Der Talisman, III/1–11

    

 

I/01–15: Dorfplatz
I/16–23: Wohnung der Gärtnerin

II/01–05: Schlossgarten
II/06–27: Saal im Schlosse

III/01–11: Schlossgarten
III/12–21: Gartensaal

Dritter Akt

Die Dekoration wie am Anfange des zweiten Aktes, ein Teil des Gartens mit der Gärtnerwohnung

 
Erste Szene

Titus (allein, kommt melancholisch hinter dem Flügel des Schlosses hervor)

Titus Das stolze Gebäude meiner Hoffnungen ist assekuranzlos ab'brennt, meine Glücksaktien sind um hundert Prozent g'fall'n, und somit belauft sich mein Aktivstand wieder auf die rundeste aller Summen, nämlich auf Null. Kühn kann ich jetzt ausrufen: Welt, schicke deine Wälder über mich, Wälder, laßt eure Räuber los auf mich, und wer mich um einen Kreuzer ärmer macht, den will ich als ein Wesen höherer Natur verehren! – Halt! Ich hab' ja doch was profitiert bei der G'schicht': einen sehr guten Anzug hat mir das Schicksal gelassen; vielleicht nur als aushienzendes Souvenir an eine g'stolperte und auf d' Nasen g'fallne Karriere. Also doch eine Ausbeute: dieser schwarze Frack –

 
Zweite Szene

Titus, Georg

Georg (welcher während der letzten Worte rasch hinter dem Schloß hervorgekommen ist, ihm in die Rede fallend) Wird samt Weste und Beinkleid aufs Schloß zurückgeschickt.

Titus O, lieber Abgeordneter, wissen Sie, daß Sie eine höchst unangenehme Sendung –

Georg Nur keine Umständ' g'macht

Titus Gesetzt, lieber Abgeordneter, ich wär' jetzt schon heidipritsch gewesen?

Georg O, unser Wachter holt jeden Vagabunden ein.

Titus Oder gesetzt, lieber Abgeordneter, ich vergesset das Völkerrecht und schlaget Ihnen nieder und laufet davon, was würden –

Georg Zu Hilf', zu Hilf'!

Titus Wegen was schrein S' denn? Ich frag' ja nur, und a Frag' is erlaubt.

Georg (nach der Türe der Gärtnerwohnung rufend) Plutzerkern!

Plutzerkern (von innen) Was gibt's?

Georg (die Tür der Gärtnerwohnung öffnend und hineinsprechend) Der wird da sein Vagabundeng'wand wieder anziehen und die honetten Kleider da lassen.

Plutzerkern (von innen) Schon recht!

Titus (zu Georg) Sie sind ein äußerst schmeichelhafter Mensch.

Georg Keine Komplimente! In einer Viertelstund' müssen die Kleider da und Er muß wenigstens Gott weiß wo sein! Verstanden? (Geht ab hinter dem Schlosse.)

 
Dritte Szene

Titus (allein)

Titus O ja, ich versteh' alles. Das Unglück hat mich heimgesucht, ich hab' die Visit' im schwarzen Frack empfangen wollen, aber das Unglück sagt: Ich bin ja ein alter Bekannter, ziehen S' ein' schlechten, zerrissenen Rock an, machen S' keine Umständ' wegen mir!

Plutzerkern (von innen) No, wird's werden?

Titus Komm' schon, komm' schon! (Ab in die Gärtnerwohnung.)

 
Vierte Szene

Spund, Salome (von links auftretend)

Salome Sie hab'n aber g'wiß nix Übles vor mit ihm?

Spund Wann ich schon sag': Nein! Ich tu' ja nur das, was mir der Bräumeister g'sagt hat, denn das ist der einzige Mann, der auf meinen Geist Einfluß hat.

Salome Und was hat denn der g'sagt?

Spund Er hat g'sagt: »Das haben S' davon, weil S' Ihnen von Jugend auf net um ihn umg'schaut haben! Jetzt geht er durch und macht der Familie vielleicht Schand' und Spott in der Welt!« Drum bin ich ihm nach.

Salome Und woll'n ihn etwa gar einsperren lassen?

