Nestroy-Gespräche 2010: Referate (Exposés)

Spiegelung und Potenzierung bei Raimund und Nestroy

 

 

 

 

Jürgen Hein: Einführung

Die heuer bei den 38. Nestroy-Spielen aufgeführte Posse Das Gewürzkrämer-Kleeblatt führt uns im stil- und sozialgeschichtlichen Kontext der zeitgenössischen Aufnahme wie der heutigen Wirkungsmöglichkeiten ins Zentrum der Tagungsthematik der 36. Internationalen Nestroy-Gespräche: „Spiegelung und Potenzierung bei Raimund und Nestroy“.

Warum war das Stück im Februar 1845 kein Erfolg und erlebte nur vier Aufführungen (vgl. HKA Stücke 22, hg. von W.E. Yates)? War es zu „französisch“ und zu „anzüglich“? Waren es die zu sehr emanzipierten Frauen, die beim Publikum nicht ankamen, zumal hier eine Frau zeitweise die sonst männliche Kommentator-Rolle übernimmt (Susan Doering)? War es der fehlende psychologische „Tiefgang“? Oder missfiel Kritik und Publikum die Potenzierung des sprachlichen und szenischen Spiels durch Verdreifachung, Wiederholung, Parallelität, Nebeneinander und Gegenüberstellung, Spiegelung und Vervielfältigung, die Täuschung wie Selbsttäuschung sichtbar machen? Für Franz H. Mautner ist das „Lehrstück von der Selbsttäuschung […] ein ideell und technisch geglücktes, bühnenmäßig [aber] mißlungenes Experiment“. Die Intensivierung des Marionettenhaften, die das Individuelle reduziert und opernhafte Verwechslungselemente verstärken die Ambivalenz von Theaterroutine mit bewährten Versatzstücken einerseits und „moderner“ skeptischer Weltsicht mit Betonung des Schematischen andererseits.

Nach W. Edgar Yates suchte Nestroy nach dem Misserfolg von Die beiden Herren Söhne im Jänner 1845 nur wenige Wochen darauf nun sein Heil in einer „Flucht ins betont Spielerische“, was die Kritik freilich mit dem Vorwurf der „Monotonie“ in der Handlungsführung und der „Schlüpfrigkeit“ der Thematik nicht honorierte. Man lobte lediglich das Couplet in II,16 und das Quodlibet in III,8, tadelte aber u.a. die „rhetorischen Repetitionsfiguren“ und die wenig gemilderte „Laszivität“, die „Jux-Tendenz“ und den „pantomimischen Anstrich“: also gerade das forcierte theatrale Spiel – auch um seiner selbst willen. War das französische Original „frappant, witzig, geistvoll, originell“, sei Nestroys Bearbeitung „langweilig, witzlos, albern und gemein“. Nestroy sei „unter die fabriksmäßigen Übersetzer“ gegangen und in die Nähe der „dramatischen Eckensteher“ geraten, wo er nach seinen „geistigen Anlagen“ nicht hingehöre. Alles sei „keineswegs Nestroyisch“. Von Nestroy erwartete man Originalität und Erfindungsgabe, darüber hinaus „Moralität“ und einen Beitrag zur „Rettung der Volksbühne“.

Nach Yates beruht das bleibende Interesse an dem Stück, das auf dem Theaterzettel als „neue Posse mit Gesang“ und mit dem Untertitel Die unschuldigen Schuldigen angekündigt wurde, „auf der Thematik, die die Kritiker und Zuschauer der Biedermeierzeit befremdet hat“.

Und wie steht es heute um die Bedeutung des Zusammenspiels von Witz, Satire und potenzierter Theatralität? Wir dürfen auf die Schwechater Inszenierung des Gewürzkrämer-Kleeblatts und die Ergebnisse der heurigen Nestroy-Gespräche gespannt sein.

 

Andrea Brandner-Kapfer
Joseph Ferdinand Kalasanz Kringsteiner – Zur schlummernden Gegenwart eines Theaterdichters in der zweiten Reihe

Der 1775 in Wien geborene J. F. K. Kringsteiner (gest. ebenda 1810) gilt der Forschung als „Vergessener“ (Aufreiter 2002) „Vollender des Alt-Wiener Volksstückes“ (Rommel 1952) und wird zu den „Vierzig verschollene[n] österreichischen Literaten“, die Hahnl in seinem Band Hofräte, Revoluzzer, Hungerleider (1990) vereint, gezählt. Zudem seien besonders die Sittenstücke des Theaterdichters weitgehend aus dem Blick der Rezipienten – und dies betrifft Leser genauso wie Theaterbesucher – verschwunden, wie die Wissenschaft (Sonnleitner 2006) bemängelt, während die Parodien vereinzelt neu aufgelegt worden sind (Hein, Müller-Schwefe). Dabei werden Kringsteiners Stücke noch heute auf die Bühne gebracht (Othello, der Mohr in Wien, Laxenburger Kultursommer 1988 und Kammerspiele Wien), leider zum Teil in anonymisierter Form.

Im Referat wird Kringsteiners dichterische Vita mittels einiger Fragestellungen aufgerollt: Wer war Kringsteiner – wie konnte jemand, dessen biographischer Hintergrund von ausgesprochener Trostlosigkeit gekennzeichnet war, in seinen schriftstellerischen Produkten „echt wienerische[n] Frohsinn“ vermitteln, auch wenn diesen ein „Unterton ernster Sorge“ (Rommel) nicht abzusprechen ist?

Wie gestaltet sich das Oeuvre dessen, der als „Meister des Wiener Sittenstückes“ in die Theatergeschichtsschreibung eingegangen und der zudem als Parodist und Verfechter einer konsequenten Negation von Besserung in seinen eigenen Besserungsstücken der Forschung bekannt ist und dessen Lokalstücke als Bindeglieder zwischen der bürgerlichen Sittenkomödie eines Karl Friedrich Henslers und der Posse des Vormärz gelten?

Kringsteiner unterzeichnete, da er, im öffentlichen Dienste stehend, seinen Namen nicht angeben durfte, als „Verfasser des Zwirnhändlers“ seine Texte. Lediglich zwei der erhaltenen Texte wurden nicht gedruckt: Das Lustspiel Der Damenschneider und die Posse mit Gesang: Die Kreutzer-Kom(o)edie; beides Werke von außerordentlich komischer Kraft und deren bedingender Intelligenz, die nur scheinbar eines Druckes unwürdig anmuten – jene beiden Texte mögen veranschaulichen, wie sehr es Kringsteiner verdient, eben nicht „nur in der zweiten Reihe zu stehen“.

 

Lisa de Alwis
Zensieren des Zensors: Karl Glossys lückenhafte Übertragung (1897) von Franz Karl Hägelins Leitfaden der Theaterzensur (1795)

Über österreichische Theaterzensur des 18. und 19. Jahrhunderts ist wegen des Justizpalastfeuers im Jahre 1927 wenig Originalmaterial übrig geblieben. Daher müssen sich Wissenschaftler auf die Wiedergaben von Forschern des 19. Jahrhunderts stützen. Die Gefahr dabei ist, dass diese Forscher von ihrer eigenen Gesellschaft und von den Zeitumständen geprägt waren und uns deshalb zum Teil lückenhafte oder gar fehlerhafte Arbeiten überliefert haben. Karl Glossy, der zum Thema österreichischer Theaterzensur wohl die wichtigsten Ecksteine hinterlassen hat, ist ein solcher Fall: Der bekannte vom Zensor Franz Karl Hägelin verfasste Theaterzensurleitfaden ist in der von Glossy veröffentlichten Form unvollständig. Aus zwei wiederentdeckten Handschriften, vermutlich von so genannten Schreibern, die Glossy für das Abschreiben von Manuskripten angestellt hatte, ersieht man, welche Stoffe Glossy in seiner Veröffentlichung Zur Geschichte der Wiener Theatercensur ausgelassen hat. Hauptsächlich handelt es sich hier um sexuelle oder zweideutige Situationen auf der Bühne, die Glossy offensichtlich als zu anstößig beurteilte. Da verschiedene Forscher, die sich mit der Kulturgeschichte Österreichs beschäftigen, von Glossys Text ausgehen, scheint es wichtig, das Dokument zu ergänzen. Aus der Gegenüberstellung der wiederentdeckten Dokumente mit der Glossyschen Version wird eine Reihe von weiteren zu Hägelins Zeiten tabuisierten Themen ersichtlich, die zwar von ihm behandelt wurden, aber der bisherigen Forschung verborgen geblieben sind. Glossy, als Überbringer eines Dokuments aus älterer Zeit, wird selbst zum Forschungsgegenstand: Seine implizite Wertung durch Auslassung und somit Zensierung von Hägelins Schrift läßt Rückschlüsse auf die Lage seiner eigenen Zeit zu.

 

Gertrude Gerwig
„Les trois Marie“ – die Vorlage zur Posse „Der Schützling“?

