Der Talisman, I/16–23

    

 

I/01–15: Dorfplatz
I/16–23: Wohnung der Gärtnerin

II/01–05: Schlossgarten
II/06–27: Saal im Schlosse

III/01–11: Schlossgarten
III/12–21: Gartensaal

Verwandlung

Zimmer in der Wohnung der Gärtnerin, mit Mitteltür, rechts eine Seitentür, links ein Fenster

Sechzehnte Szene

Flora (zur Mitte auftretend)

Flora Das Unkraut Gall' und Verdruß wachst mir jetzt schon zu dick auf mein' Geschäftsacker, ich kann's nicht mehr allein ausjäten. Mein seliger Mann hat kurz vorher, als er selig worden ist, g'sagt, ich soll Wittib bleiben – wie kann ein seliger Mann so eine unglückselige Idee haben? Die Knecht' haben keine Furcht, kein' Respekt, ich muß ihnen einen Herrn geben, dessen Frau ich bin. Mein Seliger wird den Kopf beuteln in die Wolken! Wann er mir etwan gar als Geist erscheinet, wann's auf einmal so klopfet bei der Nacht – (es wird an die Tür geklopft; ängstlich aufschreiend) ah! (Hält sich wankend am Tische.)

 
Siebzehnte Szene

Flora, Titus (mit schwarzer Haartour zur Mitte hereinstürzend)

Titus Is ein Unglück g'schehn? Oder kirren Sie vielleicht jedesmal so statt 'm Hereinsagen?

Flora (sich mühsam lassend) Nein, bin ich erschrocken!

Titus (für sich) Seltenes Geschöpf, sie erschrickt, wenn einer anklopft! Sonst ist den Frauenzimmern nur das schrecklich, wann keiner mehr anklopft.

Flora Der Herr wird sich drüber wundern, daß ich so schwache Nerven hab'?

Titus Wundern über das Allgemeine? O nein! Die Nerven von Spinnengeweb', d' Herzen von Wachs und d' Köpferl von Eisen, das is ja der Grundriß der weiblichen Struktur.

Flora (beiseite) Recht ein angenehmer Mensch – und die rabenschwarzen Haar'! – Ich muß aber doch (laut und in etwas strengem Ton), wer is der Herr und was will der Herr?

Titus Ich bitt', die Ehr' is meinerseits! Ich bin Ihr untertänigster Knecht und empfehl' mich.

Flora (nickt ihm erstaunt ein kurzes Adieu zu, weil sie glaubt, er will fort; als er stehen bleibt, sagt sie nach einer Pause) Na? Diese Red' sagt man, wenn man fortgehn will.

Titus Ich aber sag' sie, weil ich dableiben will. Sie brauchen ein' Knecht, und als solchen empfehl' ich mich.

Flora Was? Der Herr is ein Knecht?

Titus Zur Gärtnerei verwendbar.

Flora Als Gehilfe?

Titus Ob Sie mich Gehilfe nennen oder Gärtner oder – das is alles eins; selbst – ich setz' nur den Fall – wenn es mir als Gärtner gelingen sollte, Gefühle in Ihr Herz zu pflanzen ich setz' nur den Fall – und Sie mich zum unbeschränkten Besitzer dieser Plantage ernennen sollten – ich setz' nur den Fall – selbst dann würde ich immer nur Ihr Knecht sein.

Flora (beiseite) Artig is der Mensch – aber – (laut) Seine Reden sind etwas kühn, etwas vorlaut!

Titus Bitt' untertänig, wenn man sagt: »Ich setz' nur den Fall«, da darf man alles sagen.

Flora Er ist also –

Titus Ein exotisches Gewächs: nicht auf diesem Boden gepflanzt, durch die Umstände ausgerissen und durch den Zufall in das freundliche Gartengeschirr Ihres Hauses versetzt, und hier, von der Sonne Ihrer Huld beschienen, hofft die zarte Pflanze, Nahrung zu finden.

Flora Da fragt es sich vor allem, ob Er die Gärtnerei versteht?

Titus Ich habe Menschenkenntnis, folglich auch Pflanzenkenntnis.

Flora Wie geht denn das zusammen?

