Nestroy-Spiele 1988

Der Schützling

16. Nestroy-Spiele Schwechat 1988 im Schlosshof der Rothmühle in Schwechat-Rannersdorf, 2320 Schwechat, Rothmühlstraße 5, im Juli 1988
Franz Steiner

Besetzung

  • Baron von Waldbrand, Minister Willibald Mürwald
  • Pauline, seine Gattin Helene Meissl
  • Julie Billdorf, seine Freundin, Witwe Susanne Urban
  • Präsident von Saalstein, ein Geschäftsfreund Martin Kubesch
  • Treffler, Kanzleirat Alfred Weinmann
  • Bart, Kanzleirat Karl Krumpholz
  • Fum, Sekretär Leopold Selinger
  • Bürodiener Martin Kubesch
  • Ein Spitzel Christian Rehak
  • Hebler, Betriebsrat im Eisenwerk Leopold Selinger
  • Last, Vorarbeiter Alfred Weinmann
  • Arbeiter Reinhard Charwath, Franz Fangel, Anton Grabmayer, Karl Riznar
  • Frau von Zollfeld Traude Selinger
  • August von Zollfeld, ihr Sohn Robert Herret
  • Reichtal Günther Rath
  • West Alfred Pummer
  • Schönfels Wolfgang Linke
  • von Werling Bruno Reichert
  • Gottlieb Herb, Schützling Franz Steiner
  • Pappinger, Arbeitsloser Andreas Bauer
  • Martin, Geselle Alexander Sommer
  • Nanny, Putzwäscherin Isabella Böhm
  • Staffelhuberin, Hausmeisterin Traude Selinger
  • Novak, Nachbar Alfred Weinmann
  • Kinder Poldi Selinger, Kerstin Kratzwald, Thomas Kratzwald, Alexandra Kratzwald
  • Gesellschaftsdamen Barbara Rittmann, Sylvia Daniel, Ulrike Sturm, Maria Krumpholz, Julia Höfler, Elisabeth Gauster
  • Regie Peter Gruber
  • Ausstattung Andrea Bernd
  • Musik Herbert Ortmayr
Susanne Urban, Helene Meissl

Pressestimmen

Wiener Zeitung, 3. Juli 1988: Zeitnah und menschenkritisch

Die 16. Nestroy-Spiele auf Schloß Rothmühle in Schwechat, wo auch die 14. Internationalen Nestroy-Gespräche stattfanden, bringen heuer (…) Aufführungen einer wenig bekannten Posse: „Der Schützling“. Auch dieser Nestroy ist menschenkritisch. Und die Zeitnähe betrifft sowohl das Entstehungsjahr (1847) als auch unsere Gegenwart.

Um die Beziehung dieser ernsten Komödie der Protektion zur Gegenwart deutlich zu machen bzw. herauszustellen, mußte natürlich Bearbeiterhand eingreifen. Aber der echte Nestroy-Ton mit seinen vielen bissigen Bonmots ist auf der ganzen Linie da, und insbesondere von da aus wirkt die Posse, wenngleich ihr dramatischer Ablauf nicht so brillant, manches Detail nicht so schlüssig ist wie in anderen Stücken des Wiener Aristophanes.

Das Ensemble St. Jakob hat für die Schwechater Nestroy-Spiele einen Aufführungsstil anzubieten, der die possenhaften Wesenszüge handfest zur Geltung bringt, ja sogar karikaturistisch-marionettenhaft steigert, so daß kein biedermeierlicher Realismus entsteht. Die Spielfreude tut ein übriges, um den Gedanken, daß es sich um ein Amateurensemble handelt, nicht zu stark aufkommen zu lassen.

Peter Gruber hat wieder in bewährter Weise Regie geführt, Herta Mocks Kostüme pointieren die Milieuechtheit der Nestroy-Zeit mit einigen modernen Nuancen und entsprechen somit ganz dem Stil der Aufführung. Die Gliederung, der Aufbau der Bühne ermöglicht ein Spiel von der ebenen Erde bis zum obersten Stock.