Oft wird lange gesucht und ein zufälliger Fund führt dann zum Ziel. Johann Nestroy stellte bei seinem dritten Gastspiel in Berlin (7.Juli-4.August 1847) dem Berliner Publikum als letztes Stück am 2.August 1847 die Posse Der Schützling vor. Es war kein Erfolg und dementsprechend schlecht fielen auch die Kritiken aus. Eine dieser negativen Kritiken könnte zur Auffindung der Vorlage führen. In der von Friedrich Wilhelm Gubitz herausgegebenen Monatsschrift für Dramatik, Theater, Musik schrieb der Rezensent:

Der „Schützling“ nämlich ist ein fast Wort für Wort in Scene gesetzter französischer Roman, wenn ich nicht irre, les trois Maries von Masson; Alles, Alles ist aus demselben genommen, und Hrn. Nestroy’s Eigenthum an dem Stücke beschränkt sich auf die langweiligen Reflexionen und das über alle Maßen läppische Ende desselben. (Gubitz, Friedrich Wilhelm (Hg.): Monatsschrift für Dramatik, Theater, Musik, No.8, August 1847, S. 133)

John McKenzie weist in der Historisch kritischen Ausgabe (HKA) Der Schützling im Jahr 2000 auf eine im Deutschen Theatermuseum in München aufbewahrte Mappe hin, in der Nestroy Notizen gesammelt hat, die er vermutlich beim Lesen deutscher und fremdsprachiger Literatur niederschrieb. Zusätzlich enthält die Mappe einige längere Eintragungen unter der Überschrift „Notizen zur Handlung“. Unter diesen Notizen findet sich der Eintrag „Zum Plan der 3 M.“ (HKA Stücke 24/II, S. 133 f.) Diese Notiz und die Worte des Kritikers könnten somit zur Entschlüsselung der Vorlage führen. Les trois Marie (nicht Maries, wie der Kritiker schreibt) ist ein zweibändiger Roman von Michel Masson und Jean-Baptist-Pierre Lafitte, erschienen 1840–41 im Pariser Verlag Dumont; die deutsche Übersetzung von Wilhelm Ludwig Wesché Die drei Marien erschien 1841 bei Kollmann in Leipzig. Der französische Text ist, wie John McKenzie herausgefunden hat, über Google Books greifbar. Der zweite Teil des Romans in der deutschen Übersetzung konnte antiquarisch erworben werden.

Für den Vortrag werden sowohl der französische Text, als auch die deutsche Übersetzung und Nestroys Notizen herangezogen. Weiters auch ein französisches Werk Le Protégé. Comédie en un acte, mêlée de chant von Joseph-Bernard Rosier, ebenfalls erwähnt in der HKA Der Schützling (ebd. S. 132). Anhand dieser Unterlagen wird versucht, einen Vergleich einerseits zu Text und Handlung und andererseits zu den auftretenden Personen vorzunehmen.

 

Marina Gorbatenko
Nestroys Rezeption in Russland, oder: Wenn die Übersetzung auf viele Probleme stößt und die Interpretation an der Gattungsinkongruenz scheitert

Die Nestroysche „Fallgrubensprache“ (Höllerer), die unendliche Unterwasserströmungen bildet und selbst mit den Sprechenden spielt, ist eine wahre Herausforderung für jeden Übersetzer. Abgesehen von regionalen Varianten des Deutschen, die in einer anderen Sprache kaum zu wiedergeben ist, stellen die mehreren sprechenden Namen, Wortspiele und die gattungsspezifische Komik ein weiteres Problem dar, an dem die Interpretation Nestroys außerhalb Österreichs scheitert.

Es wurden bislang nur drei Nestroys Stücke ins Russische übersetzt – ein kurzes Intermezzo „Hinüber-Herüber“ (Übersetzung: 1880) und zwei Possen mit Gesang „Der Unbedeutende“ (Übersetzung: 1955) und „Freiheit in Krähwinkel“ (Übersetzung: 1992). 2006 kam Nestroy – zum ersten Mal! – auf die russische Bühne: das Moskauer Theater „Na Maloy Bronnoj“ führte eine vage Interpretation von Nestroys Posse „Einen Jux will er machen“ auf.

Eine vergleichende Analyse vorhandener Übersetzungen führte zu einer weiteren Interpretationsschwierigkeit. Die von Nestroy bevorzugte dramatische Gattung der Posse hat in der russischen Dramengeschichte eine verwickelte Entwicklung, was auch die Verbreitung von Nestroys Stücken verhinderte. Nur ein Bestandteil des österreichischen Volksstückes findet ein russisches Äquivalent, u.z. die komische Figur, die in der Darstellung von Skomorochen, Jahrmarktkünstlern im Mittelalter vorkam. Den größten Versuch der Wiederbelebung der Posse in Russland, hier als „fars“ bekannt, unternahm Vsevolod Meyerhold, dessen Interesse seit je den alten Volkstheatertraditionen in Russland, Italien und Spanien galt. Für Meyerhold stellte die Fars eine genuin theatralische Gattung dar und war aufs engste mit dem menschlichen Körper und der Idee der Schauspielkunst verbunden.

 

Jennyfer Großauer-Zöbinger
Das Leopoldstädter Theater (1781–1806). Sozialgeschichtliche und soziologische Positionierungen eines Erfolgsmodells

Der französische Soziologe Bourdieu nennt als eines der wichtigsten Charakteristika des literarischen Feldes immer dessen Heterogenität, die sich im Agieren der Literaturproduzenten manifestiert. Diese beziehen aufgrund der Verschiedenheit ihrer Merkmale eine bestimmte Position und verteidigen ihre Ansichten und Ausrichtungen vehement gegenüber anders Positionierten, sodass ein Kräftefeld entsteht, welches auf das literarische Feld angewandt eine Achse mit folgenden Endpunkten ausbildet: die auf den kommerziellen Erfolg abzielende Produktion für das Massenpublikum gegenüber der zweckfreien „reine Kunst“, die sich selbst genug, einzig auf Anerkennung unter den Produzenten ausgerichtet ist und wirtschaftlich wenig Ertrag abwirft.

Der Vortrag versucht vor dem Hintergrund des Feld-Konzepts Bourdieus (es wird einleitend in seinen Grundzügen erörtert) eine Positionsbestimmung für das Leopoldstädter Theater in den Jahren 1781-1806 vorzunehmen. Dieser Zeitraum ist identisch mit dem Wirken des Kasperl-Darstellers La Roche an genannter Bühne. Vorwiegendes Ziel ist die Erfassung der diachronen Struktur des Feldes, sprich das Aufzeigen jener zeitlich zurückliegenden Komponenten, die für die Ausformung des Feldes und die Platzierung des Leopoldstädter Theaters innerhalb desselben verantwortlich scheinen. Das Einwirken der protestantischen Geisteshaltung auf das kulturelle Feld Österreichs, die daraus resultierende Neudefinition des Theater als Bildungsinstitution (Diktat des Nutzens) und die folglich (um 1750) erlassenen gesellschaftspolitischen Verordnungen werden als strukturierende Prinzipien diskutiert sowie deren Auswirkungen auf die künstlerische Orientierung des Leopoldstädter Theaters untersucht.

 

Saskia Haag
Mit Erfolg zusammengestoppelt. Das Quodlibet auf dem Theater Raimunds und Nestroys

In seinen Possen verwendet Johann Nestroy neben dem Lied auffallend häufig auch das sog. Quodlibet als publikumswirksame Form der musikalischen Einlage. Anders als im Lied, das meist zur Exposition einer einzelnen Hauptfigur und ihrer Weltsicht beim Auftritt auf die Bühne dient, bringt das Quodlibet mehrere Figuren zu einer komplexen vielstimmigen Spielsituation zusammen. Der Aufforderung „Quodlibet“ entsprechend bietet diese Einlage ein Mischmasch von Melodien, Versen und Affekten verschiedenster Herkunft. Durchwegs an den dramatischen Höhepunkten der Posse kommt eine Form zum Einsatz, welche die Verwirrung durch das Einspielen fremden Materials potenziert, diesen komischen „Tumult“ der Stimmen jedoch zugleich organisiert.

Der Vortrag wird am Beispiel des Gewürzkrämer-Kleeblatts sowie anderer Possen der angedeuteten dramaturgischen Funktion des Quodlibet nachgehen und dabei auch die allgemeinere Frage nach der Konjunktur dieser barocken Spielform auf dem komischen Unterhaltungstheater des 19. Jahrhunderts stellen. Wird das Quodlibet traditionell als geselligkeitsstiftendes Carmen angesehen (etwa bei Hochzeiten), so lässt sich zeigen, dass die Quodlibets der Nestroyschen Possen ihrerseits als Medien theatraler Vergesellschaftung fungieren. Bindungsprozesse finden hier vor allem auf klanglicher Ebene statt, indem durch Assonanzen und Reime Differentes zum Gleichklang gebracht wird. Das „magische“ Mittel des Reims erlaubt es diesem Theater in der Nachfolge der älteren Zauberstücke, das konflikthafte Wirrwarr einer großstädtischen Moderne zu ordnen und in ein komisches Happy End zu verwandeln.

 

Jürgen Hein
Von der Handschrift zur digitalen Textbibliothek – ein Vorschlag

Lohnt es sich, Spieltexte zu edieren, wenn diese als Tagesware zumeist an den vergänglichen Aufführungsaugenblick gebunden waren?

Die Stücke des Wiener Volkstheaters sind in ihrer Mehrzahl bis auf wenige Ausnahmen – die  kanonisierten Autoren betreffend – unediert. Nach vorsichtiger Schätzung auf der Bais der Kataloge der Wiener Sammlungen handelt es sich um weit mehr als 6000 Texte unterschiedlicher Genres im Zeitraum von etwa 1800 bis 1870, von denen nur ein Bruchteil gedruckt vorliegt. Diese sollten in einem digitalen Archiv, einer „Textbibliothek des Wiener Volkstheaters“, ergänzt durch eine regestenartige Inhaltserfassung, dokumentiert und einer interessierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Als erster Schritt bietet sich neben den bereits vorhandenen Projekten die Dokumentation der Sammlungen „Wiener Theater-Repertoire“ und „Neues Wiener Theater“ an, in denen von 1853 bis 1890 über 550 Spieltexte erschienen sind.