Titus Sehr gut! Wer Menschen kennt, der kennt auch die Vegetabilien, weil nur sehr wenig Menschen leben – und viele, unzählige aber nur vegetieren. Wer in der Fruh aufsteht, in die Kanzlei geht, nacher essen geht, nacher präferanzeln geht und nacher schlafen geht, der vegetiert; wer in der Fruh ins G'wölb' geht und nacher auf die Maut geht und nacher essen geht und nacher wieder ins G'wölb' geht, der vegetiert; wer in der Fruh aufsteht, nacher a Roll' durchgeht, nacher in die Prob' geht, nacher essen geht, nacher ins Kaffeehaus geht, nacher Komödie spieln geht, und wenn das alle Tag' so fortgeht, der vegetiert. Zum Leben gehört sich, billig berechnet, eine Million, und das is nicht genug; auch ein geistiger Aufschwung g'hört dazu, und das find't man höchst selten beisammen! Wenigstens, was ich von die Millionär' weiß, so führen fast alle aus millionärrischer Gewinnvermehrungspassion ein so fades, trockenes Geschäftsleben, was kaum den blühenden Namen »Vegetation« verdient.

Flora (beiseite) Der Mensch muß die höhere Gärtnerei studiert haben! (Laut.) So dunkel Sein Kopf auswendig is, so hell scheint er inwendig zu sein.

Titus Sind Ihnen vielleicht die schwarzen Haar' zuwider?

Flora Zuwider? Er Schelm wird nur zu gut wissen, daß ein schwarzer Lockenkopf einem Mann am besten laßt.

Titus (für sich) Die Peruck'n wirkt!

Flora Er will also hier einen Dienst? Gut, Er is aufgenommen. Aber nicht als Knecht! Er zeigt Kenntnisse, Eigenschaften, besitzt ein vorteilhaftes Äußeres –

Titus (für sich) Die Peruckenkraft wirkt heftiger!

Flora Er soll die Aufsicht über das Gartenpersonale haben, Er soll den übrigen Befehle erteilen; Er soll nach mir im Garten der erste sein.

Titus (beiseite) Die Peruck'n hat gesiegt! (Laut.) Ich weiß so wenig, wie ich mich bedanken soll, als ich weiß, wie ich zu solchem Glück komme.

Flora (seine Haare betrachtend) Nein, diese Schwärze, ganz italienisch!

Titus Ja, es geht schon beinahe ins Sizilianische hinüber. Meine Mutter war eine südliche Gärtnerin.

Flora Weiß Er aber, daß Er sehr ein eitler Mensch ist? Mir scheint, Er brennt sich die Locken. (Will mit der Hand nach den Locken fahren.)

Titus (zurückprallend) O, nur net anrühren! Ich bin sehr kitzlich auf 'm Kopf.

Flora Närrischer Mensch! – Unter anderm aber, in diesem Anzug kann ich Ihn der gnädigen Frau nicht vorstellen.

Titus Also gilt bei Ihnen das Sprichwort: »Das Kleid macht den Mann«, das Sprichwort, durch welches wir uns selbst so sehr vor die Schneider herabsetzen und welches doch so unwahr ist! Denn wie viele ganze Kerls gehn mit zerissene Röck' herum.

Flora Aber der Anzug hat so gar nix, was einem Gartner –

Titus O, der Anzug hat nur zuviel Gärtnerartiges: er is übersät mit Fleck', er is aufgegangen bei die Ellbögen und an verschiedenen Orten. Weil ich nie ein Paraplü trag', wird er auch häufig begossen, und wie er noch in der Blüte war, hab' ich ihn oft wie eine Pflanze versetzt.

Flora Das is dummes Zeug! (Nach der Türe rechts deutend.) Geh' Er durch das Zimmer in die Kammer hinein! In der Truhen, wo der Zwiefel liegt, find't Er den Hochzeitsanzug von mein' seligen Mann.

Titus Das Hochzeitskleid des Verblichenen soll ich anziehen? Hören Sie – (fährt sich kokett mit der Hand durch die Locken) da kann ich nichts davor, wenn Gefühle erwachen, die –! (Sieht sie bedeutungsvoll an und geht durch die Seitentür rechts ab.)

Achtzehnte Szene

Flora, dann Plutzerkern

Flora Wirklich ein scharmanter Mensch! – Na, man kann nicht wissen, was geschieht. Ein Spaß wär's, wenn ich früher zur zweiten Heirat käm' als unsere Kammerfrau, die so spöttisch auf mich herabsieht, weil sie den Herrn Friseur zum Liebhaber hat. Mit der Hochzeit laßt er sich aber hübsch Zeit! Bei mir könnt' es rascher gehn, das wär' ein Triumph! – Vor allem muß ich aber die Leut' zusammenrufen. (Geht zum Fenster.) Ah, der Plutzerkern! (Hinausrufend.) Hol' g'schwind die Leut' alle zusamm', ein neuer Gärtner is aufgenommen, der in Zukunft anstatt meiner über sie befehlen wird.

