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Der gefühlvolle Kerkermeister
oder Adelheid, die verfolgte Wittib

Gesprochene und gesungene Parodie eines getanzten Dramas, mit Verwandlungen, Gruppierungen, Äußerungen, Mutmaßungen, Einsperrungen, Entführungen, Malträtierungen, Rettungen, Dingsda und allem Erdenklichen, was Sie sich selbst wünschen, in 3 Aufzügen
  • Uraufführung 7. Februar 1832, Theater an der Wien (Parodie auf das Ballett „Adelheid von Frankreich“ – Satire auf konventionelle Theatralik. Nestroys erste Novität am Theater an der Wien. 20 Aufführungen)
  • Nestroy-Rolle Dalkopatscho (Rollenverzeichnis 464)
  • Musik Adolf Müller; Nachweise: Hilmar S. 54 f.; HKA Stücke 2, S. 527–552
  • Vorlage L. Henry: Adelheid von Frankreich. Historisch-pantomimisches Ballett. 1832; und August v. Kotzebue: Der Schutzgeist (vgl. HKA Stücke 2, S. 149 f.; Mautner 1974, S. 377)
  • Überlieferung Gladt S. 54; SW Bd. 3, S. 413–436; HKA Stücke 2, S. 144–274
  • Werkausgaben (Stücktext) Chiavacci Bd. 10, S. 7–44; SW Bd. 3, S. 1–76; GW Bd. 1, S. 265–329; HKA Stücke 2 (Herausgeber Hein/Yates), S. 5–65
  • Musik (erhältlich) Wienbibliothek | Klavierauszug
  • Literatur HKA Stücke 2, S. 2 f.; Bührmann
  • Aufführungen Nestroy-Spiele 1996

Personen

  • Krotto der Kleine, mit dem großen Bart, Sternenkönig
  • Berengario, ein böser Zauberer, famoser Tyrann und renommierter Verfolger der Witwen und Waisen
  • Adelheid, bedrängte Witwe Pfundars, des ehemaligen rechtmäßigen Besitzers des Zauberschlosses, dessen gegenwärtiger Besitzer durch unrechtmäßigen Raub Berengario ist
  • Bubino, ihr sechsjähriger Sohn von sechs Jahren
  • G’schicktus, ungeschickter Abgeschickter Krottos
  • Seelengutino, Kerkermeister auf dem Zauberschlosse
  • Dalkopatscho, sein Sohn
  • Flegelino, Portier des Zauberschlosses
  • Sputzifurino, Berengarios Vertrauter
  • [Pantoffel,] ein Bauer
  • Tradi, sein Weib
  • Glachelio, ein Bräutigam
  • Schatzeline, seine Braut
  • Mehlisacko, ein Müller
  • Gareissl, ein junger Fischer
  • Pumpfo, ein Bauer
  • Ein alter Greis, weißer Bewohner einer schwarzen Höhle
  • Vier zur Ermordung Gedungene
  • [Bewaffnete und Unbewaffnete Berengarios; Bauernväter; Bauernmütter; Bauernsöhne; Bauerntöchter; Bauernkinder; unübersehbares Volk; prächtiges Gefolge des Sternenkönigs, verschiedene Nymphen; Geister, Genien etc. etc.]
  • Die Handlung spielt irgendwo und fällt in das Jahr so und so viel