Spund Ich? Für mein Leben gern! Aber der Bräumeister hat gesagt: »Das wär' auch eine Schmach für die Familie.«

Salome Ah, gengen S', auf'n leiblichen Vettern so bös –

Spund O, es kann einem ein leiblicher Vetter in der Seel' z'wider sein, wenn er rote Haar' hat.

Salome Is denn das ein Verbrechen?

Spund Rote Haar' zeigen immer von ein' fuchsigen Gemüt, von einem hinterlistigen – und dann verschandelt er ja die ganze Freundschaft! Es sein freilich schon alle tot, bis auf mich, aber wie sie waren in unserer Familie, haben wir alle braune Haar' g'habt, lauter dunkle Köpf', kein lichter Kopf zu finden, soweit die Freundschaft reicht, und der Bub' untersteht sich und kommt rotschädlet auf d' Welt.

Salome Deßtwegen soll man aber ein' Verwandten nit darben lassen, wenn man anders selber was hat.

Spund Was ich hab', verdank' ich bloß meinem Verstand.

Salome Und haben Sie wirklich was?

Spund Na, ich hoff'! Meine Eltern haben mir keinen Kreuzer hinterlassen. Ich war bloß auf meinen Verstand beschränkt, das is eine kuriose Beschränkung, das!

Salome Ich glaub's, aber –

Spund Da is nachher eine Godl g'storben und hat mir zehntausend Gulden vermacht. Denk' ich mir, wann jetzt noch a paar sterbeten von der Freundschaft, nachher könnt's es tun. Richtig! Vier Wochen drauf stirbt ein Vetter, vermacht mir dreißigtausend Gulden, den nächsten Sommer steht ein Vetter am kalten Fieber ab, ich erb' zwanzigtausend Gulden. Gleich den Winter drauf schnappt eine Mahm am hitzigen Fieber auf und hinterläßt mir vierzigtausend Gulden; a paar Jahre drauf noch eine Mahm, und dann wieder eine Godl, alles, wie ich mir's denkt hab'! Na, und dann in der Lotterie hab' ich auch achtzehntausend Gulden g'wonnen.

Salome Das auch noch?

Spund Ja, man muß nit glauben, mit 'm Erben allein is es schon abgetan; man muß was andres auch versuchen; kurzum, ich kann sagen: was ich hab', das hab' ich durch meinen Verstand.

Salome Na, so g'scheit wird der Mussi Titus wohl auch sein, daß er Ihnen beerbt, wann S' einmal sterben.

Spund Mir hat einmal ein g'scheiter Mensch g'sagt: ich kann gar nit sterben – warum, hat er nicht g'sagt – das war zwar offenbar nur eine Schmeichelei; aber wenn es einmal der Fall is, so werd' ich schon Leut' nach mein' Gusto finden für mein Vermögen, ich könnt' das nicht brauchen, daß mir a Rotkopfeter die Schand' antut und erweist mir die letzte Ehr'.

Salome Also tun Sie weder jetzt, noch nach Ihrem Tod was für den armen Mussi Titus?

Spund Ich tu' das, was der Bräumeister g'sagt hat. Ich kauf' ihm eine Offizin in der Stadt, das bin ich der verstorbenen Freundschaft schuldig; dann gib ich ihm a paar tausend Gulden, daß er dasteht als ordentlicher Mann; dann sag' ich ihm noch a paar Grobheiten wegen die roten Haar', und dann därf er sich nicht mehr vor mir blicken lassen.

Salome (freudig) Also machen S' ihn doch vermöglich und glücklich?

Spund Ich tu' das, was der Bräumeister g'sagt hat.

Salome (traurig für sich) Ich g'freu mich d'rüber, und wann er nicht mehr arm is, is er ja erst ganz für mich verlor'n. (Seufzend.) Mir hat er ja so nix wollen!

Spund Und als was is er denn im Schloß?

Salome Das weiß ich nit, aber bordiert is er vom Kopf bis zum Fuß voll goldene Borten.

Spund Das is Livree! O Schandfleck meiner Familie! Der Neveu eines Bierversilberers voll goldene Borten! Ich parier', die ganze Freundschaft hat sich um'kehrt im Grab! Skandal ohnegleichen! Führ' Sie mich g'schwind hinauf, ich beutl' ihn heraus aus der Livree – nur g'schwind! Ich hab' keine Ruh', bis die Schmach getilgt is und meine Freundschaft wieder daliegt im Grab, wie es sich g'hört.