Plutzerkern (inner der Szene) Das is g'scheit!

Flora Was is das – die Kammerfrau? (Zum Fenster hinausgrüßend.) Gehorsamste Dienerin! (Vom Fenster weggehend.) Sie kommt zu mir, was hat das zu bedeuten? G'wiß wieder ein Verdruß! Die Leut' haben was versäumt, und ich kann 's Bad ausgießen.

 
Neunzehnte Szene

Flora, Constantia

Constantia (zur Mitte eintretend) Frau Gärtnerin –

Flora (mit einem Knix) Untertänigste! – Was steht zu Befehl?

Constantia Die gnädige Frau erwartet heute nachmittags Besuch aus der Stadt und wünscht, daß nicht wieder so schlechtes Obst wie das letzte Mal ins Schloß geschickt werde.

Flora Ich hab' das allerschönste –

Constantia Die gnädige Frau ist überhaupt mit der ganzen Pflege des Gartens höchst unzufrieden.

Flora Is nicht meine Schuld; die Leut' – aber das wird jetzt alles anders wer'n. Die gnädige Frau hat mir den Auftrag erteilt, einen geschickten Menschen aufzunehmen; na, und da hat sich's so geschickt, daß ein sehr geschickter Mensch –

Constantia Gut, ich werd' es der gnädigen Frau zu wissen machen.

Flora Ich werde mir die Freiheit nehmen, ihn selbst der gnädigen Frau vorzustellen.

Constantia Was fällt Ihr ein? Der gnädigen Frau vorzustellen – so ein' Bengel!

Flora O, ich bitte, Madame, diesen Menschen mit keinem gewöhnlichen Gartenknecht zu verwechseln; er ist – es ist sogar möglich – beinahe schon gewiß, daß ich ihn heirat'.

Constantia So? Diese Vermählung wird der gnädigen Frau so uninteressant sein wie der ganze Mensch; ich finde es daher, wie schon gesagt, ganz unstatthaft, ihn der gnädigen Frau vorzustellen.

 
Zwanzigste Szene

Titus; die Vorigen

Titus (tritt in etwas altmodischem Gärtneranzuge, einen Bündel in der Hand tragend, ohne Constantia zu bemerken, aus der Seitentüre rechts) So! Da wär'n wir; meine Sachen hab' ich in dem Bünkel z'samm'gebunden.

Flora Die hätt' er gleich drin lassen können!

Titus Gelingt es mir, in diesem Anzug das verblichene Bild ganz vor Ihre Seele zu zaubern?

Constantia (für sich) So ein schöner, schwarzer Krauskopf ist mir so bald nicht vorgekommen.

Titus (zu Flora, auf den Bündel zeigend) Und diese G'schicht' da legen wir – wohin?

Flora (nach einem links stehenden Kasten zeigend) Meinetwegen in den Kasten dort!

Titus (sich umwendend) Gut – (Constantia erblickend) ah! – Jetzt gäbet ich kein' Tropfen Blut, wann man mir eine Ader lasset. (Sich tief vor Constantia verneigend.) Ich bitte untertänig – (zu Flora) warum haben Sie mir nicht gesagt? – (zu Constantia, mit tiefer Verbeugung) mir nicht zu zürnen, daß ich – (zu Flora) daß die gnädige Frau da ist – (zu Constantia, mit tiefer Verbeugung) nicht gleich die pflichtschuldigste Reverenz – (zu Flora) 's is wirklich schrecklich, in was Sie ein' für eine Lag' bringen!

Constantia Ich bin ja nicht die gnädige Frau.

Flora (zu Titus) Was fallt Ihm denn ein?

Constantia Ich bin ja nur –

Titus Nein, Euer Gnaden sind es und wollen mir nur die Verlegenheit ersparen.

Flora Es ist die Kammerfrau der Gnädigen.

Titus Hören Sie auf! – Diese Hoheit in der Stirnhaltung, diese herablassende Blickflimmerung, dieser edle Ellbogenschwung –

Constantia (sich geschmeichelt fühlend) Hm, ich bin doch nur die Kammerfrau der Frau von Cypressenburg.

Titus Wirklich? – Ich glaub' es nur, weil ich es aus Ihrem eigenen Munde hör'. Also Kammerfrau? Meine Mutter war auch Kammerfrau.

