Geschichte der Rothmühle

Geschichte der Rothmühle I

1244 wird die Pfarrkirche St. Gilgen (,St. Ägyd‘) im damaligen Wiener Vorort Gumpendorf geweiht. Vogt der Kirche ist Ulrich Chapellen, ein „Waffengefährte“ Rudolf I. von Habsburg. Die Pfarre erhält daraufhin zu ihrer Finanzierung die Grundherrlichkeit über das Gebiet der (späteren benannten) Rannersdorfer Rothmühle verliehen. Es ist anzunehmen, dass die Errichtung einer Mühle auf dem genannten Areal in obenbenannten Zeitraum fällt. Die Pfarre St. Gilgen ist nun der Grund- und ,,Burgherr“ (der Herr der verborgt) des Gebietes. Die darauf erbaute Mühle und andere Gebäude sind jedoch Eigentum des jeweiligen Mühlherrn und können von diesem, mit Zustimmung des Burgherrn, auch weiterverkauft werden. Für die Grundpacht muss dem Burgherren jährlich eine bestimmte Geldsumme und oft auch zusätzlich genannte Naturalien als Abgabe bezahlt, ihm umsonst das Getreide gemahlen und transportiert werden.

Im Jahre 1291 kommt es zur ersten urkundlichen Erwähnung dieser Mühle im Zusammenhang mit einem Müller namens Meister Chunrat.

Am 27. Mai 1305 bestätigt „Ulrich, zu den zeiten pharrer der chirchen Sand Gilgen da ze Gumpendorf“, dass der Meister Chunrat (der nun als Chunrat der Mulner bezeichnet wird) und dessen Ehefrau Mehthilt für die Mühle, „die da leit oberhalben Swechent in dem grunde derhalben des wazzers“, der Pfarre St. Gilgen mit jährlich 6 Schilling Burgrecht (Pacht) zu dienen und den Hausbedarf seiner Pfarre an Getreide zu vermahlen haben.

Er beurkundet nun, dass Chunrat und Mehthild eine Hälfte ihrer Mühle an ihren Schwiegersohn Ulrichen von Rothenleymen als Morgengabe ihrer Tochter Margarete weitergegeben haben. Die Rothenleymen verkaufen aber ihre Hälfte der Mühle zum selben Zeitpunkt dem Perhtolden Pentzen, „Schaffer“ (Verwalter) des Herrn Eberhart von Walisse „in seinen maierhove da ze Swechent, und seiner hausvrowen vron Agnesen“ (der zweiten Tochter Chunrats) um 40 Pfund weiter, die ebenfalls eine Hälfte der Mühle als Morgengabe erhalten haben und durch den Zukauf der zweiten Hälfte nun die Alleinbesitzer der Mühle sind. Pfarrer Ulrich verleiht daher mit Zustimmung seines Vogtes Johannes von Chapellen das Burgrecht über die ganze Mühle dem Ehepaar Perhtolden und Agnesen Pentzen.

27. Mai 1305: „Pertholden und Agnes Pentzen“ werden als neue Besitzer bestätigt

Am 5. August 1335 werden Chunrat (der nun erstmals als Chunrat der Sachs bezeichnet wird, weil er vermutlich aus Sachsen eingewandert ist) und dessen Ehefrau Anna wieder als Teilbesitzer der „Mühle die da leit ze Swechent und haizzet in dem Nidern grunde“ genannt.

Sie verkaufen nun ihr Erbgut zusammen mit den weiteren Teilbesitzern, „Andre der Vreytel von Zwetel sein gesway“ (Lebensgefährtin) und seiner Hausfrau Agnes, weiters Alihait, „Pentzen wittibe (Pentzens Witwe) von Swechent“ und deren Töchter Elsepeth, Katrei, Anna und Agnes, mit der Zustimmung ihres „Purchherrn“, Jacob, Pfarrer zu Gumpendorf, um 160 Pfund an den Deutschen Ritterorden.

28. August 1335: In einer weiteren Urkunde zu diesem Verkauf wird angegeben, dass Chunrat der Sachse und Andre Freytel samt deren Hausfrauen für ihren gemeinsamen halben Anteil an der Mühle („ehemals Besitz des Perichtolz Pentzen, dem got gnad“) 82 Pfund alter Pfennige Wiener Münze erhalten haben.