Eher mäßig ist die Musik geraten, das einzige Couplet kommt erst langsam in Schwung. Es ist Franz Steiner anvertraut, der wieder die Hauptstütze der Aufführung ist: Diesmal in der Titelrolle – als der durch Zufall protegierte „Aufsteiger“, der über sein eigenes Ich, über die Welt und die Leute mit kritischen Tiefblick meditiert und die Fragwürdigkeit der Protektion zu decouvrieren hilft. Steiner spielt diesen Gottlieb Herb, diesen „Schützling“, der im Mittelpunkt steht und die anderen rundherum oft nur zu Stichwortbringern werden läßt, auf richtig dosierte Nestroy-Manier. Neben ihm bildet Andreas Bauer als arbeitsloser Pappinger den Gegenpol einer saftigen Volksstückfigur. Und das Ensemble liefert viel trefflich akzentuierte Typen, die nur teilweise in zu laienhafter Wirkung steckenbleiben uns sich darin verkrampfen. (Norbert Tschulik)

Wochenpresse, 8. Juli 1988: Sie sind engagiert

Das ist halt in Schwechat so Brauch: Alle Jahre wieder bringen engagierte Laien unter der Leitung eines engagierten Profis ein Stück von Johann Nestroy zur Aufführung. Heuer haben sie sich für den „Schützling“ entschieden, die Geschichte des Gottlieb Herb, der wider Willen in den Genuß allerhöchster Protektion gelangt. Natürlich ist das ein immer aktuelles Thema; natürlich ist das gerade heute brisant, wenn Herb eine Eisenfabrik unter Einsparung von Arbeitsplätzen modernisiert. Auch Regisseur Peter Gruber hat das erkannt – und dann gnadenlos „aktualisiert“: Stichworte wie „VEW“ oder „Privilegienabbau“ schlagen mit der dumpfen Kraft von schweren Holzhämmern aufs Publikum hernieder; auch in der szenischen Realisation leuchtet zwischen Biedermeier und Moderne keine klare Linie durch die Gelsenschwärme. In Schwechat wird Laientheater gespielt. Das ist gut und manchmal auch witzig. Peter Gruber aber will mehr. Das ist so Brauch. (kra)

Kurier, 3. Juli 1988: Ein Manager von Nestroys Gnaden fordert die Reform

Riesige Rohre, wiederholt steht die Bühne unter Dampf: Johann Nestroys Posse „Der Schützling“ spielt zum Teil in einem Gußeisenwerk, ihr Held Gottlieb Herb ist ein genialischer Manager. Er hat, wie er meint, die Zauberformel der Industrialisierung gefunden: „Unbeschadet der Revenue des Herrn den Arbeitern Müh’ zu ersparen, ohne ihren Lohn zu vermindern.“

Nestroy, ein Turrini des Vormärz? Auch Minderleister, die sich dem Fortschritt verschließen, kommen in seinem Stück vor, dessen Possencharakter durch amouröse Verwicklungen gewahrt bleibt. Der Held selbst nimmt seine Fortschrittsgläubigkeit im Couplet zurück: „Ich schau’ mir den Fortschritt ruhig an und find’, ’s is nicht gar so viel dran.“

Es ist das einzige Couplet, das bei den Nestroy-Spielen in Schwechat beibehalten und leider, durch den Vortrag, verschenkt wird. Die Freiluftaufführung witzelt sich durch Textzutaten immer wieder an die Gegenwart heran, als handelte es sich beim Gewerke Finsterbach um Donawitz. Mitunter entsteht der Eindruck überraschender Aktualität – und dann ist die Pointe erst Marke Nestroy, Jahrgang 1847.

Peter Grubers Inszenierung setzt auch heuer die Spielfreude der Laientruppe mit Geschick und Gespür ein, durch den hohen Aufbau der Bühne zieht sich das Spiel in die Vertikale, einmal ist der Held gar oben beim Rauchfang im abziehenden Dampf. Der Text ist geschickt gekürzt, eine eingebildete Liebe ist nahezu eliminiert.

Den Schützling, der keiner sein will, verkörpert Franz Steiner, der Nestroy-Spieler des Ensembles, mit fast schon professionellem Elan. Zupackend in der Diktion, mit wendiger Körpersprache spielt er diesen Zerrissenen zwischen Kühnheit und Zweifel, Liebe und Enttäuschung. Die Klippe seines Talents, an der er scheitert, ist wie alljährlich das Couplet.