Der Bericht weist auf den Medienwandel im Kontext der Veränderungen im Urheberrecht hin, berücksichtigt die Aspekte Medialisierung, Standardisierung (u.a. Einrichtung für Bühnen, Normierung der Dialektschreibung, Reproduzierbarkeit) und Kanonisierung und stellt Überlegungen zur Edition von Possen und Volksstücken. Darüber hinaus kann ein Blick auf den nationalen und internationalen Kulturtransfer der ‚Theaterware’ (Übersetzung, Adaption, Lokalisierung) geworfen werden. Ferner ist zu diskutieren, inwieweit die Musik – insbesondere die Liedeinlagen (vorhandene Lieddrucke) – als textbildendes und integrales Moment der Possen und Volksstücke berücksichtigt werden soll und kann.

 

Herbert Herzmann
Metatheater in der Wiener Vorstadt. Spiegelungen und das Spiel mit der Rampe: Raimund und Nestroy als Schlüsselfiguren in der Evolution des Theaters

Das barocke Theater war sich seiner selbst in hohem Maße bewusst. Die Theatermacher des 16. und 17. Jahrhunderts wussten um die Theatralität des Lebens und schufen ein Theater, das seine Rolle im „Welttheater“ fortwährend reflektierte. Die Folge waren das raffinierte Spiel mit Illusionierung und Desillusionierung, Spiegelungen und Potenzierungen, kurz: das Spiel mit der Rampe, das die Trennung von Zuschauerraum und Bühne bzw. von Wirklichkeit und Fiktion und mitunter auch die Trennung von Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft unterlief. Im 18.Jahrhundert drängten die Theatermacher dieses Spiel zu Gunsten einer objektiven Abbildung der Wirklichkeit zurück: Anstatt auf Illusionierung und Desillusionierung setzten sie auf Herstellung perfekter Illusion, die sie mittels der strikten Trennung von Bühne und Publikum herzustellen trachteten.

Während die in der Zeit der Aufklärung etablierte Guckkastenbühne bis in das späte 19. Jahrhundert in den Theatern dominierte, verstießen Raimund und Nestroy gegen den Zeitgeist, indem sie sich weiterhin die in Wien niemals aus der Mode gekommenen verspielten Techniken früherer Epochen zu Nutze machten. In einigen ihrer Werke spielten dabei einfache und potenzierte Spieglungen eine wichtige Rolle. Ein Blick von Raimund und Nestroy zurück in vergangene Epochen (Pierre Corneille) und nach vorne in das 20. Jahrhundert (Bertolt Brecht, Quim Monzó, Thomas Glavinic) soll die Bedeutung der beiden Wiener Vorstadtdramatiker innerhalb der Evolution des Theaters und als Wegbereiter der „Moderne“ verdeutlichen.

 

Galina Hristeva
Optimismus, Pessimismus und Skepsis im „speculum mundi“ des 19. Jahrhunderts

Die neulich erschienene Geschichte des Optimismus von Sandra Richter (Lob des Optimismus. Geschichte einer Lebenskunst, München 2009) repliziert auf Andreas Urs Sommers Die Kunst des Zweifelns. Anleitung zum skeptischen Philosophieren (München 2005), lässt aber auch eine weitere Lücke erkennen – das Problem des Pessimismus. Das somit entstehende Spannungsdreieck „Optimismus, Pessimismus und Skepsis“ ist insbesondere auf das 19. Jahrhundert zu beziehen, da es hier nicht nur zu einer Wiederaufnahme des Pessimismus kommt, sondern auch zu einer noch zu entwirrenden Aufeinanderfolge von Optimismus, Pessimismus und Skepsis, wobei „die Varianten“ und Variationen „unüberschaubar“ sind (Richter, S. 17).

Die Untersuchung stellt sich zum Ziel, wenigstens teilweise einen Einblick in das komplizierte und stellenweise prekäre Verhältnis zwischen Optimismus, Pessimismus und Skepsis im 19. Jahrhundert zu gewähren und es an drei repräsentativen, aber in weltanschaulicher, inhaltlicher und formaler Hinsicht wesentlich voneinander divergierenden Autoren zu überprüfen – an Goethe, Schopenhauer und Nestroy.

Für Goethe ist die Steigerung, das Fortschreiten zur Vollkommenheit und zur Vollendung, das große „Triebrad aller Natur“ (Goethe an Kanzler von Müller, 24. Mai 1828, zit. nach Dieter Borchmeyer: Schnellkurs Goethe. Köln 2005, S. 94). Zugleich ist auch Goethes Versuch belegt, das Prinzip der Steigerung mit dem Spiegel und dem Prozeß der Spiegelung zu verbinden. Da aber der Spiegel dem Blick eine unüberwindliche Schranke setzt, kann Spiegelung mit seinen Komponenten der Brechung und der Reflexion auch als ein höchst ambivalenter Vorgang und als Schnittstelle zwischen Pessimismus und Optimismus betrachtet werden. Für Goethe ist der Gegenstand „Spiegel“, mit dem die Physiker experimentieren, zwar kein Objekt der Polemik und des Spottes, mit denen er sonst den Physiker Newton überschüttet, aber von Ambivalenz und Distanz geprägt. Er hebt die Mängel des Spiegels sowie die Distanz zwischen den „Spiegeleien“ (vgl. „Spiegeleien unserer Physiker“. J. W. v. Goethe: Zur Farbenlehre. In: Ausgewählte Schriften über die Natur. Weimar 1961, S. 499) der Physiker und dem Subjekt durch den Hinweis auf die „wiederholte Spiegelung“ auf und kann so die Spiegelung aufwerten und zum Symbol der Harmonie der Welt erheben (vgl. Johann Wolfgang von Goethe: Wiederholte Spiegelungen. In: Goethes Werke, Bd. XII. München 1998, S. 322–323). Ästhetisierende und sinnzuweisende Manöver, an denen Spiegel und Spiegelung beteiligt sind, werden von Goethe auch eingesetzt, um seinen Geschichtspessimismus zu überdecken (vgl. über Goethes Geschichtspessimismus und Fatalismus die ebenfalls jüngst erschienene Monographie Walter Müller-Seidels: Schiller und die Politik. München 2009) und Geschichte aufzuwerten. Wiederholte Spiegelung konserviert Geschichte und potenziert sie „zu einem höheren Leben“ (Wiederholte Spiegelungen, S. 323) und neuer Fülle. Eine solche Geschichte entsteht aber im hermetischen Zwischenraum zwischen zwei Spiegeln, ihre Fülle erschöpft sich in der „ewigen“ Spiegelung „des Gleichen“. Diese folgenreichen Umdeutungen vollzieht Goethe in poetischer und essayistischer Form, besonders wichtig ist aber angesichts der zunehmenden Bedeutung und Wirkungsmacht der Naturwissenschaften im 19. Jahrhundert ihre Festlegung in naturwissenschaftlichen Schriften, z.B. in seiner Farbenlehre. Es zeigt sich also, daß die Grenzen zwischen optimistischer und pessimistischer Weltsicht nicht so starr sind, wie sie zunächst aussehen, und dass hier die Übergänge und Umschläge eine besondere Beachtung verdienen.

Die konservierende und reflexionsstimulierende Rolle der Spiegelung erkennt auch Schopenhauer. Auch bei ihm sind Spiegel und Spiegelung mit den damit verbundenen Momenten der Gegenüberstellung, Wiederholung und Potenzierung Instrumente, Bausteine und Formen der weltanschaulichen Konstruktion. Schopenhauers Schrift Über das Sehn und die Farben ist eine Reprise und Weiterentwicklung der goetheschen Farbenlehre, die jedoch deutliche Abweichungen von Goethe enthält. Spiegel und Spiegelung sind hier wie bei Goethe die Weltsicht fundierende Aspekte, auch die Tendenz zur Verinnerlichung ist wie bei Goethe vorhanden, im Vergleich zu Goethe wird aber das prekäre Gleichgewicht (vgl. etwa Goethes Polaritätsgesetz der Systole/Diastole) aufgegeben zugunsten der negativen Charakteristika. Die von Goethe u.a. auch mit dem Spiegelkonstrukt aufgebaute und aufrechterhaltene Dynamik wird suspendiert und durch ein statisches Weltbild ersetzt. Aber auch der Pessimist Schopenhauer stellt einen Ausweg aus dem Gefängnis der Welt, ein metaphysisches Refugium, zur Verfügung, in dem der Spiegel eine neue Rolle bekommt. Eine der Funktionen des Spiegels bei dieser Umorientierung ist die Beförderung der Idyllisierung und des ,Optimismus der Weltflucht‛.

Nestroy wurde oft mit Schopenhauer verglichen, ein Vergleich, der meist mit einer Abwertung einhergeht: er sei ein „Schopenhauer im Wurstelprater“ (Anton Kuh). Ist es nicht abwegig, Nestroy neben Goethe und Schopenhauer zu stellen, insbesondere dann, wenn Goethes und Schopenhauers philosophische und naturwissenschaftliche Schriften im Fokus der Untersuchung stehen, während Nestroy ,nur‛ Possen zu bieten hat? Die Untersuchung intendiert eine Rehabilitierung Nestroys auf der Grundlage des Optimismus-Pessimismus-Problems und eine Revision der von Mautner festgeschriebenen Auffassung von Nestroys Fatalismus (vgl. etwa die Auffassung, dass der Mensch bei Nestroy als „willenlose Marionette“ erscheint: Franz H. Mautner: Nestroy als Philosoph. In: Nestroyana 4, 1982 S. 39–49) mit Hilfe des Spiegel-Motivs und der Darstellung der Prozesse Spiegelung in Nestroys Werken.