Am 15. November 1335 bestätigen Erberhardt von Wallsee und die „Geschworenen von Zwettel“ den Verkauf der Mühle in einer weiteren Urkunde.

Die Mühle bleibt nun die nächsten 89 Jahre im Besitz des Deutschen Ritterordens, der sie selbst bewirtschaftet.

Aus dem Jahre 1360 ist der Ankauf einer größeren Wiese bekannt, die neben der Mühle liegt. Dies ist ein Hinweis darauf, dass die Müller auch Viehwirtschaft betreiben.

Die Bestätigung des Eberhardt von Wallsee und der „Geschworenen von Zwettel“ über den Verkauf an den Deutschen Ritterorden

Am St.Niklas-Tag des Jahres 1424 kauft Hans Nätter (auch „Natter“) die Mühle mit der großen Wiese vom Deutschen Ritterorden auf „Leibgeding“ („zu ihren Leben und Lebtag“) für sich, seine Ehefrau Anna und seine beiden Söhne Matthisen und Caspar, um zehn Schilling Wiener Pfennig. Als Zubehör der Mühle werden in dieser Urkunde „Wehr und Mühlsteine mit vier großen umgehenden Rädern“ erwähnt. Nach dem Vertrag fällt die Mühle, wenn alle vier Inhaber „mit dem Tod abgehen“, wieder an den Deutschen Ritterorden zurück.

1471 könnte der letzte der Nötters gestorben sein, denn in diesem Jahr scheint Mathias Feurer (auch „Fewrer“) als Mühlenherr auf. Feurer wird auch in einer weiteren Urkunde aus dem Jahre 1496 als Mühlenbesitzer angeführt.

1516 dürfte auch Mathias Feurer gestorben sein, denn in diesem Jahre rufen dessen Söhne, Siegmund und Valentin Feurer, wegen des hinterlassenen Erbes ein Schiedsgericht in Wien an. Die Wiener und der „Raynhardtsdorfer (Rannersdorfer) Prokurator“, Sebastian Trythandl, schlichten den Streit. Valentin, der ältere Bruder, erhält die Mühle „auf der Swechent als einzig liegendes Gut“, dafür muss er an Siegmund 300 Pfund Pfennig „in guter Landeswährung“ und innerhalb von sechs Jahren bezahlen.

Valentin Feurer überlebt den I. Türkensturm von 1529. Er wird 1534 in einer weiteren Urkunde erwähnt, worin der „Grunddienst“ an den Deutschen Ritterorden mit der Zahlung von insgesamt 4 Pfund und sechs Schillingen festgelegt wird. 1551 macht Feurer sein Testament, worin er den „Komtur“ des Deutschen Ritterordens als Vollstrecker einsetzt.

1553 wird Valentin Feurer in einem Urbar verpflichtet, an seinen Burgherrn jährlich ein Pfund Pfennige an „Steuer und Robot“ und „zwei gute, feiste und wohlgemästete Schweine“ abzuliefern. Kurz darauf dürfte er gestorben sein, denn noch im selben Jahr werden sein Sohn, Leopold Feurer, und dessen Frau Dorothea als neue Besitzer der Mühle in das „Gewährbuch“ der Pfarre St. Gilgen eingetragen.

Einige Zeit darauf stirbt auch Leopold Feurer, und nun wird dessen minderjähriger Sohn mit einer Geldsumme abgefertigt, die Mühle aber verbleibt der Witwe Leopold Feurers, Dorothea, und deren zweiten Ehegatten Mathäus Pluemberger.

1582, nach dem Tod Dorothea Pluembergers, heiratet deren Witwer wieder und läßt seine neue Ehefrau, Susanna Pluemberger, als Mitbesitzerin der Mühle eintragen. Zur Mühle gehört nun auch „ein Krautgarten, auf dem ein Keller erbaut worden ist“ und der „neben den Gründen von Paar und Mathes Haub“ liegt.
Mathäus Pluemberger stirbt bald darauf. Seine Witwe heiratet danach einen gewissen Bartolomä Plachenhüller, der aber ebenfalls bald stirbt.