Dem übrigen Ensemble ist vor allem der gute Wille zu bescheinigen, bei Susanne Urban und Robert Herret blitzt schauspielerische Begabung auf. Die Aufführung ist gediegen, frei von Experimenten, sie nimmt den Dichter beim Wort. Wo sie über ihn hinausgeht, ist der Witz nicht immer vom Teuersten.

Das Publikum, ein Fressen für die zahlreich erschienenen Gelsen, fand Gefallen an dem Spiel. (Kurt Kahl)

Neue Kronenzeitung, 4. Juli 1988: Zaubermittel Protektion

Ein brisanter politischer Spaß, dem sich Nestroy vor den Argusaugen der kaiserlichen Zensur 1847 geleistet hat, feiert im Sommer 1988 bei den Nestroy-Spielen Schwechat unverminderte Aktualität. Auf der Suche nach dem anderen Nestroy entdeckte das Ensemble um Peter Gruber „Den Schützling“, und präsentiert Nestroys bösen Spott zum unsterblichen Thema Protektion.

Wer immer strebend sich bemüht, der bleibt sein Lebtag im Dachkammerl sitzen. Eine freundliche Empfehlung an der richtigen Stelle öffnet auf oft kuriose Weise den Weg nach oben. Das verkannte Genie Gottlieb Herb lernt die Wohltaten der Protektion allerdings völlig unerwartet kennen, purzelt ahnungslos die Karriereleiter hinauf und in eine Handvoll gesellschaftliches Verwicklungen.

Vor dem Hintergrund der industriellen Revolution herrscht zu ebener Erde bittere Armut und im ersten Stock dekadentes Treiben. Peter Grubers Inszenierung strickt aus einem oft dünnen Handlungsfaden einen in buntesten Farben schillernden Komödienabend. Gags und überraschende Pointen der Ausstattung nehmen Nestroys oft dünnem Witz die Lacher ab. Umso stärker zieht die Regie die politischen und sozialkritischen Konturen des Stückes nach, die so auch unserer Gegenwart einen kritischen Spiegel vorhalten.

Franz Steiner in der Hauptrolle sprüht in der Hauptrolle nicht gerade vor Witz, behandelt aber den hoffnungslosen Idealisten mit Fingerspitzengefühl. Als gelungene Karikatur eines reichen Söhnchens spaziert Robert Herret durch die Szene und Andreas Bauer als arbeitsloser Buchbinder setzt als voll – und vor allem schnapsblütige Nestroy-Figur entscheidende Akzente in einer sehenswerter Aufführung. (Konrad Kramar)

Arbeiterzeitung, 5. Juli 1988: Eine Maschine läßt Dampf ab

Großer Premierenerfolg für die 16. Nestroy-Spiele im Schloßhof Rothmühle bei Schwechat. Mit der Wiederentdeckung des 1847 uraufgeführten Stückes „Der Schützling“ hat sich Regisseur Peter Gruber einmal mehr als „Nestroyaner“ ausgewiesen. Die bisher wenig gespielte Posse steht unter der Aussage: Nestroy kommt und immer näher.

Wenn ein merkantiler Aufsteigertyp, durch „Verbindungen“ an die Top-Position eines Eisenwerkes gelangt, dort seine Talente zur Modernisierung, Rationalisierung und zum Leistungswettkampf schrankenlos einsetzt, so ist das der „Macher von heute“. Und das Strandgut der „Industriellen Revolution?“ Sitzt heute in verschämter Armut in Linz oder Steyr und wartet auf bessere Zeiten. Armut, Protektion und Korruption sind ohne Alter. Einer wie Nestroy vermag das klarzumachen, mit Witz, Ironie und jener Wehmut, die mit machtloser Empörung einhergeht.

Damit es nicht allzu bitter zugeht, sorgen naseweise Geschöpfe beiderlei Geschlechts für Verwirrung, Liebes- und Heiratssachen und ein glückliches Ende. Trotz der fröhlichen, unkomplizierten Inszenierung ist der Tiefgang des „Schützlings“ in Schwechat zu spüren. Viele gute Regieeinfälle und bemühte Schauspieler zeigen auf, wie attraktiv Theater im Sommer sein kann. „’s ist wirklich famos, wie der Fortschritt is groß“, resümiert Franz Steiner in der Rolle des vormärzlichen Managers Gottlieb Herb in seinem (leider einzigen) Couplet, und fürwahr, er hat recht! Auf der reich bestückten Bühne (Ensemble St. Jakob) läßt keine Maschine richtig Dampf ab. Wenn das kein Fortschritt ist?