Das Spiegelmotiv wird von Nestroy sehr sparsam verwendet, kommt jedoch an strategisch wichtigen Stellen in seinen Dramen vor. Anders als bei Goethe und Schopenhauer wird die Welt der Erscheinungen nicht gespiegelt, um sie zu ästhetisieren und zu harmonisieren wie bei Goethe, nicht mit Hilfe der Spiegelmetaphorik zum Niederschlag des Willens degradiert und verdammt wie bei Schopenhauer, sondern gespiegelt, um die Mißstände aufzuzeigen. Nicht Goethe, der für sein „gegenständliches Denken“ von Heinroth Lob erntete (vgl. Johann W. v. Goethe: Bedeutende Fördernis durch ein einziges geistreiches Wort. In: Ausgewählte Schriften über die Natur, S. 40–44), sondern Nestroy ist bei der Spiegelung der Welt eine realistisch-nüchterne, gegenständliche Sicht zu attestieren, begleitet von einer umfassenden Analyse der Mängel der Welt. Nestroys Sicht fehlen die sowohl bei Goethe als auch bei Schopenhauer vorkommenden Positivierung des Negativen und die Idyllisierung: der Wiener Dichter spiegelt und durchleuchtet die Welt, ohne sie neu aufzurichten. Der Charakter der Nestroyschen Werke als antibiedermeierliches, antiutopisches Programm, das sich gegen die Idealisierung und Idyllisierung stellt, kann am Spiegelmotiv erst in der Gegenüberstellung mit Denkern wie Goethe und Schopenhauer exemplifiziert werden. Es kann gezeigt werden, wie Nestroy die Spiegelung im Spannungsfeld zwischen Panharmonie und Schrecken, zwischen Ordnung und einer sich am Rande des Chaos abspielenden Dynamisierung ansiedelt. Wie bei der Entheroisierung und der Entmystifizierung spielt der Spiegel eine bedeutende Rolle auch bei den Prozessen der Enthermetisierung und Fragmentierung der Welt, denen Goethe und Schopenhauer in ihren Totalitätsbestrebungen mit Hilfe ihrer Spiegelkonstrukte mit aller Kraft entgegenarbeiten. Für Nestroy sind Spiegel Vehikel der rationalen Skepsis, womit er auf die durchlässigen Grenzen zwischen Pessimismus und Optimismus aufmerksam macht. Ähnlich wie der Skeptiker Timon v. Phlius demonstriert Nestroy mit Hilfe der Spiegelung, daß die Dinge in der Welt unbeständig sind und daß feste Überzeugungen und unverrückbare, unwiderlegbare Aussagen über die Welt wie bei Goethe und Schopenhauer nicht möglich sind. Nestroys Spiegel sind antidogmatisch: sie werten den Partikularismus und den Relativismus auf, die auf Wahrscheinlichkeit beruhen. Statt Verbindlichkeit und einer ultima ratio bieten die nestroyschen Spiegel ein Wechselspiel der Perspektiven und skeptische Isosthenie.

 

Henk J. Koning
Karl von Holtei und Ferdinand Raimund

Es gibt Tage, wo der Berliner von Raimund sagen durfte: er ist ein Narr! und wo der Wiener hinzufügte: aber doch ein lieber Narr! (Holtei, Vierzig Jahre)

Wiederholt kommt Ferdinand Raimund in Holteis Schriften vor: ob es sich nun um Vorreden zu Sammelbänden, autobiographische Notizen oder theoretische Äuβerungen handelt, der Name des berühmten Wiener Schauspielers und Theaterdichters taucht bis< ins hohe Alter bei Holtei auf. Holteis Meinung über Raimund, die nuancenreich und voller Sachkenntnis ist, soll, unter Mitberücksichtigung der Theaterlandschaft Wiens und Berlins, dargestellt werden, wobei Holteis Bestreben, in Berlin ein Volkstheater nach dem Vorbild des Leopoldstädter Theaters zu realisieren, diskutiert werden soll.

Holtei sah Raimund erstmals 1823 im Leopolstädter Theater bei seinem ersten Wienbesuch und widmet ihm in seiner Autobiographie nur einen Satz: „Ferdinand Raimund jedoch, noch nicht durch hochstrebende poetische Fantasieen aus der Bahn eines naiven Komikers gelenkt, verbreitete über alle Possen, in denen er auftrat, die Weihe, die nur der Genius spendet: die auch dann noch fühlbar bleibt, wenn er sich in niedern Sphären bewegt.“

Neun Jahre später, im April 1832, konnte Holtei Raimund aufs neue bewundern: diesmal auf den Brettern des Königsstädtischen Theaters in Berlin, wo jener bis Mitte Juni ein Gastspiel absolvierte und in eigenen Stücken auftrat. Holtei berichtet wie Raimund es nicht leicht hatte, beim Berliner Publikum anzukommen. Holteis andersgeartetes Urteil zu dem Raimund aus dem Jahre 1832 soll in Bezug auf die damalige Wiener und Berliner Theaterszene besprochen werden.

Im November 1834 finden wir Holtei und seine zweite Frau Julie Holzbecher am Josefstädter Theater, wo er mit seinem Melodrama Lorbeerbaum und Bettelstab entschiedenes Glück machte. Es ist nicht belegt, ob beide Bühnenkünstler einander erneut nähergekommen sind, aber Holtei spielte jetzt in dem Haus, wo Raimund lange Zeit die Zuschauer begeisterte. Jetzt ist Holtei in der Josefstadt zum Publikumsliebling avanciert. Holtei nennt Raimund in diesem Jahr nicht im Zusammenhang mit diesem Theater, weist jedoch in den kommenden Jahrzehnten immer wieder auf seinen Dichter- und Schauspielerkollegen hin: 1841 benutzt er als Motto zu Briefe(n) aus und nach Grafenort eine Strophe vom Aschenlied aus Der Bauer als Millionär, 1863 trifft sein Alter ego Wulff als vagabundierender Souffleur in Der letzte Komödiant Raimund persönlich und 1871 erscheint in Simmelsammelsurium ein Vergleich zwischen Raimund und Nestroy.

 

Marc Lacheny
Raimund in Frankreich

Im Zentrum dieses Referats wird zuerst die – eigentlich sehr dürftige – Präsenz Raimunds auf den französischen Bühnen bis heute stehen. Insgesamt erweist sich, dass dieser bis jetzt in den französischen Theatern noch weniger vertreten ist als Nestroy.

Dann wird an Hand von einer repräsentativen Auswahl Raimunds Behandlung in französischen Literaturgeschichten, Theatergeschichten und Wörterbüchern dargestellt werden. Sehr regelmäßig wird der Name Raimund mit Nestroy assoziiert, und diese Annäherung, die meist auf Kosten Nestroys geht, führt nicht selten zu Vereinfachungen, die einen differenzierten und nuancierten Zugang zu beiden Autoren erschweren, ja manchmal verhindern. Es besteht doch jenes populäre und hartnäckige Klischee (etwa in Romanbiografien, teilweise auch in literaturgeschichtlichen Darstellungen), dass Nestroy das zerstört hätte, wofür Raimund stand : das Altwiener Volkstheater. Man kann sich fragen, in wie weit das hier eine Rolle spielt und ob dieses Klischee in Frankreich übernommen wurde und tradiert wird.

Abschließend wird ein schneller Blick auf Raimunds Behandlung durch die französische Germanistik geworfen werden.

 

Marion Linhardt
„Häuchlerische Hinterdieohrenhabigkeit“ angesichts „tyrannischer Strengigkeiten“ – Weibliche Rollenspiele in Nestroys Gewürzkrämer-Kleeblatt und Shakespeares Der Widerspenstigen Zähmung

William Shakespeares Comedy The Taming of the Shrew und Johann Nestroys Posse mit Gesang Das Gewürzkrämer-Kleeblatt, angesiedelt in zwei verschiedenen populären Theaterkulturen, gewinnen ihr komisches Potenzial in erster Linie aus der Thematisierung von Geschlechterrollen, genauer: aus der Vorführung individueller Verhaltensweisen, die im Gegensatz zu den jeweils gültigen Vorstellungen davon stehen, welches Verhalten Männern und Frauen angemessen sei. Im Fall des Shakespeare-Stücks, das scheinbar zeigt, wie eine Frau durch „Zähmung“ zu einem Auftreten, ja Wesen erzogen wird, das die unbeschränkte Herrschaft des Mannes akzeptiert, hat sich hier eine breite feministisch ausgerichtete Debatte angeschlossen: propagiert das Stück die Unterdrückung der Frau, indem es eine Vertreterin dieses Geschlechts, die sich der Unterordnung (zunächst) verweigert, der Lächerlichkeit preisgibt? Diesem Argumentations­muster will der geplante Beitrag nicht folgen, da es, so die These, den Kunstcharakter des Gegenstandes mit seinen ganz eigenen, historisch und durch das Genre bedingten Gesetzmäßigkeiten zu wenig berücksichtigt.

