesis, die strenge Richterin im Feenreich
- Paracelsus, Feendoktor
- Marmotte, eine alte Fee
- Leim, ein Tischlergeselle
- Kmäh, ein Schneidergeselle
- Bum, ein Schlossergeselle
- Faßl, Oberknecht in einer Bräuerei
- Pantsch, Wirt und Herbergsvater
- Nannette, seine Tochter
- Sepherl,
- Hannerl, Kellnerinnen
- Strudl, Gastwirt in Nürnberg
- Engelmann, Tischlermeister in Nürnberg
- Peppi, seine Tochter
- Anastasia
- Ein Jude
- Laura
- Luigi Maccaroni
- Carlo Parmesano
- [Ein Schlossermeister
- Drei Zunftmeister
- Frau Gertrud, Haushälterin im Engelmannschen Haus
- Reserl, Dienstbote daselbst
- Dorfwirt
- Die Wirtin
- Ein Bauer]
- [Ein Zitterspieler
- Ein Handwerksbursche
- Ein Zimmermann
- Ein Bedienter bei Kmäh
- Ein anderer Bedienter
- Die Wache
- Ein Kellner bei Pantsch
- Die Freundschaft
- Madam Hammer
- ein Mann mit einem Dudelsack]
- [Feen, Nymphen, Truden, Hexen, Magier, Zauberer, Feenprinzen, Bediente, Bräuknechte, Handwerksburschen von verschiedenen Professionen, Zimmerleute, Marktweiber, Volk, Meister, Gesellen mit ihren Frauen und Töchtern, Hochzeitsgäste, Genien, Bauern, Bäuerinnen, Reisende]
- Die Handlung spielt teils in Deutschland, teils in Italien, teils im Feenreich
Inhalt
1. Akt
Während einer Faschingsfeier im Feenreich bittet Poverinus Fortuna um die Hand ihrer Tochter. Doch im Gegensatz zu Poverinus’ Vater Lumpacivagabundus ist Fortuna entsetzt über dieses Ansinnen. Darüber geraten Fortuna, die Beherrscherin des Glücks, und Lumpacivagabundus, der Beherrscher des lustigen Elends, in einen Streit, in dessen Verlauf Fortuna Lumpacivagabundus beleidigt. Aus diesem Grund entscheidet die Richterin Nemesis, daß Fortuna kein Recht mehr habe, ihre Zustimmung zu der Hochzeit endgültig zu verweigern. Allerdings darf sie eine schwere Bedingung stellen. Schließlich einigt man sich auf folgende Vorgehensweise: Fortuna wird drei Anhängern des Lumpacivagabundus Glück schenken. Sollten diese das Glück zum Fenster hinauswerfen, wird Fortuna es ihnen noch einmal aufdrängen. Sollten dann immer noch mindestens zwei von ihnen das Glück mit Füßen treten, hat Fortuna verloren und muß in die Hochzeit einwilligen. Fortuna hält es für unmöglich, daß zuteil gewordenes Glück nicht zu einem beständigen Leben führt. – Auftrittslieder Bum („Die Kälten heut, es wird schon spat“), Leim („Mein Ranzel is leicht, es is nix drinn“), Kmäh(„Jucheh! Jucheh! / Der Schneiderg’sell Kmäh“) I, 4. –Vor der Stadt treffen sich der Schlossergeselle Bum, der Tischlergeselle Leim und der Schneidergeselle Kmäh. Alle drei sind auf der Wanderschaft und besitzen nichts. – Dreigesang I, 4 („Marschiert frisch in die Stadt hinein“). – Gemeinsam gehen sie in die Stadt, um Fasching zu feiern. Dabei treffen sie auf Fassl, den sie um einen Lotteriegewinn von 1000 Talern beneiden. – Gesang I, 6 („Eduard und Kunigunde“) – Jedoch ist Leim der Meinung, daß Geld allein nicht glücklich mache, und berichtet seine Geschichte: Er war Geselle in Nürnberg und hatte sich in die Tochter seines Meisters Engelmann verliebt. Eines Tages hat er ihr das Leben gerettet, als ihr Vater vor Zorn mit einem Stemmeisen nach ihr warf. Leim wurde verletzt. Doch nach seiner Gesundung wurde die Verlobung des Wirts Strudl mit einer Engelmannschen Tochter bekanntgegeben. Enttäuscht schrieb Leim in einem Abschiedsbrief, er würde nun seinerseits heiraten, und zog von dannen. Bum gesteht, seine Schwierigkeiten im Leben seien stets durch seine Trinkerei entstanden. Im Schlaf sendet Fortuna den drei Gesellen den Tip, das Los mit der Nummer 7359 zu kaufen. Tatsächlich gewinnen sie mit diesem Los 100.000 Taler. Überglücklich feiern alle drei ein Fest. Fortuna ist siegessicher, doch Lumpacivagabundus glaubt nicht daran, daß alle drei mit dem Glück sorgsam umgehen werden. – Chor der Männer I, 13. – Leim beschließt, nach Nürnberg zu reisen und, falls noch möglich, seine Peppi zu heiraten. Ansonsten will er ein Spital bauen. Kmäh plant eine Reise nach Italien. Bum nimmt sich vor, statt Bier nur noch Wein zu trinken. So gehen alle drei ihres Weges, jedoch nicht ohne das Versprechen, sich im Unglück gegenseitig beizustehen und sich am selben Ort in einem Jahr erneut zu treffen.