Salome Aber lassen S' Ihnen nur sagen –

Spund (äußerst agitiert) Vorwärts, hab' ich g'sagt – Leuchter, voran! (Treibt sie vor sich her hinter den Flügel des Schlosses.)

 
Fünfte Szene

Flora, dann Plutzerkern

Flora (tritt von links auf) He! Plutzerkern! Plutzerkern!

Plutzerkern (aus der Gärtnerwohnung kommend) Was schaffen S'?

Flora Der Mensch ist doch schon fort, hoffe ich?

Plutzerkern Nein, er is noch nicht fertig.

Flora Er soll sich tummeln!

Plutzerkern (boshaft) Wünschen Sie vielleicht ein Abschiedssouper in zweien, bei dem ich überflüssig bin?

Flora Dummkopf!

Plutzerkern Ich hab' nur glaubt, weil Sie sich z' Mittag so um ihn g'rissen hab'n; jetzt wär' die Gelegenheit günstig, jetzt schnappt ihn Ihnen doch die Kammerfrau nicht mehr weg.

Flora Halt' Er 's Maul und schick' Er ihn fort!

Plutzerkern (in die Gärtnerwohnung rufend) Mach' der Herr einmal, daß er weiterkommt!

Titus (von innen) Gleich!

 
Sechste Szene

Titus; die Vorigen

Titus (in seinem schlechten Anzug wie zu Anfang des Stückes, aus der Gärtnerwohnung kommend) Bin schon da!

Flora Sehr gefehlt für einen Menschen, der schon fort sein sollt'!

Titus Die Gärtnerin, die auch an meinem Haar ein Haar g'funden hat! Wollen Sie mir vielleicht gütigst was mitgeben auf 'n Weg?

Flora Für die kecke Täuschung, die Er sich gegen mich erlaubt hat, was mitgeben? Ich will lieber nachschaun, ob Er nichts mitgenommen hat. (Gebt, ihn verächtlich messend, in ihre Wohnung ab.)

Titus (entrüstet) Was –!?

Plutzerkern Ja, ja, man kann nicht wissen! (Ihn ebenfalls verächtlich messend.) Haariger Betrüger! (Geht in die Gärtnerwohnung ab.)

 
Siebente Szene

Titus, dann später Georg

Titus (allein) Impertinentes Volk! – Das is wahr, recht liebreich behandeln ein' d' Leut', wenn ein' der Faden ausgeht. Im Grund hab' ich's verdient, ich hab' mich auch nicht sehr liebreich benommen, wie ich obenauf war – lassen wir das! Es wird Abend, in jeder Hinsicht Abend! Die Sonne meines Glücks und die wirkliche Sonne sind beide untergegangen im Okzident – wohin sich jetzt wenden, daß man ohne Kreuzer Geld ein Nachtquartier find't – das ist die schwierige okzidentalische Frage. – (Das Schloß und die Gärtnerwohnung betrachtend.) Zimmer gäbet's da g'nug, aber ich schein' eine Kost zu sein, die der Magen dieser Zimmer nicht vertragt.

Georg (kommt hinter dem Schlosse hervor und tritt Titus mit einem sehr artigen Kompliment entgegen) Herr von Titus?

Titus (über diese Höflichkeit frappiert) Ich bitt' mir's aus, mich nicht für einen Narren z' halten!

Georg Ich weiß recht gut, für was ich Ihnen zu halten hab' (beiseite) ich darf's aber nit sagen. (Laut.) Sie möchten aufs Schloß kommen.

Titus (erstaunt) Ich?

Georg Zu der Kammerfrau.

Titus Ich? Zu der Madame Constantia?

Georg Dann vielleicht auch zu der gnädigen Frau! Aber nicht gleich, erst in einer halben Stund'! Sie können derweil da im Garten spaziern gehn.