Sich diesen Gesetzmäßigkeiten/theatralen Konventionen im Theater Shakespeares wie in demjenigen Nestroys zumindest anzunähern, ist Ziel des Beitrags. Für beide Stücke ist die Frage nach den theatralen Konventionen auch eine Frage nach dem Funktionieren des Komischen, das hier eben auf „weibliches“ und „männliches“ Rollenverhalten bezogen ist. Aufschlüsse für die historische Bedingtheit und für die Genrebedingtheit dieser Konventionen verspricht eine Auseinander­setzung mit der Bearbeitung der Shrew durch Johann Ludwig Deinhardstein, die als Die Widerspänstige im März 1838 in Wien Premiere hatte und die in doppelter Weise als Folie wirkt: sie hebt das „Volkstheater“ Shakespeares in die Zeit Nestroys mit ihrem spezifischen Geschlechterdiskurs, allerdings nicht in die Vorstadt, sondern ins Hofburgtheater.

 

Matthias Mansky
Komik und Satire im „feineren“ Lustspiel. Zu August von Steigentesch und Johann Hutt

Die Bemühungen der österreichischen Aufklärer um ein ‚regelmäßiges‘ und sozialpädagogisch wirksames Theater, die in der von Hilde Haider-Pregler ausführlich analysierten Wiener Theaterdebatte kulminieren, führen zu zahlreichen theoretischen Auseinandersetzungen mit der Komödie. In den Schriften Joseph von Sonnenfels’ und Christian Gottlob Klemms erweist sich vor allem das rührende Lustspiel als bevorzugte Gattung, die sich für die intendierte didaktische Funktion am besten eigne. Dennoch lässt sich bereits in den achtziger Jahren des 18. Jahrhunderts ein zunehmendes Interesse an einem ‚feineren‘ bzw. ‚höheren‘ Lustspiel konstatieren, das mit der Aufforderung einhergeht, sich erneut auf die Komik innerhalb der Komödie zu besinnen. In Vorreden und kleineren theoretischen Schriften beteiligen sich zahlreiche Burgtheaterdramatiker an dieser anhaltenden und durchaus überregional ausgerichteten Debatte um das deutschsprachige Lustspiel. Der Vortrag soll Quellenmaterial zu dieser theoretischen Auseinandersetzung referieren (z. B. Brandes, Madame de Staël, Sulzer, Collin, Jünger) und anhand der Stücke der heute in Vergessenheit geratenen Dramatiker August von Steigentesch (1774–1826) und Johann Hutt (1774–1809) praktische Umsetzungsmöglichkeiten diskutieren.

Der in diplomatischen Diensten stehende Steigentesch plädiert in seinen beiden Schriften Bemerkungen über das Lustspiel und Ueber das deutsche Lustspiel für einen Komödientypus, der durch Komik und Satire der Monotonie der bürgerlichen Rührstücke entgegenwirken soll. Dieses Anliegen wird auch in seinen Stücken greifbar. Knüpft Steigentesch in seinen frühen Dramen noch an Schröder und Kotzebue an, so beziehen seine Komödien in der Folge eine Gegenposition. Auch lässt sich in ihnen ein Zurücktreten der Handlung zugunsten des Dialogs erkennen. In Steigenteschs Lustspielen herrscht eine kontinuierliche Dramaturgie des kommunikativen Scheiterns, die erst am Ende bereinigt wird. Ähnliches gilt für die Dramen des heute völlig vergessenen Johann Hutt, in denen sich ebenfalls ein vordergründiges Interesse am Dialog konstatieren lässt. Beide Dramatiker sind als frühe Vertreter des Konversationslustspiels in Wien anzusehen.

 

Walter Pape
„Das Otello-Kleeblatt wird ein grimmiges Spectakel machen“ Dramatische Spiegelungstechnik

Bei Lessing heißt es: „die Komödie soll ein Spiegel des menschlichen Lebens sein“, und Schiller nimmt die Spiegelmetapher wieder auf: „Die Schaubühne allein kann unsre Schwächen belachen, weil sie unsrer Empfindlichkeit schont und den schuldigen Toren nicht wissen will – Ohne rot zu werden sehen wir unsre Larve aus ihrem Spiegel fallen und danken insgeheim für die sanfte Ermahnung.“ Der Ursprung des dramatischen Widerspiegelungkonzepts ist natürlich der seit der Antike diskutierte Mimesisbegriff. Dass diesem Konzept (und seiner marxistischen Verengung) die Vorstellung einer außerliterarischen objektiven Realität zugrunde liegt, macht es für eine moderne Dramentheorie nur auf den ersten Blick wenig brauchbar. Doch besteht zwischen dem aufklärerischen produktionsorientierten Diktum Lessings und dem rezeptionsorientierten des jungen Schiller ein Unterschied: Denn Schiller verwendet die Spiegelmetapher, wie sie z.B. im Grimmschen Wörterbuch als sprichwörtlich beschrieben wird: „die eigenschaft des gerätes, den sich beschauenden menschen auf körperliche mängel und fehler aufmerksam zu machen, wurde dann auch schon früh in bildlicher oder übertragener verwendung zu der moral in beziehung gesetzt“. Der Spiegelmetapher liegt die Vorstellung eines indirekten Erkenntnisprozesses zugrunde, bei dem die falsche (Selbst-)Wahrnehmung im Vergleich mit Ähnlichem korrigiert wird. Insofern dienen im Drama Spiegel- und Parallelfiguren im Handlungsprozess als wirkungsmächtiges Medium der Figuren­charakterisierung sowie der Verstärkung des dramatisch vermittelten Erkenntnisprozesses einer ‚Wahrheit‘ oder einer ‚Torheit‘. Noch Hebbel betont in „Mein Wort über das Drama!“ die Bedeutung der wechselseitigen Bedingungen und Spiegelungen für das „vollkommenste Lebensbild“.

Wie komplex die ‚Doppelgänger‘-Spiegelungen in Kleists Amphitryon gegenüber den traditionellen Vorlagen werden, ist bekannt. Dass aber auch ohne explizite Doppelgänger-Thematik gerade die Komödie bis hin zu Brechts doppeltem Puntila und besonders die Nestroys sich der Figuren- und Handlungs-Spiegelung nicht nur zur Erzeugung von Komik bedient, sondern dass in der Spiegelung ein System der Täuschungen im Spiel entlarvt wird, soll der geplante Beitrag zeigen. Ein konsequent durchgeführtes Beispiel dafür ist das „Otello-Kleeblatt“ mit seinen Ehefrauen im „Gewürzkrämer-Kleeblatt“, dessen Spiegelungsstruktur mit der anderer Stücke verglichen werden soll. Hier wird sich u.a. zeigen, wie sehr Raimund das Spiegelmotiv viel direkter einsetzt als Nestroy, so wenn Rappelkopf, nachdem er sich „in dem Spiegel“ erblickt, ausruft: „Pfui! das häßliche Gesicht, / Ich ertrag es länger nicht“ und „den Spiegel mit geballter Faust“ zerschlägt.

 

Matthias J. Pernerstorfer
„Raimund & Nestroy in der Schlossbibliothek Telč. Drucke, Manuskripte, Rollenhefte und Partituren

Das Adelstheater des 18. Jahrhunderts – von der Theaterbegeisterung des Grafen Franz Anton von Sporck bis zum ‚Esterházy’schen Feenreich‘ – stellt ein intensiv beforschtes Gebiet der Opern- und Theatergeschichte dar. Demgegenüber widmete man sich deutlich seltener dem Theaterleben auf den Schlössern des 19. Jahrhunderts. Als nicht mehr adeliges Repräsentationsbedürfnis in pompösen Festen, mit welchen besonders die italienische Oper assoziiert wird, zum Ausdruck kam, sondern privater, womöglich auch noch am bürgerlichen Theaterrepertoire orientierter Kunstgeschmack zu einer Theaterpflege führte, verlor das Adelstheater – meines Erachtens nach zu Unrecht – an Reiz.

Ähnlich verhält es sich mit den Schlossbibliotheken: Für die böhmischen Länder liegen zu drei Sammlungen mit wertvollen Beständen an Theatralia aus dem 18. Jahrhundert Kataloge vor (Český Krumlov, Křimice, Radenín). Die Schlossbilbiothek in Telč hingegen wurde bislang übersehen oder, weil ihre Theatralia weitgehend aus dem 19. Jahrhundert stammen, ignoriert. Dabei enthalten die rund 1000 Drucke, 300 Manuskripte mit dazugehörigen Rollenbüchern sowie knapp 50 Partituren äußerst interessantes Material – nicht zuletzt zu Ferdinand Raimund (u.a. immerhin vier Partituren: Der Barometermacher auf der Zauberinsel, Der Bauer als Millionär, Der Alpenkönig und der Menschenfeind, Der Verschwender) und Johann Nestroy (u.a. ebenfalls vier Partituren: Der böse Geist des Lumpazivagabundus, Die verhängnisvolle Faschingsnacht, Der Färber und sein Zwillingsbruder, Der Zerrissene).