2. Akt
Als Leim in Nürnberg bei Meister Engelmann eintrifft, wird dort gerade Hochzeit gefeiert. Zudem erzählt Engelmann, er hätte Leim Peppi zur Frau gegeben, wenn dieser nur ein Wort gesagt hätte, doch mit Leims Brief schien ihm die Sache beendet. Leim ist am Boden zerstört, bis sich herausstellt, daß nicht Peppi, sondern ihre Cousine Anastasia heiratet. Überglücklich hält Leim sofort um Peppis Hand an. Engelmann gibt seine Zustimmung: Er habe aus Dankbarkeit seinerzeit 500 Dukaten für Leim zurückgelegt. Sobald dieser seinen Meisterbrief habe, könne die Hochzeit stattfinden. Erst jetzt zeigt Leim seinen großen Gewinn. Lumpacivagabundus, der zusammen mit Fortuna die Szene beobachtet hat, muß eingestehen, daß Leim mit seinem Glück sehr sorgfältig umgeht. Beide beschließen, nach den anderen Gesellen zu sehen. – Chor der Gäste II, 7. – Kmäh finden Lumpacivagabundus und Fortuna in Italien. Dort lebt er auf großem Fuß und hat sich gerade den Titel Marquis Capreoli erkauft, der es ihm ermöglicht, Laura, die Schwester von Maccaroni, zu heiraten. Die beiden Geschwister sind jedoch ausschließlich an Kmähs Geld interessiert. Als sie ihn schließlich um alles Vermögen betrogen haben, lassen sie ihn im Stich, während Kmäh sich noch immer, angesichts seines neuen Namens und der versprochenenHochzeit, in einer freudigen Stimmung befindet. Fortuna muß zugeben, daß Kmäh sein Glück tatsächlich zum Fenster hinauswirft. – Lied Kmäh II, 16 („Die wällischen Madln, das ist schon a Pracht“). – Bum finden Fortuna und Lumpacivagabundus im Gefängnis. Einen Teil seines Geldes hat Bum versoffen, einen Teil hat man ihm im Rausch gestohlen, und den letzten Teil mußte er wegen verschiedener Händel als Strafe zahlen. Fortuna muß eingestehen, daß die Sache für Lumpacivagabundus nicht schlecht steht. Doch nun will sie Kmäh und Bum ein Glück von dauernder Art aufdrängen. – Ariette Brilliantina II, 18 („Erwartungsvolles Bangen“). – Am ersten Jahrestag treffen sich Bum und Kmäh wie verabredet im Gasthaus von Pantsch. Dieser gibt ihnen einen Brief von Leim. Darin schreibt er, er könne nicht kommen, weil er krank sei und durch Betrug all sein Geld verloren habe. Er habe jedoch vor einem Jahr 100 Taler bei Pantsch zurückgelassen, für den Fall, daß einer ein Reisegeld brauche. Sofort beschließen Kmäh und Bum, Leim dieses Geld auf Heller und Pfennig nach Nürnberg zu bringen. In diesem Moment erscheint Leim in der Wirtsstube. Mit dem Brief wollte er lediglich die Treue seiner Freunde testen, von der er nun überzeugt ist. Leim will beide mitnehmen und für sie sorgen. Die Freundschaft versichert Kmäh und Bum, daß Fortuna ihnen nicht zürnt und sie von nun an dauerhaft mit ihren Gaben überschütten will.
3. Akt
Mittlerweile ist Kmäh das ordentliche Leben in Nürnberg zu langweilig geworden. Gemeinsam mit Reserl will er deshalb durchgehen. – Lied Reserl III, 2 („O, die Männer stelln sich lamperlfrumm“). – Sie traut Kmähs Treue nicht und hat bereits einen anderen Mann gefunden. Bum vermißt das Wirtshaus und seinen regelmäßigen Rausch. Von Madam Leims Idee, er solle alle Schlosserarbeiten im Betrieb übernehmen, die Schlossermeisterwitwe heiraten und ein ordentliches Leben führen, hält er überhaupt nichts. – Lied Bum III, 6 („Die Mod ist bey d’Frauenzimmer, das ist gewiß“). – Obwohl er ungehalten ist über Kmähs Ansinnen, wieder auf Wanderschaft zu gehen, gibt Leim ihm 100 Taler. 100 weitere Taler will er für ihn anlegen für den Fall, daß Kmäh doch noch ein ordentliches Leben führen will, was dieser aber für ausgeschlossen hält. Den völlig betrunkenen Bum sperrt Leim im Haus ein, um ihn an einem erneuten Wirtshausbesuch zu hindern. Doch Bum flüchtet durch ein zerschlagenes Fenster. Wenig später treffen Bum und Kmäh sich wieder, von Fortuna und Lumpacivagabundus beobachtet. Beide Gesellen betteln sich durchs Leben, scheinen dabei aber sehr glücklich zu sein. Keinesfalls sind sie gewillt, ihr Leben zu ändern. Fortuna ist gezwungen, ihre Niederlage einzugestehen und ihre Einwilligung zur Hochzeit von Brilliantina und Poverinus zu geben. Poverinus lädt aus Dankbarkeit zur Feier auch Kmäh, Bum und das Ehepaar Leim ein.
Aus dem „Nestroy-Schauspielführer“ von Jürgen Hein und Claudia Meyer, Verlag Lehner