Flora Er hat ja gesagt, Seine Mutter war Gärtnerin?

Titus Zuerst war sie Gärtnerin, dann ist sie Kammerfrau geworden.

Constantia (beiseite) Wirklich ein interessanter, gebildeter Mensch!

Flora (zu Titus, welcher Constantia fixiert) So leg' Er nur die Sachen da hinein!

Titus (immer auf Constantia zurückblickend) 's Schicksal weiß wirklich nicht, was 's tut, so eine Gestalt in die Antichambre zu postieren.

Flora Hört Er denn nicht? Da in den Kasten!

Titus Ja, gleich! – (Mit Bewunderung auf Constantia sehend.) Klassische Salonfigur! (Er geht, auf Constantia sehend, zum Kasten, welcher neben der Tür steht.)

Flora (für sich) Wie sie kokettiert auf ihn, die aufdringliche Person!

 
Einundzwanzigste Szene

Plutzerkern; die Vorigen

Plutzerkern (durch die Mitte eintretend) Die Leut' werden gleich alle da sein.

Titus (Plutzerkern erblickend, kehrt rasch um) Verdammt! Wann der mich kennt! (Wendet sich gegen Constantia, um Plutzerkern den Rücken zu kehren.)

Plutzerkern (zu Flora) Das is also der neue Gartner? Da muß man sich ja zu Gnaden rekommandier'n. (Tritt zwischen Titus und Constantia.)

Titus (wendet sich gegen Flora, um wieder Plutzerkern den Rücken zu kehren) Schicken S' den Kerl fort! Ich bin kein Freund von solchen Zeremonien.

Flora Tu' Er nicht so schüchtern!

Plutzerkern (indem er versucht, Titus die Vorderseite abzugewinnen) Herr Gartner, der wohlverdienteste Mann im ganzen Personal –

Titus (in großer Verlegenheit in die Tasche fahrend) Ich muß mir nur g'schwind ein Schnupftüchel vors G'sicht – (zieht statt eines Schnupftuches eine graue Perücke mit Zopf aus der Tasche und hält sie eiligst vors Gesicht.)

Plutzerkern Aber Sie hab'n kuriose Schnupftücheln.

Titus Was ist denn das?

Flora (lachend) Das is die Perücke von meinem ehemaligen Gemahl.

Titus Schaut sehr eh'malig aus! (Steckt die Perücke in das Bündel, welches er noch in der Hand hält.)

Plutzerkern Was Teuxel, der Gartner kommt mir so bekannt vor! – (Zu Titus.) Haben Sie nit an Brudern mit rote Haar'?

Constantia Was fällt Ihm ein?

Titus Ich hab' gar kein'n Brudern.

Plutzerkern So? Nachher wird das der Bruder von wem andern sein.

Flora Was will denn der Dummkopf?

Plutzerkern Na, ich hab' halt ein' g'sehn mit rote Haar', das is ja nix Unrechts.

 
Zweiundzwanzigste Szene

Zwei Gartenknechte; die Vorigen

(Die Gartenknechte treten zur Mitte ein, jeder zwei Körbe mit Obst tragend.)

Erster Gartenknecht Da is das Obst!

Flora Das hätt' gleich sollen ins Schloß getrag'n werden!

Constantia Das wäre eine saubere Manier, daß man das Obst nur so durch die Knechte hinaufschickt.

Flora 's war ja immer so.

Constantia (auf Titus zeigend) Der Herr Gärtner wird die Früchte überbringen. Dies ist zugleich die schicklichste Gelegenheit, ihn der gnädigen Frau vorzustellen.

Flora (zu Constantia) Vorstellen? Wie finden Sie es denn auf einmal nötig, ihn der Gnädigen vorzustellen? Sie haben ja grad vorher g'sagt, es is ganz unstatthaft, so einen Bengel der gnädigen Frau vor Augen zu bringen.

Constantia (verlegen) Das war – das heißt –

Titus Bengel?

Flora (mit boshaftem Triumph über Constantias Verlegenheit) Ja, ja!

Titus Das ist arg!

Constantia (sehr verlegen) Ich habe –

Titus Das is enorm –

Flora Na, ich glaub's – es is ja –

Titus Mir unbegreiflich, (zu Flora) wie Sie das Wort »Bengel« auf mich beziehen können!

Flora 's waren die eigenen Worte der Madame!

