In memoriam Elfriede Ott

Von Peter Gruber

Jetzt ist sie uns also ein letztes Mal entführt worden, „die Ott“, unsere „Evi“ – diesmal endgültig! Einen Tag nach ihrem 94. Geburtstag ist sie für immer von uns gegangen und mit ihr eine unvergessliche Legende des Wiener Theaterlebens.

Obwohl sie als Schauspielerin auch in ernsten Rollen reüssieren hatte können und wollen, wurde sie schon in jungen Jahren zusehends ins komische Fach gedrängt, womit sie durchschlagenden Erfolg hatte. Mit ihrer unverkennbaren Stimme, einem ungeheuren Nuancenreichtum, aber auch mit ihrer schnellen Reaktionsfähigkeit und der Gabe zur Improvisation war sie so berüchtigten, unberechenbaren Komödianten wie Ernst Waldbrunn, Maxi Böhm oder Fritz Muliar eine durchaus ebenbürtige, kongeniale Partnerin – ein scheinbar nachgiebiger weiblicher Widerpart, der von der Männerwelt nicht kleinzukriegen war. Und so wurde sie sehr bald zu einer unverwechselbaren, vom Publikum heißgeliebten Volksschauspielerin, zu einer Institution.

Ihre Neugier galt dem Theater an sich, ihr Interesse dem schauspielerischen Nachwuchs, ihre große Liebe der österreichischen Literatur, insbesondere den Texten von Johann Nestroy. Zu Recht, denn kaum jemand konnte die Unter- und Zwischentöne der im Wienerischen wurzelnden Nestroys’chen Sprache so treffend und pointiert vermitteln wie sie. Selbst dann, wenn hin und wieder die komödiantische Lust mit ihr durchging, war doch immer spürbar, dass da noch etwas darunter lag: Sehnsucht, Trauer, Einsamkeit, mitunter auch störrisches Aufbegehren – kurzum etwas Ernsteres, Verletzbares, das sich im tragikomischen Witz entlud.

1973 war sie zusammen mit ihrem Lebensgefährten und späteren Mann Hans Weigel und Gustav Manker bei der ersten Produktion der neugegründeten Nestroy-Spiele Schwechat zu Gast. Und kam zu unserer Freude in der Folge immer wieder.

Zehn Jahre später konnte sie ihren offen ausgesprochenen Traum, eigene Sommerspiele zu veranstalten, endlich verwirklichen. 30 Jahre lang inszenierte und spielte sie – im Anschluss an unsere Vorstellungsserie im Juli – Hans Weigels Nestroy-Bearbeitungen auf Burg Liechtenstein in Maria-Enzersdorf, ehe sie lokale politische Querelen zur Aufgabe zwangen.

Schwer enttäuscht, widmete sie sich – gesundheitlich bereits ein wenig eingeschränkt, aber mit ungebrochener Intensität – hauptsächlich der von ihr ins Leben gerufenen Schauspielakademie. Viele von den dortigen Studierenden, die sich – von ihr animiert – im Umgang mit Nestroy erproben wollen, machen seitdem ihre ersten Erfahrungen bei uns. Sie hätte ihre Schützlinge auch heuer nur zu allzu gerne spielen sehen. Ihr Ehrenplatz für die Premiere von „Wohnung zu vermieten“ war bereits reserviert.

Wir werden sie vermissen.