Posse mit Gesang in 3 Acten
- Uraufführung 15. Jänner 1840, Theater an der Wien (63 Aufführungen)
- Nestroy-Rolle Kilian Blau / Hermann Blau (Doppelrolle; Rollenverzeichnis 615)
- Musik Adolf Müller; Nachweise: Hilmar S. 77 f.; HKA Stücke 16/I, S. 249–278
- Vorlage Adolphe Adam: Le brasseur de Preston. Text von de Leuven/Brunswick (Opera comique, Paris 1838)
- Überlieferung Gladt S. 36–38; Hadamowsky 1928, S. 136; 1934, S. 133; SW Bd. 10, S. 544–581; HKA Stücke 16/I, S. 81–240
- Werkausgaben (Stücktext) CG Bd. 3, S. 207–257; SW Bd. 10, S. 185–279; HKA Stücke 16/I (Herausgeber: Adey Huish), S. 5–77
- Musik (erhältlich) Wienbibliothek | Klavierauszug
- Literatur HKA Stücke 16/I, S. 3 f.; May; Reese
- Aufführungen Nestroy-Spiele 1987
Personen
- Kilian Blau, Färbermeister,
- Hermann Blau, Sergeant der Grenzgendarmerie, Zwillingsbrüder
- Wetter,
- Schlag,
- Knall, alle Sergeanten der Grenzgendarmerie
Sturm, - Gemeiner, Hermanns Diener
- Gertrud, dessen Weib, Marketenderin
- Anselm, Altgeselle bei Kilian Blau
- Mamsell Roserl, in Kilians Haus erzogen
- Meister Klopf, ein Kupferschmied
- Herr von Löwenschlucht, Oberforstmeister
- Cordelia, seine Schwester
- Peter, dessen Bedienter
- Marquis Saintville
- Waldau, Oberdirektor,
- Grummer, Schloßinspektor,
- Thomas, Gärtner, alle bei Marquis
- von Dornberg, Anführer einer Abteilung Gendarmerie
- Eine Ordonnanz
- Jean, Bedienter des Marquis
- Martin, Knecht bei Kilian Blau
- Gendarmen
- Gäste und Dienerschaft auf dem Schlosse des Marquis
- Gäste beim Meister Kilian
- Die Handlung spielt im ersten Akt teils vor einer Schenke im Gebirge, teils in einem eine Meile davon entfernten Marktflecken, im zweiten Akt im Stationsplatz der Grenzgendarmerie, im dritten Akt auf dem nahegelegenen Schlosse des Marquis Saintville
Inhalt
1. Akt
Chor der Gendarmen I, 1. – Der Sergeant Hermann hat zur Zeit neben einigen Liebeleien auch zwei Geliebte jenseits der Grenze. Es stört ihn nicht, daß der Grenzübertritt bei Strafe verboten ist: „[…] ich ford’re das Schicksal so lang heraus, bis ich einmal ein rechtes Glück hab’, oder ein rechtes Malör, dann geb’ ich ein Fried […]“. – Lied Hermann mit Wetter, Schlag, Knall I, 3 zum Motiv ,Mein Wahlspruch bleibt doch „nur Gefahr!“ – Auftrittslied Kilian I, 4 (R: „Die Farb zeigt Alles deutlich an.“). – Ohne Roserl seine Liebe zu gestehen, hat der Färbermeister Kilian bereits die Hochzeit vorbereitet. Erst am Morgen des Verlobungsfestes versucht er, um ihre Hand anzuhalten. Doch sie mißversteht seine Andeutungen und glaubt, er werde ein reiches Mädchen heiraten. Tapfer beschließt sie, sich ihren Kummer nicht anmerken zu lassen. – Chor der Gäste I, 9. – Umso größer ist Rosas Freude, als Kilian sie den Gästen als seine Braut vorstellt. Während Roserl einen Moment allein ist, wird sie von Peter angesprochen, der behauptet, Roserls Bräutigam sei „Meister in fremder Lebensglückzernichtung, Meister in Unschuldsknickung, Meister in Familienfriedenzerstörung“. Dem hinzutretenden Kilian wirft Peter vor, er habe eine Beziehung zu der Schwester seines Herrn gehabt. War diese Mesalliance an sich schon ein Skandal, so habe er sie zu allem Überfluß nun auch noch sitzenlassen, um zu heiraten. Zunächst bleiben Roserl und Kilian ratlos zurück. Dann entsinnt sich Kilian seines Zwillingsbruders Hermann, der der Übeltäter sein müsse. Schon als Kind seien sie von ihrem Vater verwechselt worden, so daß Kilian oft für Hermann Prügel bezogen habe. Schon aus diesem Grund habe er ihn nicht zu der Hochzeit eingeladen, obwohl Hermann seit einiger Zeit in der Nähe stationiert ist. Zwar