Inhalt

1. Akt

Chor der Frauen mit Adelheid I, 1. – Obwohl die Frauen versuchen, sie aufzuheitern, ist Adelheid untröstlich über den Verlust ihres Mannes. Zudem versucht Berengario, der Mörder ihres Mannes, sie zur Heirat zu zwingen. In einem Brief bittet der Sternenkönig Krotto Berengario, Adelheid und ihr Zauberschloß freizugeben. Bei dem Überbringer des Schreibens, G’schicktus, entdeckt Berengario einen zweiten Brief, der an Adelheid gerichtet ist. In diesem Schreiben verspricht Krotto Adelheid, sie vor Berengario zu retten. Erbost verlangt Berengario von Adelheid die Erklärung, daß sie ihn freiwillig und aus Liebe heirate. G’schicktus läßt er ins Gefängnis werfen. Zudem fordert Berengario alle seine Anhänger zum Kampf gegen den Sternenkönig auf. – Berengario mit allen seinen Anhängern I, 6. – Duett Seelengutino und Dalckopatscho I, 7. – Seelengutino sorgt dafür, daß G’schicktus nach Sputzifurinos Befehlen eingesperrt wird. Berengario läßt auch Adelheid und ihren Sohn Bubino in den Kerker werfen. Zu Dalckopatschos Entsetzen behandelt Seelengutino Adelheid wie eine Verbrecherin. Gerade will er seinem Vater deshalb den Gehorsam aufkündigen, als Berengario erscheint. Zum letzten Mal bittet er Adelheid, den Ehevertrag und die Abtretung des Zauberschlosses zu unterzeichnen und ihn aus Liebe zu heiraten. Erneut verweigert sich Adelheid. Sie hofft auf die Befreiung durch den Sternenkönig. Außer sich vor Wut kündigt Berengario an, Mörder zu schicken. Seelengutino zeigt sich äußerst ehrerbietig. Doch kaum ist Berengario fort, versprechen Seelengutino und Dalckopatscho Adelheid, sie zu schützen. Den vier Knechten mit dem Mordauftrag gegenüber zeigt sich Seelengutino als guter Kerkermeister, während er heimlich Adelheid beruhigt. Zunächst werden Mutter und Kind getrennt. Froh sieht Adelheid, wie Seelengutino Bubino in Sicherheit bringt. Unbemerkt gelingt es Seelengutino, den Knechten Schlafmittel in den Wein zu gießen. Drei nehmen den Wein an, doch der vierte weigert sich. Unterdessen kommt es zu einer Uneinigkeit unter ihnen, wer letztlich die Witwe erdolchen soll. Sie beschließen, den Mörder auszuwürfeln. Das Los fällt auf den vierten Knecht, der jedoch vor Adelheid auf die Knie fällt und ihr Treue schwört. Die übrigen Knechte legen ihn in Ketten, während Seelengutino und Dalckopatscho ihm signalisieren, auf seiner Seite zu stehen. Da die drei Knechte sich nicht einigen können, wer den Mord ausführen muß, erklärt sich Seelengutino gegen eine entsprechende Bezahlung dazu bereit. Zum Erschrecken von Dalckopatscho führt Seelengutino Adelheid fort. Scheinbar verwirrt erscheint er nach kurzer Zeit wieder und behauptet, auch den Knaben ermordet zu haben. Auf diese Tat trinken die drei Knechte fröhlich den Wein und sinken sofort in einen tiefen Schlaf. Zunächst befreit Seelengutino den vierten Knecht und G’schicktus, bevor er Adelheid holt. Gemeinsam fliehen alle aus dem Gefängnis. Nachdem er keine Nachricht über die erfolgte Ermordung erhalten hat, kommt Berengario, um nach dem Rechten zu sehen. Als er die Flucht entdeckt, schwört er, mit seiner Zaubermacht den Flüchtenden auf die Spur zu kommen. – Schlußchor I, 15.

