Geschichte der Rothmühle III
1863 kaufen die Direktoren der Klein-Schwechater Brauerei, Franz Aich und August Deiglmeyer, die als Verwalter der minderjährigen Halbwaise Anton Dreher II. fungieren, das Schloss samt Zubauten und den zugehörenden Grundstücken für ihren Mündel. Die Dreherische Gutsverwaltung lässt in weiterer Folge nur mehr die Felder des Landgutes Rothmühle bestellen.
Die zumindestens seit dem 13. Jahrhundert bestehende Mühle ist nun funktionslos, die Mahlwerke werden bald darauf abgerissen und das einstige Mühlengebäude wird später für industrielle Zwecke genutzt.
Im Schloss wohnen zu diesem Zeitpunkt nur mehr sechs Landarbeiter mit ihren Familien.
1867 pachten die Wiener Kaufleute Engel und Matura das zu dieser Zeit in sehr schlechtem Bauzustand befindliche Schloss von der Dreherischen Gutsverwaltung und errichten darin eine Schafwolldruckerei. Sie engagieren den Brüsseler Spezialisten Lambert Weykmann als Direktor und dessen Netten, Pierre Viel aus Paris, als Koloristen. Die Firma gerät jedoch nach kurzer Zeit in Zahlungsschwierigkeiten und geht schließlich in Konkurs.
Die Wiener Firma Jonas Fröhlich & Söhne kauft die bankrotte Fabrik um einen Spottpreis und verkauft sie anschließend gleich an den vormaligen Direktor Lambert Weykmann mit der Auflage weiter, dass dieser ausschließlich für die Firma Fröhlich produzieren muss.
1872 stirbt Lambert Weykmann nach kurzer Krankheit. Die Firma Jonas Fröhlich & Söhne übernimmt als Hauptgläubiger die Fabrik und erweitert sie durch Zubauten. Der frühere Kolorist Pierre Viel wird nun Direktor des Unternehmens.
Am 24. Dezember 1879 bricht im Schloss ein Brand aus, der im sogenannten „Druckerzimmer Nr. 5“, im linksseitigen Dachgeschoss, seinen Ausgang nimmt, bald darauf auf den Dachstuhl übergreift und schließlich den Großteil des Holzschindeldaches mitsamt dem Dachstuhl vernichtet. Die Löscharbeiten gestalten sich äußerst schwierig, da die an der Mühle vorbeifließende Schwechat bis in eine Tiefe von 50 cm zugefroren ist. Nur der rechtsseitige Schlosstrakt bleibt vom Feuer verschont.
Nach dem Wiederaufbau des Dachgeschosses, das nunmehr gehoben wurde, wodurch auch im Dachraum Druckersäle errichtet werden können, kann auch die Zahl der Arbeitnehmer erhöht werden. Bedruckt werden hauptsächlich Seiden-, Baumwoll- und Schafwollwaren in den verschiedensten Farben und in bis zu 20 einzelnen Druckvorgängen.
In den Jahren um 1900, die Firma ist inzwischen im Besitz von Arnold Fröhlich, einem der beiden Söhne des Vorbesitzers, werden in der Schafwolldruckerei im Schloss Rothmühle zwischen 300 und 400 Arbeiter (!) beschäftigt.
In den Jahren zwischen 1901 und 1910 ist dann ein starker Absatzrückgang zu verzeichnen. Nun werden hauptsächlich türkische Schals, Turbane und Umhängetücher bedruckt, wofür allerdings nur mehr sechs Modelstecher und 120 Drucker in Arbeit beschäftigt werden. Im Jahre 1907 übergibt der Direktor der Schafwolldruckerei, Pierre Viel, die Leitung der Firma an seinen Sohn, Ing. Pierre Viel, und zieht sich in seine französische Heimat zurück. 1917, im vorletzten Jahr des Ersten Weltkrieges, wird die Fabrik aus Materialmangel stillgelegt und kurz darauf liquidiert.
1920 pachtet die Wiener Lederindustrie AG die Fabriksräume im Schloss von der Dreherischen Gutsverwaltung und errichtet darin eine Lederfabrik. Sie erzeugt dort unter anderem auch das zu dieser Zeit hochbegehrte „Boxcalf-Leder“. Die Firma beschäftigt im ersten Betriebsjahr (1921) 61 Arbeiter, die 4.000 Kalbfelle verarbeiten.
Um 1930 beschäftigt die Lederfabrik in der Rothmühle bereits 275 Arbeiter und 35 Beamte, die zu dieser Zeit pro Jahr an die 500.000 Kalbfelle verarbeiten, aus denen Oberledermaterial für fast 3 Millionen Paar Schuhe gefertigt wird.
Am 7. Mai 1935 muss auch dieser Betrieb liquidiert werden. Die Wiener Lederindustrie AG. geht um den Kaufpreis von 700.000 Schilling in das Eigentum des Klagenfurter Lederindustriellen Dr. Hans Neuner über, der einen Teil der Maschinen abmontieren und nach Klagenfurt überführen lässt. Die restlichen Maschinen übergibt er der „Wiener Maschinenhandels A.G.“ zum Weiterverkauf.
In der Folgezeit werden die ehemaligen Fabriksräume von der Wünschek-Dreherischen Gutsverwaltung zu Arbeiterwohnungen umgebaut.
1944 wird im Schloss ein Kindergarten eingerichtet, der im selben Jahr vom Wiener Gauleiter Baldur von Schirach im Verlauf einer Inspektionsreise besucht wird.
7. Februar 1945: In der letzten Phase des II. Weltkrieges wird das bereits stark verfallene Schloss von US-Fliegerbomben getroffen, die einen Trakt des historischen Gebäudes zerstören und andere Bauteile schwerstens beschädigen. Im April 1945 quartiert sich dann noch kurzzeitig ein Stab der Waffen-SS im Schloss ein.