Volksstimme 5. Juli 1988 / Niederösterreichische Rundschau, 6. Juli 1988: Champagnersäufer

Im 16. Jahr sind die Schwechater Nestroy-Spiele angelangt, und wiederum wurde erfrischend vorgeführt, daß es Alternativen zu verfälschten, süßlichen Nestroy-Possen, wie sie an Burg und anderswo üblich sind, gibt.

Das Laienensemble mit Profiregisseur Peter Gruber gab im Schwechater Schloß Rothmühle die 1847 entstandene Posse „Der Schützling“ einem Premierenpublikum, das den Funken der Theaterbegeisterung auffangen konnte, der von den nichtbeamteten Schauspielern ausging.

„Der Schützling“, eine der weniger bekannte Possen Nestroys, die Geschichte eines Protektionskindes, das keines sein will und Direktor eines Eisenwerkes wird. Gottlieb Herb, dem durch Hilfe der Ministergattin der Weg nach oben geebnet wird, sieht sich als Managergenie, mit großen Reformen soll der Laden in Schuß gebracht werden. Der Bezug zur Gegenwart ist brandaktuell, als das Werk verkauft werden soll. Zwar läßt Regisseur Gruber den potentiellen Käufer nicht aus der Sphäre der EG kommen – ein Typ mit stark amerikanischem Akzent tritt auf –, dennoch werden Mechanismen wie Kapitalkonzentrieung belegt. Das Stück hätte mehr Möglichkeiten geboten, politische Akzente zu setzen.

Brillant zeigte sich die Einrichtung der Bühne auf mehreren Ebenen. Die Haute Volé der Ministergesellschaft im ersten Stock – die Arbeiter am rauchenden Hochofen eine Etage tiefer. So wie es in der Realität eben auch ist: Champagnersaufende und froschschenkelfressende ÖIAG-Vorständler sitzen im wohlklimatisierten Aufsichtsratszimmer samt ihren Unterläufern, um über Arbeitsplätze zu entscheiden, während in Linz, in Donawitz geschuftet wird, um die Managergagen zu erarbeiten.

Der Regie Peter Gruber ist nicht nur ein sensibler Umgang mit dem Autor zu attestieren, vielmehr gelang es auch, die Laiengruppe zu besten schauspielerischen Leistungen zu führen. Franz Steiner als Gottlieb Herb war zentrale Figur des Abends und agierte im besten Nestroyschen Sinn. Ein Genuß, seinen Monolgen zuzuhören. Der arbeitslose Buchdrucker Pappinger war Spiritus rector der Protektionsaktion. Andreas Bauer meisterte diese Rolle bravourös, manch ein professioneller Possenreißer aus dem Genre Nestroy könnte sich seinen Teil abschauen. Helene Meissl zeigte, wie Ministergattinnen zu sein haben: Bestens gelang es ihr, diesen Typ Frau mit Hauptberuf Gattin zu karikieren.

Herta Mock gestaltete die Kostümausstattung, eine gelungene Arbeit.

Eine erfreuliche Überraschung war der Kauf des entsprechenden Programmheftes zum Stück: Ein mit viel Aufmerksamkeit zusammengestelltes Heft, das dem Leser Einblick in die Zeit der Entstehung des Stücks gibt. Das Ambiente, in dem das Stück entstanden ist, wird dargestellt, Zitate aus dem „Grenzboten“ (Jahrgang 1847) machen deutlich, unter welchen Bedingungen sich die Arbeitswelt im Vormärz gestaltete. Christl Bauer besorgte die ausgezeichnete Zusammenstellung des Heftes. (Clemens Staudinger)

Badener Rundschau, 7. Juli 1988: Nestroy – angriffslutig und unverblümt

„’s is’ wirklich famos, wie der Fortschritt is’ groß“, dies ist jenes resümierende, satirisch gemeinte Couplet, mit dem Johann Nestroy seine 1847 geschriebene Posse „Der Schützling“ – die dem Protektionsunwesen und der Feunderlwirtschaft zu Leibe rückt – ausklingen läßt.