 

Maria Piok
Helmut Qualtinger als Nestroy-Interpret

Dass Qualtingers schriftstellerisches Werk unübersehbare Affinitäten zu jenem Nestroys aufweist, ist mehrmals beobachtet worden; tatsächlich lassen sich in seinen Texten sprachsatirische Verfahrensweisen nachweisen, die eine eindeutige Zuordnung seines Werks zu einer eigenen Traditionslinie der österreichischen Literatur erlauben, die im Wiener Vorstadttheater des 19. Jahrhunderts ihren ersten Höhepunkt erreicht. Von Qualtingers intensiver Auseinandersetzung mit den Stücken Nestroys zeugen darüberhinaus seine Arbeiten für Theater, Film und Fernsehen: Qualtinger, der als Gymnasiast seine erste Nestroy-Rolle übernimmt und bereits in den 40er Jahren als Regisseur kleinerer Bühnen Possen des Autors bearbeitet und inszeniert, ist Zeit seines Lebens immer wieder in Nestroy-Stücken bzw. deren Verfilmungen zu sehen. In diesem Zusammenhang von besonderer Bedeutung sind seine Leseaufführungen, bei denen der Rezitator (neben Texten von Autoren wie Horváth, Soyfer und Kraus, deren Interesse für das Wiener Vorstadttheater vielfach belegt ist) mit Vorliebe aus Nestroy-Stücken vorträgt. Interessant ist dabei nicht nur die Auswahl – Qualtinger entscheidet sich, für ihn nicht untypisch, zumeist für wenig bekannte Texte –, sondern auch, wie es ihm dank der Modulationsfähigkeit seiner Stimme gelingt, im Alleingang eine Vielzahl von Figuren dem Publikum zu präsentieren. Die Lesungen, in denen Qualtingers eigene Auslegung des jeweiligen Texts stets mit eingeflochten ist, geben Aufschluss darüber, auf welche Aspekte sich das Hauptaugenmerk des Vortragenden richtet – auffallend ist dabei, dass Qualtinger einerseits Wert auf die Bühnenwirksamkeit seiner Rezitationen, andererseits auf das Hervorheben des satirischen Gehalts des jeweiligen Texts legt.

An der Lesung des Confusen Zauberers (1983) kann exemplarisch gezeigt werden, wie Qualtinger versucht, den Text für seine HörerInnen zu aktualisieren, ohne merklich von der Vorlage abzuweichen, und durch den gezielten Einsatz von paralinguistischen Mitteln die Besonderheiten der Nestroy’schen Sprache zu verdeutlichen. Die Möglichkeiten des mündlichen Vortrags – etwa das Spiel mit prosodischen Merkmalen wie Akzent, Rhythmus, Lautstärke und Sprechgeschwindigkeit – erlauben es dem Rezitator, das auf der Bühne wenig wirksame und auch zu Nestroys Zeit nicht erfolgreiche Stück publikumsgerecht zu präsentieren: Den Figuren wird jeweils eine eigene Sprechweise zugeordnet, sodass sie (ungeachtet der inkonsequenten Figurenkonzeption und vielschichtigen Handlung) stets klar unterschieden und wiedererkannt werden können; gleichzeitig erzeugt Qualtinger über die Art und Weise des Vorlesens Stimmungen, beeinflusst Wertungen des Publikums und lenkt die Aufmerksamkeit auf zentrale Passagen der Figurenrede. Varietätenspezifischen Charakteristika und dem Wechsel zwischen Stilebenen wird besonderes Gewicht beigemessen: Qualtinger lässt seine Figuren mit unterschiedlicher Färbung sprechen, wobei er immer wieder standardsprachlichen Repliken stark wienerisch gefärbte Äußerungen gegenüberstellt und überzeichnetes Pathos mit alltagssprachlichen Sprechweisen kontrastiert. Mit der Hervorhebung des spielerischen Umgangs Nestroys mit der Sprache (die bei einer Lesung schon aufgrund der Reduktion optischer Eindrücke im Vordergrund steht) verschärft Qualtinger nicht nur die komische Wirkung, sondern akzentuiert auch das satirisch-kritische Potential des Texts.

 

Peter Planyavsky
Parodistisches Orgelkonzert

Das Programm des Schwechater Konzertes wird einige Orgel-UVMs („Unverdient Vergessene Meisterwerke“) bieten, zum Beispiel:

  • Robert Clochard Croissant – Aus dem „Livre d’Orgue, ganz Orgue“
  • W. A. Mozart – Vier Stücke für die Trompetenuhr (KV deest)
  • J. S. Bach – Toccata reloaded
  • John Shrimp – Choralvorspiel „Götter funken Freude schöner“
  • Wolfgang Wegen – Wegen Wolfgang (aus den 61 Aphorismen für Orgel)

 

 

 

 

 

 

Karlheinz Rossbacher
„Heuer gibts Obst oder keinen Gott.“< Die Briefschreibekunst des Alexander von Villers

Alexander von Villers (1812–1880) war französisch-deutsch/sächsischer Herkunft. Nach turbulenten Kinder- und Jugendjahren wurde er Diplomat in Diensten des Königreiches Sachsen, ab 1853 an der Botschaft in Wien, ab 1860 als Legationsrat. Im Jahre 1870 trat er wegen anhaltender Differenzen mit seinem Vorgesetzten in Ruhestand. Er erfüllte sich einen lange gehegten Wunsch und pachtete auf Lebenszeit ein Anwesen in Neulengbach in Niederösterreich. Er bewirtschaftete es mit wenigen Helfern und erfreute sich immer aufs Neue an den Früchten seiner Arbeit. Am Abend schrieb er an eine kleine Anzahl von Freunden Briefe, die nach seinem Tode einer der Adressaten, Rudolf Graf Hoyos, als „Briefe eines Unbekannten“ herausgab. Wegen des großen Echos, das sie fanden, kam einige Jahre später ein zweiter Band hinzu. Die Standardausgabe stammt aus dem Jahr 1910. Im 20. Jahrhundert gab es immer wieder Auswahlbände, der neueste, herausgegeben und eingeleitet von Constanze und Karlheinz Rossbacher, ist im Jahr 2010 im Wiener Verlag Johann Lehner erschienen.

Zahlreiche Zeitgenossen und spätere Leser, unter ihnen z. B. Hugo von Hofmannsthal, Heimito von Doderer und Walter Kappacher, schätzten und schätzen diese Briefe. Schon immer gerühmt wurde Villers‘ unangestrengte, elegante Sprache, desgleichen seine weit gespannten Interessen und seine Kunst, den Briefpartnern seine Lebenslinie vom urbanen aristokratischen Salon hin zum landbebauenden Liebhaber von Musik, Sprache und Literatur zu vermitteln. Der Weltmann wurde Landmann. Er war ein dezidierter Vertreter des Individualismus des 19. Jahrhunderts, der als ein Ringstraßenflüchter und früher „Grüner“ sein Leben zum Kunstwerk stilisierte.

Alexander von Villers erwähnt Johann Nestroy in einigen Briefen, ohne Nennung einzelner Stücke. Dass er mit einer Reihe von ihnen vertraut war, ist offenkundig. Denn Briefpartner Friedrich von Warsberg, im Gegensatz zum leidenschaftlichen Zuhausebleiber Villers ein bekannter Reiseschriftsteller, hat überliefert, dass Villers Johann Nestroys Bühnenhabitus imitieren konnte. Mit Nestroy teilt Villers eine Neigung zu Wortwitz und Sprachspielen; das Hauptmerkmal seines Stils sind sie indes nicht. Vielleicht lässt sich die These vertreten, dass der Sachse Villers, ein Gegner Preußens und Bismarcks, sich bei seiner von Zeitgenossen bezeugten Ver-Österreicherung und Ein-Wienerung auch von Nestroy inspirieren ließ.

 

Franz Schüppen
„Allgemeiner Frieden in Europa“ Zum Ausgang von Nestroys „Gewürzkrämerkleeblatt“ (1845)

Meine Methode ist einfach: ich erzähle akzentuierend nach und bemühe mich, dazu auch überraschende Vokabeln und Ideen zu finden.

Da das „Gewürzkrämerkleeblatt“ nicht zu den großen Stücken Nestroys gehört, will ich es benutzen, um auf einen von Nestroys unauffälligen „Dramenausgängen“ hinzuweisen, die Friedrich Sengles „Biedermeierzeit“ 1982 mit der damals beliebten „Gesellschaftskritik“ in Zusammenhang brachte. (III,217-222).

Den Gewürzkrämern, „drei starken Fünfzigern“ (und eventuell Brumm, dem Vormund Luises) stehen von vornherein sechs jugendliche Mitspieler gegenüber: zwei „Mussis“, die als Commis in den Kramläden tätig sind und die drei Ehefrauen als „schwache Zwanzigerinnen“. Nicht nur die alten Männer mit den jungen Frauen deuten auf einen klassischen Konflikt – zumal in der dreifachen Form, die stets eine doppelte Spiegelung erlaubt, – sondern auch die jungen Männer ohne Frau, die doppelt erscheinen und beide auf eine unbekannte, aber – wie es scheint – trotz Abwesenheit in der Residenz in den näheren Umkreis beider Betroffener gehörende Luise fixiert sind, die den dritten Akt bereichert. Die Mussis bilden ein Gegensatzpaar, das irgendwelche Art von Potenzierung durchaus verspricht und innerhalb dessen Peter zwecks Karriere auf Organisation des Üblichen in üblicher Weise und Victor auf überraschende Franktireureinbrüche spezialisiert ist, von denen man kaum vermutet, dass sie die Lage nachhaltig verändern könnten, es aber hier noch tun.

Victor ist bei Baumöhl eingetreten und beeindruckt dessen Kunden durch Charme und flotte Bedienung. Baumöhls Freunde werden sofort hellhörig. Peter weiß, dass es zu den wichtigsten Spielen des Kleeblatts gehört, den beiden Freunden die drohende Untreue ihrer Ehefrauen unübersehbar zu machen. Dass die jeweils betroffenen Ehemänner, wenn überhaupt, dann langsam reagieren, verlängert nicht nur den Vorgang, sondern gibt ihm auf dem Theater Chancen zu mancher Pointe. Theater und Schauspieler haben hier ihren Ort, insbesondere durch variiertes Beiseite-Sprechen.