Titus (für sich) Unbegreiflich! Aber ich tu's! (Zu Georg.) Ich werd' warten und dann erscheinen, wie befohlen. Wollten Sie aber nicht die Güte haben, dort – (nach links deutend) sind Gartenleut' – und ihnen sagen, daß ich mit herrschaftlicher Erlaubnis hier promeniere, denn nach dem Sprichwort: »Undank is der Welt Lohn« hab' ich Grund zu vermuten, daß sie zum Dank für das, daß ich s' heut' traktiert hab', jetzt Hinauswerfungsversuche an mir tentiereten.

Georg Ich bitt', Herr von Titus, das werden wir gleich machen. (Geht, sich artig verneigend, ab.)

 
Achte Szene

Titus (allein)

Titus Ich reim' mir das Ding schon zusamm': Die Gnädige wird in einem Anfall von Gnad' in sich gegangen sein, eingesehen haben, daß sie mich als armen Teufel zu hart behandelt hat, und ruckt jetzt zum Finale mit einer Wegzehrung heraus. Halt! (Von einer Idee ergriffen.) Um diesen Zweck noch sicherer zu erreichen, erweis' ich ihr jetzt eine zarte Aufmerksamkeit – (in die Tasche greifend) ich hab' ja da noch – sie kann die roten Haar' nit leiden – ich hab' da die graue Perücken vom ehemaligen Gartner im Sack – (zieht sie hervor) mit der mach' ich jetzt meine Abschiedsvisite, dann laßt s' g'wiß was springen. Ich probier's jetzt mit der grauen. Schwarze und blonde Haar' changieren sehr bald die Farb', so hat auch für mich bei beiden nur eine kurze Herrlichkeit herausg'schaut! Die grauen Haare ändern sich nicht mehr, vielleicht mach' ich mit die grauen ein dauerhaftes Glück. (Geht links im Vordergrund ab.)

 
Neunte Szene

Flora, Plutzerkern

Flora (noch von innen) Hab' ich's aber nicht g'sagt, daß wir so was erleben? (Kommt ärgerlich aus ihrer Wohnung.) O, ich kenn' meine Leut'! (Zu Plutzerkern.) Du laufst ihm nach!

Plutzerkern Es is aber nicht der Müh' wert.

Flora Er hat die Perücken von mein' seligen Mann g'stohlen, die is für mich unschätzbar, wann ich will.

Plutzerkern Hören S' auf, 's sein Schaben drin.

Flora Du laufst ihm nach, entreißt ihm den Raub!

Plutzerkern Da kriegt er keine zwei Groschen dafür.

Flora Nachlaufen, hab' ich g'sagt, g'schwind!

Plutzerkern (indem er langsam hinter der Gärtnerwohnung abgeht) Ich werd' schaun, daß ich ihn einhol' – glaub' aber nit. (Ab.)

 
Zehnte Szene

Flora, Georg

Flora (sehr ärgerlich) Ewig schad', daß's schon Abend is! Jetzt hat der Wachter schon sein' Rausch, sonst ließ' ich ihn einsperren, den impertinenten Ding, der sollt' denken an mich!

Georg (aus dem Vordergrund links auftretend) Was is denn, Frau Gärtnerin, warum denn so im Zorn?

Flora Ach, weg'n dem herg'loff'nen Filou!

Georg Pst! Halt! Ehre, dem Ehre gebührt! Ich hab' ihn früher auch einen Vagabunden g'heißen, aber er hat einen steinreichen Herrn Onkel, der is an'kommen, nimmt sich an um ihn, kauft ihm in der Stadt die erste Offizin, denn er is ein studierter Balbierer, dann schenkt er ihm viele tausend und tausend Gulden.

Flora (äußerst erstaunt und betroffen) Hörn Sie auf!

Georg Wie ich Ihnen sag' – ich hab' ihn grad aufs Schloß b'stellen müssen, den Mussi Titus, er därf noch nix wissen, aber »Herr von« hab' ich doch zu ihm g'sagt, denn Ehre, dem Ehre gebührt! (Geht hinter dem Schlosse ab.)

 
Elfte Szene

Flora, dann Titus, dann Salome

Flora (allein) Diese Nachricht is auf Krämpf' herg'richt't, und ich hab' den Menschen so grob behandelt. Jetzt heißt's umstecken und alles dransetzen, daß ich Frau Balbiererin werd'! Es wär' ja nur auf 'm Land ein Unglück, in der Stadt kann man's schon aushalten mit ein' rotkopfeten Mann. Dort kommt er! (Nach links sehend.) Ich will mich stellen, als ob's mich reuet – was stellen! Ich bin ja wirklich vor Reu' ganz außer mir.