Im Jahre 1586 verkauft Susanna Plachenhüller die Mühle samt dem Krautgarten (mit Keller), zwei Tagwerke Wiesen bei der Mühle, 49,5 Joch Äcker am Frauenfeld und vier Tagwerke Wiesen in Münchendorf an Hans Perchtold, „seiner Majestät Pfleger (Verwalter) in (Kaiser-) Ebersdorf“ und dessen Ehefrau Susanna um 3.000 Gulden.

Das Ehepaar Perchtold behält die Mühle nur für kurze Zeit und gibt sie dann an Johann Tegenther, „Klosterrat des Erzherzog Matthias“ (auch „designierter König von Böhmen“), und dessen Frau Margaretha weiter.

1593 wird die Mühle von Ambrossy di Ferrari erworben, welcher der Erbauer des Schlosses Rothmühle als befestigter Landsitz gewesen sein dürfte (ein Hinweis darauf wäre sein Familienwappen, das über dem Tor zur Schlosskapelle angebracht ist). Am 1. April 1606 wird Ambrossys Sohn Alexander di Ferrari geboren. Dieser dient später der Mutter des 1619 verstorbenen Kaiser Matthias als Schatzmeister und wird von ihr mit seinem Vater, dem Onkel und den Brüdern als Ferrari di Grado (auch „Ferrari de Gradi“) in den Adelsstand erhoben.

Das Wappen der Familie Ferrari de Gradi

Nach den Ferraris scheint ein gewisser Phillip de Arandagais als Besitzer des Schlosses und der Mühle auf, der, wie seine Nachbesitzer, aus spanischen Adelskreisen stammt.

1627 kauft Philipo Araizaga de Avandagno, „Römisch-kaiserlicher Majestätsrat und bestellter Obrister“, das Schloss samt Mühle.

1630 wird das Gut von Johann de Abeles (auch „Joan de Avilis“ genannt, der ein Angestellter des spanischen Hofes ist) und dessen Frau Anna Maria („eine geborene Roderiqu“) erworben. Zum Besitz des Landgutes Rothmühle gehören nun 60,5 Joch Acker am Frauenfeld und zwölf Joch an der Liesing, vier Tagewerke Wiesen bei Münchendorf, zwei Wiesen bei der Mühle und der bereits erwähnte Krautgarten.

Bald darauf kommt der Landsitz samt Mühle um 10.000 Gulden in den Besitz von Dr. Mathäus Müller, der als „Medizinae Dr. Comes Palatinus, kaiserlicher Majestäts- Hof- und niederösterreichischer Landschafts-Medicus“ fungiert.

1637 verkauft Dr. Johann Müller (vermutlich der Sohn des Vorbesitzers) das Schloss, die Mühle und die zugehörigen Grundstücke an „der römisch-kaiserlichen Majestät wohlgestallter obrister Lieuntenant“ Johann Vischer um 9.000 Gulden weiter.

Eintragung ins Matrikenbuch der Kirche „Maria am Anger“

Im Jahre 1640 wird im Matrikenbuch der Schwechater Pfarrkirche Maria am Anger (heute Pfarrfriedhof) unter dem Titel „Guetthäter deß Würdigen unser frauen Gottshauses“ eingetragen: „Ein Oberknecht auff der rothen müll hat verschafft 10 R(eichstaler)“. Dies ist die derzeit frühest bekannte urkundliche Erwähnung des Namens Rothmühle.

1658 scheinen Jakob Wolf Ossmüller vom Mühlfeld (auch „Wolfgangen Offmühler“) und dessen Ehefrau Anna Katherina als Besitzer der Mühle auf, die im Streit mit ihren Nachbarn um einen „Ablaß“ des Mühlbaches die Obrigkeit anrufen.

Zwei von Ossmüllers Müllern sind Kilian Lang (1673) und Christoph Kramer (1674), die, wie alle Müller seit der Herrschaft der Familie Ferrari, nicht mehr in der Mühle, sondern in der Ortschaft Rannersdorf wohnen. ln einer Urkunde vom 24. Dezember 1680 kommt es im Zusammenhang mit der Abrechnung von Pacht- und „Soldatengeldern“ zur abermaligen Erwähnung des Namens „Rothe Mühl zu Rännerstorf“ und am 5. August 1682 wird bei einem Rechtsstreit um einen Überlauf der Schwechat beim kaiserlichen Hof, der „Ablaß bei meiner Rothen mühl“ genannt.