Verführt Viktor also Madame Euphrosine Baumöhl? Cichori und Schwefel werden es verhindern. Es gelingt ihm freilich, mit der Prinzipalin nicht ganz folgenlos zu diskutieren. Er bemühte sich um einen Jahresvertrag, da er bei der Prinzipalin die Locken seiner Luise sah, denn Luise sieht er in jedem Weibe. Der Dame erzählt er alte Geschichten, bei denen sie nachdenken muß, durch unklare Geheimnisse ein wenig unter Druck gesetzt wird. Victor bekommt einen zweiten Prinzipal trotz des Jahresvertrags, aber als Schwefel und Baumöhl feststellen, dass Victor nun mit Porcuncula Cichori ins Gespräch kommt – nachdem er zunächst ihre Opernarien dem Gesang seiner Luise verglichen hat und extrem gelobt und sich sogar an ein Porträt von ihr zu erinnern glaubt, dass – erkennt die Betroffene allerdings, als Kinderbild Aufschluss über das Alter der Künstlerin gibt – ist Porcuncula am Kommis und seinem Handeln und Reden mehr als durchschnittlich interessiert.

Nach neuem (noch nicht öffentlich gemachten) zweitem Wechsel des Prinzipals scheint die Sache noch einfacher; denn Adelheid Schwefel hatte tatsächlich eine große Liebe vor der Ehe und Briefe besitzt der überall rührige Victor wohl wirklich. Während des großen Dîners zum Geburtstag Cichoris wird er deshalb in ein Magazin verschlossen, statt die Möglichkeit zu behalten, die Männer zwischen ihren Frauen zu beunruhigen. Er hat versucht, ein Rendez-vous mit Adelheid Schwefel im soeben von seinem Schulkameraden Peter ererbten Haus per „Urias-Brieflein“ zu arrangieren und durch eine Alabastervase zu transportieren. Die Sache wird entdeckt. Der Weg ins Magazin fällt ihm aber nicht schwer, denn die Adresse zeigt: Es liegt neben Peters Haus, dem Ort des Rendez-vous. Mehr oder weniger könnte alles wunderbar erledigt werden.

Die Realisierung zeigt der Schluss am dritten Spielort im dritten Akt auf wenigen letzten Textseiten:

1.Peters Haus wird von Luises Vormund mit ihr – die sich sträubt – besichtigt. Der alte Brumm hat gegen die Liebenden freilich keine Chance. Wirkliches Gefühl setzt sich durch.

2. Nachdem Viktors Rendez-vous-Einladung bekannt wurde, fühlen sich alle drei Gewürzkrämergattinnen betroffen und eilen in Peters Haus, obwohl ihre Männer sie aus der Schusslinie nehmen und nach Hause bringen oder bringen ließen. Sie sind dann durchaus helle genug, – sie haben es ja faustdick hinter den Ohren! -auf Damenfopperey zu erkennen.

3. Peter warnt sie aber vor ihren Männern, die er bei dem missglückenden Dîner bediente und beobachtete und für sehr gefährlich hält. Rache bleibt in der Tat das Hauptgeschrei des Männer-Terzetts, dass Vitalität aus Shakespeare kennt. Wegen der Abwesenheit der Frauen in Verstecken geht man aber wieder zu den üblichen (Wiener) Melodien übergeht: Nix geschehen, einmal ist keinmal, meine ist die beste und tut so etwas nicht. Das wird am Schluss wiederholt. Damit man sieht: Geändert hat sich nichts. Als die Spießbürger zwecks Kontrolle wiedererscheinen müssen, wissen sie sich jetzt jedoch gegen den Hausmeister trotz Drohung mit der Polizei zu helfen. Der allgemeine Frieden in Europa ist erreichbar.

4. Victor steigt im allerletzten Augenblick durchs Fenster und übers Dach, nachdem alles ruhig und friedlich ist – „in Europa“, wie Peter modern zu sagen weiß; denn seit Napoleon kennt man es ja. Luise und Viktor stürzen sich in die Arme und werden vom Vormund verlobt. Peter hat weiter Mühe: Er muss das Problem lösen, möglichst kurze Zeit Hausbesitzer ohne Hausfrau zu bleiben.

Jugend und Alter standen sich auf keinen Fall gegenüber, sondern Konvention und Natur. Die Konvention erhält sich dauerhaft, Natur aber ist durchsetzungsfähig. Geistesgeschichtlich wird Realismus noch einmal (kurz vor der Revolution) durch Romantik besiegt, Wissenschaftliches durch Märchenhaftes, während der geistesgeschichtliche Paradigmawechsel schon in Gang gekommen ist. Der neue Positivismus ist nüchtern, schematisch, kalt, von gesellschaftlichen Bedingungen bestimmt. Der klassische Romantiker hat seelische Substanz, die wirksam bleibt, gegenüber allem, was man wunderbar in seiner gesellschaftlichen Stellung entlarven kann. Poesie ist besser als Prosa. Das einfache Stück trägt seine Geistesgeschichte in seinem Ausgang: Unsere Romantik war schön. Sie ist aber dabei zu verschwinden. Das ergibt sich aus Annäherung der raffinierten und in sich hinreichend amüsanten Bühnenstrukturen an die denkbare Realität.

Unter Vorbehalt von Nachprüfung möchte ich sagen: In Nestroys Victor haben wir hier seinen letzten Romantiker vor uns, den der Romanist vergnügt mit Victor Hugo, Europas bald (vom kleinen Napoleon) nach Jersey und von den Engländern nach Guernsey verbannten letzten Romantiker, verbinden kann. Wien lag 1845 im Zentrum Europas. Bismarck Victor Hugo die Rückkehr nach Paris ermöglichen.

 

Soirée von und mit Andreas Schmitz und Claudia Meyer
Ich bin so klug, mir graut vor mir
Die ganze Wahrheit über Johann N.

Basisinformationsveranstaltung des Instituts für mathematische Literaturwissenschaft Bad Kohlgrub (D) mit dem Institutsleiter Prof. Dr. Ge. und dem Zeitzeugen Bartholomäus Pfutsch

Mit Prof. MA Dr. rer.-nat. Dr. h.c. mult. Ge. Bakk. phil. konnte der führende Wissenschaftler auf dem Gebiet der mathematischen Literaturwissenschaft für diese Veranstaltung gewonnen werden. Er studierte Germanistik, Anglistik, Romanistik, Slawistik, Finnougristik, Japanologie, Ägyptologie, Geschichte, Archäologie, Biologie, Chemie, Biochemie, Genetik, Medizin, Physik, Mathematik, Betriebswirtschaft mit Schwerpunkt Soziales Management, Volkswirtschaft, Theologie, Philosophie, Psychologie und Jura in Karlsruhe, Bilbao, Wien, Berlin, München, Bologna, Tokio, Sarajewo und Paris. Bereits während seiner Studienzeit übernahm er mehrere internationale Lehrtätigkeiten. In seiner ausgezeichneten Dissertation entwickelte er eine Lösung für das Problem der Leistungsspektrumsbestimmung in abgeschlossenen halbleiterbasierten Vakuumsystemen, die er später erfolgreich auf die Literaturwissenschaft übertrug. Nach seiner Habilitation gründete er das Institut für mathematische Literaturwissenschaft in Bad Kohlgrub, dessen Leiter er seither ist. Das Institut widmet sich insbesondere der Leistungserrechnung von Literaten mit erhöhter Mortalität. Als Leiter dieses renommierten Instituts hat er bereits zahlreiche einschlägige, auch international beachtete, Publikationen verfasst. Eine Auswahlbibliographie finden Sie auf der Institutsseite: www.institut-fuer-mathematische-literaturwissenschaft-bad-kohlgrub.de

Bartholomäus Pfutsch (*1804 in Baden bei Wien) ist ein Jugendfreund Nestroys.

 

Mathias Spohr
Raimund und Nestroy – der Vanitas-Überwinder und der Vanitas-Erneuerer

Das Referat möchte nicht, was oft geschieht, einen modernen Nestroy einem „altmodischen“ Raimund gegenüberstellen, sondern gerade das Umgekehrte. Es vertritt den Standpunkt, dass Nestroy von den beiden Dramatikern und Darstellern eigentlich der konservativere ist.

Von der Vanitas-Thematik (dem Bewusstsein von Eitelkeit und Vergänglichkeit) gibt es seit dem Mittelalter zwei Varianten: die satirische und die melancholische, gewissermaßen als Gegensatz zwischen Fasching und Fasten. Die Faschingsposse und die Renaissance-Satire sind Traditionen, in denen sich auch Nestroy noch befindet. In dieser Hinsicht ist er durchaus nicht modern.

Raimund dagegen ist in vielem ein Aufklärer, der zaghaft den Vorwurf der Vergänglichkeit und Eitelkeit alles Menschlichen in Zweifel zieht. In seinem Aschenlied gibt es etwas, was „kein Aschen“ ist: die bürgerlichen Werte. Dieses Fazit hätte Gryphius in seinen „Ubi sunt?“-Gedichten noch nicht gewagt.

Natürlich ist Raimunds Position verletzlicher als diejenige Nestroys, der leichthin bekräftigen kann, dass eben doch alles „Aschen“ sei. Es klingt wie die Kritik eines Konservativen an der Aufklärung. Nestroy also als der Ewig-Gestrige, der Raimunds behutsame Modernität vom Tisch wischt? Dies wäre eine Erklärung dafür, dass Raimund von der Literaturwissenschaft lange Zeit über Nestroy gestellt wurde.