Titus (zu Flora) Erlauben Sie mir, es gibt außer mir noch Bengeln genug, und ich bin kein solcher Egoist, daß ich alles gleich auf mich beziehe.

Constantia (sich von ihrer Verlegenheit erholend) Ich wollte –

Titus (auf Constantia deutend) Wenn diese Dame wirklich ihre Lippen zu dem Wort »Bengel« hergegeben, so hat sie wahrscheinlich einen Knecht, vielleicht einen von diesen beiden Herren (auf die Gartenknechte zeigend) gemeint, denn mich hat sie ja noch gar nicht gekannt und kennt mich selbst jetzt noch viel zu wenig, um über meine Bengelhaftigkeit das gehörige Urteil zu fällen. (Zu Constantia.) Hab' ich nicht recht?

Constantia Vollkommen!

Flora (sehr aufgeregt und ärgerlich) Also will man mich zur Lügnerin machen?

Titus Nein, nur zur Verleumderin.

Constantia (zu Titus) Also kommen Sie jetzt!

Flora Er soll aufs Schloß kommen? Und warum denn gar so eilig? Die gnädige Frau is ausg'fahr'n.

Constantia Nun, und da wird es doch schicklicher sein, daß der Herr Gärtner auf die gnädige Frau wartet als sie auf ihn?

Titus Das is klar. (Zu Constantia.) Sie weiß nichts von Etikette! Das Schicklichste auf jeden Fall is, daß ich bei Ihnen wart', bis der günstige Moment erscheint.

Flora (sehr ärgerlich, beiseite) Zerreißen könnt' ich s', die Person, die!

Titus Als Gärtner muß ich aber doch mit dem gehörigen Anstand – ah, da is ja, was ich brauch'. (Eilt zum Fenster und reißt die Blumen aus den Töpfen.)

Flora Was is denn das? Meine Blumen!

Titus Müssen zu einem Strauß herhalten! Ein Band brauchen wir auch. (Zum Tisch eilend.) Da liegt ja eins. (Nimmt ein breites Atlasband und wickelt es um die Blumen.)

Flora Was treibt Er denn? Das neue Band, was ich mir erst aus der Stadt –

Titus Zu so einer Feierlichkeit ist das Beste noch zu schlecht. (Zu Constantia, auf Flora deutend.) Die Gute, sie weiß nichts von Etikette!

 
Dreiundzwanzigste Szene

Mehrere Gartenknechte; die Vorigen

Die Knecht (zur Mitte eintretend) Wir machen alle unser Kompliment.

Titus Aha, meine Untergebenen! Ihr tragt mir 's Obst nach!

Die Knecht Zu Befehl!

Constantia (zu Titus) Bei dieser Gelegenheit müssen Sie sich bei den Leuten in Respekt setzen, etwas zum besten geben; ich finde es wenigstens am Platz.

Titus Ich find' es auch am Platz – aber – (in der Westentasche suchend) es is ein anderer Platz, wo ich nichts find'.

Constantia Ich mache mir ein Vergnügen daraus, nehmen Sie hier –! (Will ihm eine Börse geben.)

Flora (es verhindernd) Erlauben Sie, das geht mich an. (Zu Titus.) Hier, nimm der Herr! (Will ihm Geld geben.)

Constantia (es verhindernd) Halt! Das duld' ich nicht. Es ist eine Sache, die die Ehre des Hauses betrifft und folglich die gnädige Frau durch mich bestreitet.

Flora Ich kann's auch der Gnädigen in Rechnung bringen, aber mir kommt es zu –

Titus Erlauben Sie, diese Sache kann man rangieren, ohne daß jemand dabei vor den Kopf gestoßen wird. Ich bin so frei (nimmt das Geld von Constantia) geben S' nur her! (Nimmt das Geld von Flora.) So! Nur in solchen Fällen niemanden beleidigen! (Zu den Gartenknechten.) Heut' werd't's alle traktiert von mir.

Die Knecht Juhe!

Titus Jetzt vorwärts aufs Schloß!

Chor
Der neue Herr Gartner, der laßt sich recht gut an;
Sei' G'sundheit wird trunken, das is halt a Mann!

(Titus geht während dem Chore mit Constanzen voran, die Knechte folgen mit den Obstkörben, Flora sieht ärgerlich nach, Plutzerkern betrachtet sie mit bedeutungsvollem Lächeln; unter dem Jubel des Gartenpersonals fällt der Vorhang.)

 

I/01–15: Dorfplatz
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II/06–27: Saal im Schlosse

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