bittet Roserl Kilian inständig, den Bruder einzuladen, aber er befürchtet „Irrungen mit Verwechslungen“. Leicht drohend prophezeit Roserl: „In jeden Fall aber verdienst du jetzt zur Strafe, daß du für deinen Brudern in rechte G’schichten und Verlegenheiten kommest […]“ Just in diesem Moment erscheint Sturm auf der Suche nach dem Sergeanten Hermann bei Kilian. Er hat gehofft, ihn bei seinem Bruder zu finden. Sturm fürchtet, der Sergeant könnte wegen einer Liebesangelegenheit über die Grenze geritten sein. Sollte er bis zur Musterung um sechs Uhr nicht da sein, könnte der Kommandant ihn erschießen lassen. Allerdings würde er ihn wahrscheinlich begnadigen und, was für Hermann schlimmer wäre, „mit Schimpf und Schanden auf eine Festung jagen“. Sturm meint, Hermann könne sich auf dem Besitz des Herrn von Löwenschlucht jenseits der Grenze aufhalten. Auf der Stelle machen sich Kilian und Roserl auf den Weg, den Zwillingsbruder zu suchen. – Chor der Gäste mit Kilian I, 19.
2. Akt
Chor der Gendarmen mit Gertrud II, 1. – Die Musterung steht unmittelbar bevor, und noch immer fehlt von Hermann jede Spur. Auf Löwenschluchts Besitz hat man Kilian für seinen Bruder gehalten und ihm die Hunde auf den Hals gehetzt. Während Kilian Sturm vom Scheitern seiner Mission berichtet, haben Wetter, Knall und Schlag schweren Herzens das Fehlen des Sergeanten gemeldet. Umso erfreuter sind sie, als sie Kilian sehen, den sie für seinen Bruder halten. Zwar will Kilian die Sache richtigstellen, wird aber von Sturm daran gehindert. Während Kilian die Uniform seines Bruders anlegt, erscheint Löwenschlucht bei Sturm auf der Suche nach Hermann. Um die Ehre seiner Schwester wiederherzustellen, will der Oberforstmeister den Gesuchten eigenhändig erschießen. Weil er selber in das Fräulein verliebt ist, unterstützt Peter ihn bei der Suche. Gemeinsam bemühen sich Sturm und Roserl, Kilian ein militärisches Aussehen und Benehmen zu geben. Durch Dornberg läßt der Kommandant ausrichten, daß er von dem Vorwurf der Desertion absehe. Dennoch werde Hermann für seine Pflichtverletzung mit Arrest bestraft. Darüber ist Kilian sehr erleichtert, denn es entbindet ihn von einer Expeditionsattacke gegen eine Bande von Schmugglern auf dem Gebiet des Marquis Saintville. Sturm dagegen ist betrübt, daß sein Sergeant, dem der Arrest doch eigentlich gilt, nicht an dieser Attacke teilnehmen kann. – Duett Gertrud, Kilian II, 15 zu „Krieg und Ehstand“. – Als Löwenschlucht auf Kilian trifft, stellt er ihn vor die Wahl: Entweder er heiratet das Fräulein Cordelia oder es gibt ein Pistolenduell. Kilian versucht, den Aufgebrachten hinzuhalten, doch als er sich weigert, den Ehekontrakt zu unterzeichnen, fordert Löwenschlucht auf der Stelle das Duell. Mit dem Hinweis auf den Arrest versucht Kilian sich herauszureden, doch gerade jetzt bringt Sturm die Nachricht von der Aufhebung des Arrests. Kilian weigert sich dennoch, ohne schriftliche Anweisung des Kommandanten den Ort zu verlassen. Zu allem Überfluß muß er nun auch an der bevorstehenden Attacke teilnehmen. Roserl ist verzweifelt, aber Sturm verspricht, an Kilians Seite zu bleiben. Nach kurzem Gefecht kehren sie zurück. Unfreiwillig ist Kilian vom Pferd seines Bruders in das Schlachtgetümmel getragen worden. Die Mannschaft feiert ihn für seinen außerordentlichen Mut. Kaum hat Kilian diesen Schrecken überwunden, steht Löwenschlucht erneut mit der Duellforderung vor ihm. Er kann ihm nur entkommen, weil Dornberg ihn wegen einer Beförderung auf der Stelle zum Kommandanten bringen soll. – Chor der Sergeanten und Gendarmen II, 26.