Quodlibet-Terzett

Flora
Titus! Titus!

Titus (aus dem Hintergrunde links)
D' Gartnerin ruft mich zu sich?

Flora
Ach, Herr Titus, hören S' mich!

Titus
D' Gartnerin ruft mich zu sich?

Flora
Ach, Herr Titus, hören S' mich!
's laßt mir kein' Rast und keine Ruh'.

Titus
Was S' z' sag'n hab'n, reden S', ich hör' zu.

Flora
Bereuen kann man nie zu fruh!

Titus
Der Abschied, hör'n Sie, war schmafu.

Flora
's laßt mir kein' Rast und keine Ruh'!

Titus (zugleich:)
Was S' z' sag'n hab'n, red'n S', ich hör zu.

Flora
Bereuen kann man nie zu fruh!

Titus (zugleich:)
Der Abschied, hör'n Sie, war schmafu!

Flora
Bereuen kann man, nein, das kann man nie zu fruh!

Titus (zugleich:)
Der Abschied, hör'n Sie, der war wirklich sehr schmafu!

Flora
Tun Sie nicht von mir sich wenden
Und mir Hasses Blicke senden!
Nicht vertrag' ich's!...

Titus
...Na, was is denn?

Flora
Ich vergehe –!

Titus
Versteht si!...

Flora
...Weh' mir!.

Titus
's magerlt ewige Zeiten,
Wird man von solchen Leuten
Malträtiert, das greift ans Herz;
Fern von eurem flachen Lande
Schließ' ich andre Liebesbande;
In d' Schweiz zieht der Verkannte,
Dort heilt a Kuhdirn den tief'n Schmerz.

Flora
Meiner Gall' war ich früher nicht Meister,
Vergeben Sie und sei'n Sie nicht hart!
Es rächen sich doch große Geister
Ja immer nur auf edle Art.

Titus
Es tobet in mir Rache,
Wie die Ehre, wie die Liebe sie fordert –

Flora
Willst du schon wieder gehn?

Titus
Ja, ich will gehn, froh und frei,
Nie deinen Tempel sehn.

Flora
Ach, du kannst nicht begreifen, nicht fühlen,
Welche Qualen die Brust mir durchwühlen,
Diese Flammen, die nie mehr zu kühlen,
Wie von Reue das Herz mir bricht!
Ja, dich nenn' ich mein teures Leben,
Dich mein einziges, glühendes Streben!
Willst du grausam mir nimmer vergeben,
Erwidern die Tränen mit Hohn,
Willst du grausam mir nimmer vergeben,
Erwidern die Tränen mit Hohn –?

Titus
Daß ich so g'schwind Lieb' konnt' erwecken,
Da muß was dahinterstecken,
Alles eins, ich sag': Beim Bäcken
Kriegt man d' Semmeln, mich aber nicht!
's nutzt nix, die G'schicht',
Bitt' fort a Jahrl,
Mich erwischst nicht,
Mir wer'n kein Paarl,
's is umsonst, hast nix davon,
's is umsonst, hast nix davon.

Salome (kommt)
Ich hab' wahrlich keinen Grund,
Ein lustig's G'sicht zu machen,
Und doch öffnet sich mein Mund
Herzlich jetzt zum Lachen.
Wie der dicke Herr im Schloß
Sich benimmt, is g'spaßi,
Da hat er's gegeb'n ganz groß,
Droben is er dasi – hahaha!

Flora
Was will denn die da?

Salome (Titus erblickend)
Was is das? Jetzt bei der?
Das gehört auch zum Malheur.

Titus
D' Salome,
Soll die mich hier als Flegel sehen?

Flora
Titus! Grob därfen S' jetzt nit sein –

Salome
Daß ich grad dazu muß kommen!

Titus
Wenigstens zum Schein –

Flora
Wir sind nicht mehr allein.

Salome
Doch ich hab' mir vorgenommen –

Titus
Will ich all's verzeihn.