Das Schwechater Theaterensemble Sankt Jakob – Nestroy-Spieler von hohem Format (unter der Regie von Peter Gruber) – hat mit diesem fast unbekanntem Stück wieder bewiesen, daß es wie keine andere Amateurtheatergruppe in unserem Land versteht, Nestroy kräftig-deftig zu interpretieren, ohne es auf oberflächliche und vordergründige Komöduantik anzulegen.

Die Premiere am 1. Juli fand vor ausverkauftem Haus statt, das Publikum vor der Freiluftbühne im Hof des Schlosses Rothmühle wurde in seinen Erwartugen nicht enttäuscht. Bei der Figur des „Schützlings“ handelte es sich um einen Intellektuellen ärmliches Herkunft namens Gottlieb Herb, der von Franz Steiner souverän dargestellt wurde. Gottlieb Herb will eigentlich echte Anerkennung seiner Leistungen, doch sind Aufsteiger aus dem Volk in der Übergangsphase vom Feudalsystem zum Industriezeitalter nicht gefragt. Erst als er gegen seinen Willen von der Frau des Ministers (aus einer Laune heraus) protegiert wird, steht seiner Karriere nichts mehr im Weg. Die vielschichtigen Konflikte vor und während des Aufstiegs Herbs sind es, die dem sozialkritischen Stück effektvoll Wirksamkeit verleiehn. Im Grunde handelt es sich um einen Stoff, der auch heute noch modern wirkt, was die zahlreichen, vom Publikum vielbeklatschten aktuellen Anspielungen auf jüngste Vorkommnisse in unserem Land beweisen. Dem Ensemble der „Jakobiner“ gelingt es, die politische Brisanz des Stücks voll auszuschöpfen.

Eine außerordentliche Leistung und fast eine Attraktion das Bühnenbild. Durch Aufstellung mehrerer horizontaler und vertikaler Metallröhren schufen die Liebhaberschauspieler in gemeinsamer Arbeit einen zweistöckigen, in mehrere Fächer geteilten Gebäudekomplex, in dem ein Gußwerk ebenso wie eine Feudalwohnung und Elendsquartiere ihren Platz fanden. (Leo Willner)

Niederösterreichische Nachrichten, 6. Juli 1988: „Der Schützling“ eine sehr kritische Nestroy-Posse

Mit der eher unbekannten Nestroy-Posse „Der Schützling“ gelang dem Ensemble „Sankt Jakob“ bei den diesjährigen Nestroy-Spielen ein Volltreffer. Vor zahlreichem Publikum fand am Freitag, 1. 7., im Schloßhof Rothmühle die Premiere statt. Das Ensemble um Regisseur Peter Gruber präsentierte Nestroys bösen Spott zum unsterblichen und auch in die heutige Zeit passenden Thema „Protektion“.

Auch in unserem Jahrhundert scheint Nestroy aktueller zu sein denn je. Die Uraufführung des Stücks erfolgte 1847. Nestroy benützte als Vorlage wahrscheinlich ein nicht fertiggestelltes französisches Lustspiel. Der brisante politische Inhalt des „Schützlings“ ist nicht sofort zu erkennen. Die versteckten politischen Anspielungen gilt es heutzutage wieder zu verdeutlichen. Dabei zeigt sich, daß der „Schützling“ vieles enthält, was uns auch heute etwas zu sagen hat.

So zeigt sich bei dem im Dachkammerl sitzenden Genie Gottlieb Herb, daß eine freundliche Empfehlung an der richtigen Stelle sein Leben grundlegend ändert. Er lernt die Wohltaten der Protektion, wenn auch völlig unerwartet, kennen. Sehr deutlich wird dem Zuschauer die bittere Armut zu ebener Erde und das dekadente Treiben im ersten Stock vor Augen geführt.

Sehr übersichtlich daher auch der szenarische Aufbau. Dazu eine mit viel Phantasie errichtete Bühne, die so richtig zu dieser Aufteilung paßt. Stellvertretend für alle seien hier nun einige Darsteller genannt. Allen voran Franz Steiner als Gottlieb Herb in der Hauptrolle, der nur etwas mehr aus sich herausgehen müßte. In den typischen Nestroy-Figuren weiters der arbeitslose Pappinger alias Andreas Bauer und Robert Herret als August von Zollfeld. Nicht zuletzt Isabella Böhm als Nanny. Anschließend ein Tip: Hingehen und ansehen. (O. Pehan)

Robert Herret