3. Akt
Chor III, 1. – Der ganze Gendarmentrupp ist auf dem Schloß des Marquis Saintville eingeladen. Durch gutes Zureden ist es dem Marquis gelungen, Löwenschlucht von dem geforderten Duell abzubringen. Überdies will der Marquis als Vermittler in dieser Liebesangelegenheit auftreten und hat heimlich Cordelia eingeladen. Auch Cordelia hält Kilian für seinen Zwillingsbruder und wirft ihm seine Untreue vor. Trotz eines Kusses bleibt Cordelia unversöhnlich. Als Peter erscheint, ergreift Kilian die Flucht. Da Peter Cordelia selbst nicht heiraten kann, ist er entschlossen, jede Hochzeit zu verhindern. – Lied Peter III, 7 („Das wer’n s’ doch erlauben, das is Schwärmerey.“). – Über Umwege erfährt Kilian von einem Brief des Kommandanten an den Marquis und fürchtet, darin könne der ganze Betrug aufgedeckt werden. Statt dessen berichtet der Kommandant in dem Schreiben, daß einige Tage zuvor der Anführer einer benachbarten Gendarmenabteilung gefallen ist. Der tapfere Sergeant soll diesen verantwortungsvollen Posten übernehmen. Dafür müßte er jedoch innerhalb der nächsten drei Stunden abreisen. Als der Marquis hört, daß Kilian wegen einer Hochzeitsangelegenheit gerne einen Aufschub hätte, glaubt er, helfen zu können. Kilian gegenüber versichert Löwenschlucht, auf das Duell verzichten zu wollen. Allerdings verlangt er Cordelias Briefe an ihren Geliebten zurück. Kilian behauptet, die Briefe verbrannt zu haben, reizt damit jedoch erneut Löwenschluchts Zorn. Vor allem um sich dem angetragenen Kommando zu entziehen, bietet Kilian an, Cordelia zu heiraten. Überglücklich schließt Löwenschlucht ihn in seine Arme. – Lied Kilian III, 15 (R: „Da bringt man auf Ehr sein Geld nicht heraus.“). – Kilian erzählt Roserl von der geplanten Hochzeit und erklärt, er wolle das Fest so lange hinauszögern, bis Hermann zurückkehre. Freudig verkündet dagegen der Marquis, daß die Hochzeit auf der Stelle stattfinde, da der Kommandant keinerlei Aufschub gewähre. Erschrocken sinkt Kilian auf einen Stuhl. Im selben Augenblick eilen Sturm, Wetter und Schlag herein, verlangen dringend die Uniform und verschwinden, ehe Kilian begreift, was passiert. Hermann war bei seiner Geliebten von deren Ehemann überrascht worden und hatte die ganze Zeit versteckt in einem Garderobekasten gesessen. Da er jedoch in der Zwischenzeit auch den gefürchteten Räuberhauptmann im Zweikampf besiegt hat, verzeiht der Kommandant das Ausbleiben und die Verwechslung. Auch die Beförderung darf Hermann behalten. Um sein Glück nicht herauszufordern, beschließt Hermann, solide zu werden und Cordelia zu heiraten. Mit wachsendem Entsetzen beobachtet Roserl, die die Rückkehr Hermanns nicht bemerkt hat, die Hochzeitszeremonie. Umso glücklicher ist sie, als Kilian, wieder in seinem Färbergewand, vor ihr steht, um sie sogleich zu ihrer eigenen Hochzeit zu führen, allerdings nicht ohne vorher seinen Bruder in die Arme geschlossen zu haben. – Chor der Gesellschaft III, 26.
Aus dem „Nestroy-Schauspielführer“ von Jürgen Hein und Claudia Meyer, Verlag Lehner