Flora, Titus und Salome zugleich:

Flora
Ha, Worte, die sanft erklingen,
Vernehm' ich, es wird mir gelingen,
Mir wieder zu erringen,
Was ich verlor,
Was ich verlor,
Und was mein Glück allein.

Titus
Wenn sanft die Worte klingen,
Brauchen S' vor Freud' nicht zu springen,
Schwerlich wer'n S' mich erringen.
Denn wohlgemerkt,
Ich hab' nur g'sagt: zum Schein!

Salome
Nichts mehr z' sagen,
Mir es aus dem Sinn zu schlagen,
's soll nicht sein,
Nein, 's soll nicht sein.

Titus
Ach, sie im Netz zu sehen,
Ach, ich muß es gestehen,
Ja, leicht wär' es geschehen,
Doch nein, nein, nein, ich will das nicht,
Die Liebe, dideidldidum,
Erfüllet, dideidldidum,
Mich gar nicht, dumdidldidum,
Für sie, durchaus nein!
Ach, sie im Netz zu sehen,
Ich muß es gestehen,
Leicht wär' es geschehen,
Doch nein! Ihrer Liebe Sehnen
Stillbeglückt zu krönen
Darf ich nicht entbrennen, nein!

Alle drei
Man schmeichelt sich mit Hoffnung oft,
Zu Wasser wird, was man gehofft.

Flora
Bei mir soll's nicht zu Wasser wer'n,
Das Glück hat halt die Witwen gern.

Titus, Salome
Das Glück, das foppt uns halt so gern!

Alle drei
Wenn man glaubt, man hat das Glück
Schon sicher in sein' Haus,
Husch, husch, husch, im Augenblick
Beim Fenster rutscht's hinaus.
Man schmeichelt sich mit Hoffnung oft,
Zu Wasser wird das, was man hofft –

Flora
Mir soll's nit zu Wasser wer'n!

Titus, Salome
Warum soll's nit zu Wasser wer'n?

Flora
Das Glück hat mich zu gern.

Titus, Salome
Das Glück, das foppt uns gern!

Salome
Mein Bruder, der Jodl, singt so:
Ja, mit die Madeln da is richti, richti, richti
Allemal a rechter G'spaß,
Tun s' vor'n Leuten noch so schüchti, schüchti, schüchti,
Was man z' denken hat, man waß's!
Und ich bin a schöner Kerl, Kerl, Kerl,
G'wachsen wie a Pfeifenröhrl, Röhrl, Röhrl,
Unter den Männern schon die Perl', Perl', Perl',
Drüber laßt sich gar nix sag'n,
Ich hab' Rosomi im Schädel, Schädel, Schädel,
Drum bin ich stolz und bettel', bettel', bettel'
Nit erst lang um so a Mädl, Mädl, Mädl,
Obs d'nit doni gehst vom Wag'n, Wag'n, Wag'n,
Obs d'nit doni gehst vom Wag'n.

Alle drei
Bald wird's anders werden,
Kuraschiert auf den Weg,
Der zum Ziel uns führt,
Fortmarschiert, so lang, bis 's besser wird.
's Glück is rund,
Darum geht's auf der Welt so bunt,
Ohne Grund
Liegt man g'schwind öfters drunt'.

Flora, Salome
Wir sein nix als –

Titus
Wir sein nix als – wir sein nix als –

Flora, Salome
Narren des Schicksals,

Titus
Narren des Schicksals, Narren des Schicksals.

Flora, Salome
Wenn man sich all's, wenn man sich all's,

Titus
Wenn man sich all's,
Wenn man sich all's,

Alle drei
Gleich zu Herzen,
Wenn man sich alles z' Herzen nimmt!
Wenn nur frohe Hoffnung glimmt,
Endigt alles gut bestimmt,
Ta, ta, ta, dum, dum, dum.

Flora, Salome
's laßt sich drüber nix sag'n
Mit ein' orndlichen Mag'n,

Titus
Mit ein' orndlichen Mag'n –

Alle drei
Man kann alles ertrag'n,
Kann man alles ertrag'n.

(Flora rechts, Titus hinter dem Schloß und Salome links gegen den Hintergrund ab.)

 

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