2. Akt

Ländlicher Chor II, 1. – Pantoffel ist bereit, den Flüchtenden Unterschlupf zu gewähren und bei einer Nachbarin Kleider für Adelheid zu leihen. – Lied Seelengutino II, 6 („Wier tanzen beständig, wie d’ Weiber uns pfeiffen“). – Chor II, 7. – Berengarios Bewaffnete stören die gerade im Dorf stattfindende Hochzeit. Sie beginnen, alle Häuser zu durchsuchen. Als auch noch Pantoffel mit einem Arm voller Kleider erscheint, ist die Neugier der Anwohner endgültig geweckt. Da Pantoffel sie ohne eine Erklärung stehen läßt, versuchen sie sich gewaltsam Zutritt zu seinem Haus zu verschaffen. Dazu werden sie von Tradi ermutigt, die von nichts weiß und Eigenwilligkeiten ihres Mannes vermutet. Seiner Frau gegenüber ist Pantoffel auf der Stelle bereit, alles zu offenbaren. Zum Erstaunen der Bauern und zu Adelheids Entsetzen präsentiert er die Flüchtlinge. Gegen Adelheids Erwartungen sind die Bauern jedoch bereit, sie zu schützen. Tradi ist stolz auf ihren Mann. Da sich Berengario mit seinen Knechten nähert, schlägt Tradi vor, das Fest fortzusetzen, als sei nichts geschehen. Berengario lobt fünf Gulden Belohnung für die Ergreifung von Adelheid und Bubino aus. Allerdings scheint niemand bereit zu sein, den Verrat zu begehen. Doch als man sich erneut zum Tanz aufstellt, gibt Pumpfo, den das Geld lockt, Berengario einen Hinweis. Tapfer verteidigen die Bauern Adelheid, so daß es den Flüchtlingen gelingt, sich auf eine Schiffsmühle zu retten und die Seile zu lösen. In diesem Moment bemerkt Adelheid das Fehlen ihres Kindes. Der ebenfalls zurückgebliebene Seelengutino hat es bei sich und versucht, es der Mutter zuzuwerfen. Doch Bubino landet im Wasser. Sofort springt Seelengutino ihm hinterher. Es erscheint ein Walfisch, den Seelengutino mit dem Kind im Arm besteigt. Berengario und seine Knechte werden von einer Menge großer Krebse an der Verfolgung der Flüchtenden gehindert. – Chor der Leute Berengarios II, 17.

3. Akt

Während der Flucht glaubt Dalckopatscho, Adelheid für sich gewinnen zu können. Zunächst hält sie ihn für verrückt, doch als er ihr seine Liebe gesteht, will sie erzürnt Seelengutino um Hilfe bitten. Dennoch läßt sich Dalckopatscho nicht entmutigen. – Lied Dalckopatscho III, 6 („Mit d’Frauenzimmer da giebt’s richtig“). – Gareissl erzählt dem weisen Greis, der von sich sagt: „Mein ganzes Leben war Ruhe, und so hoffe ich endlich im Grabe Ruhe zu finden“, daß gerade eine Schiffsmühle angelegt habe. Da Berengario ihnen bereits wieder auf den Fersen ist, bittet Seelengutino den Greis um einen Rat. Der Alte weiß jedoch keine Hilfe. Nach kurzem Kampf sind die Bauern besiegt und Adelheid, Bubino, Seelengutino und Dalckopatscho gefangen. Berengario befiehlt, alle zu töten, als plötzlich ein lauter Donner ertönt und auf einem großen goldenen Schiff Krotto mit seinem Gefolge erscheint. Augenblicklich lassen Berengarios Knechte die Gefangenen los und bleiben unbeweglich stehen. Berengario ist nicht bereit, die Gefangenen freiwillig ziehen zu lassen, weshalb Krotto ihn und seine Leute im Boden versinken läßt. Nach ihrem Beschützer gefragt, weist Adelheid auf Seelengutino, während der Greis auf sich selbst zeigt. Für seine Dienste wünscht der Greis sich eine lebenslange reichliche Versorgung, die ihm gewährt wird. Seelengutino wünscht sich einige goldene Sterne und bekommt die Erlaubnis, sich von Krottos Gold zu bedienen. Auch den Bauern wird eine reichliche Entlohnung versprochen. Krotto bittet Adelheid um ihre Hand. Sie ziert sich, weil sie sich ihrer unangemessenen Kleidung wegen geniert, doch als der Sternenkönig ihr ein glänzendes Gewand herbeizaubert, nimmt sie freudig seinen Antrag an. Über diesen Ausgang der Geschichte ist Dalckopatscho sehr verwundert. Zum Schluß lädt Krotto zur Vermählungsfeier in sein Sternenreich ein. – Schlußgesang Adelheid, Dalckopatscho, Seelengutino III, 10.

Aus dem „Nestroy-Schauspielführer“ von Jürgen Hein und Claudia Meyer, Verlag Lehner