 

Thomas Steiert
Das Quodlibet: „Spiegel“ der zeitgenössischen Musikszene und Brennpunkt der Possendramaturgie

Adolf Müllers Quodlibet-Kompositionen für Nestroys Bühnenwerke reflektieren das Repertoire der Wiener Opernbühne in den 1830er und 1840er Jahren. Dabei lassen sich verschiedene Verfahren der kompositorischen Aneignung beobachten. Auswahl und Abfolge der Opernausschnitte zielen weniger auf die bloße Zurschaustellung attraktiver Melodien, als vielmehr auf die Korrespondenz zwischen den jeweiligen dramatischen Situationen in Oper und Volksstück. Anhand einiger analytischer Beispiele sollen verschiedene Konzepte des Quodlibets insbesondere mit Blick auf die Variabilität von Text, Musik und szenischer Konstellation vorgestellt werden.

 

Martin Stern
Hugo Loetschers „Launen des Glücks“. Eine vergessene Nestroy-Bearbeitung am Schauspielhaus Zürich

Das Referat informiert über Hugo Loetschers im Mai 1997 am Zürcher Schauspielhaus unter Gerd Leo Kuck (Direktion) und Jörg Utzerath (Regie) inszenierte Bearbeitung von Nestroys Zu ebener Erde und erster Stock, die in der Nestroy-Forschung bisher unbemerkt blieb und in den Werkregistern Loetschers unauffindbar ist. Die Gründe liegen im eklatanten Misserfolg dieses Versuchs, der nie im Druck erschien, dem Referenten aber vom Archiv des Schauspielhauses als Bühnenmanuskript mitsamt den Probenphotos und Rezensionen zur Verfügung gestellt wurde. Aus dem Vergleich des Textes und der fast vierzig Kritiken mit Nestroys „Local-Posse mit Gesang in drei Aufzügen“ werden die grundsätzlichen und auch die speziellen Mängel der Loetscherschen „Neuinterpretation“ – wie er sie nannte – erkennbar. Es handelte sich um eine problematische Aktualisierung des Plots, den der Autor in die deutsch-schweizerischen Gründerjahre des 19. Jahrhunderts versetzte, mit nur einem Drittel der Nestroyschen Figuren und unter Verzicht auf Couplets, Quartette und Chöre. Dabei war es das im Programmheft und in Interviews erklärte Ziel Loetschers, der als Erzähler und Publizist auch über die Schweiz hinaus hoch angesehen war, den satirischen Gehalt des Originals deutlich zu verstärken. Doch kam das Fiktionale und Komödiantische des bei Nestroy so unterhaltsamen Spiels zu kurz und machte sich zuviel moralisierende Larmoyanz breit, was von der Presse zu Recht einhellig kritisiert wurde. Ein Vergleich mit der von Jean-Marie Valentin 1991 publizierten Pariser Bearbeitung Du haut en bas ou Banquiers et fripiers. Comédie-Vaudeville en deux act (imitée de l`allemand de Nestroy) von 1842 für das Théâtre du Palais Royal ergibt weitere Kriterien zur Diskussion, wie und ob überhaupt Nestroy auf einer modernen und nicht-wienerischen Bühne „aktualisiert“ werden kann.

 

Fr(i)ed(rich) Walla
Der Weltuntergangs-Tag oder die schlimmen Herausgeber. Originalmanuskripte zu den „Familien Zwirn, Knieriem und Leim“ und den „Schlimmen Buben in der Schule“

Habent sua fata libelli

Aber auch der Herausgeber hat sein Kreuz zu tragen. Zwei Jahre nach dem Erscheinen des ersten Bandes ist ein Manuskript zu Prinz Friedrich von Corsica (Bitte nicht: Friedrich, Prinz von Korsika) aufgetaucht. Dieses konnte im ersten Nachtragsband veröffentlicht werden. Als die Nachtragsbände schon im Druck waren, sind drei weitere Handschriften von der Wiener Stadt- und Landesbibliothek (jetzt: Wienbibliothek im Rathaus) erworben worden, und zwar zu:

  • Dreyßig Jahre aus dem Leben eines Lumpen
  • Der Weltuntergangs-Tag (alias: Die Familien Zwirn, Knieriem und Leim)
  • Die schlimmen Buben in der Schule

Dreyßig Jahre aus dem Leben eines Lumpen wurden in Bd. I in zwei Fassungen nach verschiedenen Theatermanuskripten wiedergegeben.

Die Familien Zwirn, Knieriem und Leim wurden in Bd. 8/I unzureichend nach Rommels Sämtlichen Werken abgedruckt, Die schlimmen Buben in der Schule wurden nach Nestroys Rohschrift in Bd. 25/I wiedergegeben.

Walter Obermaier hat das erste Stück bereits vorgestellt. Es sind 40 % einer sicher letzten Vorfassung mit erstaunlich wenigen Änderungen erhalten, ein schwer lesbarer, aber desto authentischerer Text.

Bei den beiden anderen Stücken wird der neue Nachtragsband die alten Fassungen ersetzen. Der Text der Familien ist damit völlig überholt, der abgedruckte Text der Schlimmen Buben wird zu einer Vorarbeit.

Das Autograph des Weltuntergangs-Tags ist besonders interessant, es enthält zwei Fassungen, neben einer Urfassung eine offenbar in großer Hast hergestellte Premierenfassung mit einigen Ungereimtheiten.

 

Gar Yates
Bearbeitungsg’schichten: Vorlagen und ihr Nachleben

Die Entwicklung des Stoffes der Posse Das Gewürzkrämer-Kleeblatt ist ein bezeichnendes Beispiel für den Einfluss des Pariser Theaters auf das Wiener Theaterleben der Nestroy-Zeit: Die Vorlage, Trois Épiciers von Lockroy und Anicet-Bourgeois, 1840 im Théâtre des Variétés uraufgeführt, wurde Ende 1844 im Kärntnertortheater von einer französischen Vaudevillegesellschaft gegeben und 1845 von Nestroy bearbeitet.

Das Repertoire der Pariser Theater diente nicht nur als Vorrat an bearbeitungs­würdigen Vaudeville-Komödien. Beispiele für unmittelbare Umsetzungen sind das erfolgreichste französische Melodram der späten zwanziger Jahre, Trente ans, ou La Vie d’un joueur von Victor Ducange (1827) und das romantische Drama Ruy Blas von Victor Hugo (1838) – beide wurden mit dem gefeierten Pariser Schauspieler Frédérick Lemaître in der Hauptrolle urauf­geführt. Das Stück von Ducange wurde dann in Wien von [Johann Wilhelm] Lembert [recte: Wenzel Tremler] bearbeitet und im März 1828 im Theater an der Wien aufgeführt; auf eine Inszenierung in Graz folgte noch im Dezember 1828 Nestroys parodistisches Zauberspiel Dreyßig Jahre aus dem Leben eines Lumpen. Wie bei einem Erfolgsstück zu erwarten ist, blieb es nicht bei einer einzigen Bearbeitung. Dass die Lembertsche Fassung selbst weiter bearbeitet wurde, geht aus Änderungen und Ergänzungen in den erhaltenen Manuskripten hervor. Noch 1839 brachte das Theater in der Leopoldstadt eine Fassung von Angely, von der ein Manuskript im Österreichischen Theatermuseum erhalten ist. Ein weiteres Manuskript, das anscheinend in den 1870er Jahren in Pressburg verwendet wurde, ist Margaretha Carl zugeschrieben.

Margaretha Carls Bearbeitung von Hugos Ruy Blas, im November 1839 im Theater an der Wien unter dem Titel Herr und Diener aufgeführt, erlebte eine ungewöhn­liche Weiter­bearbeitung, die in einem Manuskript mit einer Zensurbewilligung aus Hermannstadt (heute: Sibiu, Rumänien) überliefert ist. In diese Fassung sind Wendungen aus einer im Druck erschienenen deutschen Übertragung in Versen von „Dräxler-Manfred“ [recte Carl-Ferdinand Dräxler], direkte Übersetzungen aus dem Original, wieder eingesetzt worden.

In der Entstehungs-, Aufführungs- und Rezeptionsgeschichte der Posse Das Gewürzkrämer-Kleeblatt sind mehrere Variationen des Bearbeitungsprozesses zu sehen: zunächst die Verwandlung der Typenkomik der Vorlage in die satirische Kraft der Nestroyschen Posse mit den Monologen und Couplets der Nestroy-Rolle, das Quodlibet-Terzett im dritten Akt und die Vertiefung der Rolle von Madame Leturc in der Elise Rohrbeck zugeteilten Rolle von Frau Cichori (mitsamt ihrem Couplet über die Schwäche des „starken Geschlechts“); dann über hundert Jahre später die ‚Wiederentdeckung‘ des Stücks auf der Bühne in der Inszenierung Gustav Mankers 1972 im Volkstheater, bei der Hilde Sochor die Rolle der Madame Cichori gespielt hat. (Dieser Inszenierung kann eine Bearbeitung von Hans Weigel gegenübergestellt werden, die 1983 auf Burg Liechtenstein gegeben wurde.) Susan Doering war es schließlich, die als erste in der wissen­schaftlichen Nestroy-Forschung die satirische Kraft des Stücks durch ihre detaillierte Analyse der Vorlagenbearbeitung (Diss. 1984, Druck 1991) deutlich gemacht hat.