Der Talisman, II/1–5

    

 

I/01–15: Dorfplatz
I/16–23: Wohnung der Gärtnerin

II/01–05: Schlossgarten
II/06–27: Saal im Schlosse

III/01–11: Schlossgarten
III/12–21: Gartensaal

Zweiter Akt

Die Bühne stellt einen Teil des Schloßgartens vor; vorne rechts die Wohnung der Gärtnerin mit praktikablem Eingang; im Vordergrunde links ein Tisch mit mehreren Gartenstühlen. Im Hintergrunde rechts sieht man einen Seitenflügel des Schlosses mit einem praktikablen Fenster.

Erste Szene

Plutzerkern, mehrere Gartenknechte (sitzen um den Tisch herum und trinken)

Chor
Man glaubt nicht, wie g'schwind
D' Krügeln aus'trunken sind!
Bei der Arbeit, da rast't man so gern,
Beim Wein tut sich keiner beschwer'n,
Der wird ein' nicht z'viel,
Man seufzt nach kein' Ziel.
Das Trinken is wirklich a Pracht,
Die Fortsetzung folgt auf die Nacht.

Plutzerkern Die Arbeit is heut' nicht pressant, wir hab'n noch über die Hälfte vom Geld, das muß noch vertrunken wer'n; also heißt's: zeitlicher Feierabend machen!

Erster Gartenknecht Bei so was kommt g'wiß keiner z'spat.

Plutzerkern Nur immer denken, ein Gartner ist die edelste Pflanze, drum muß er fleißig begossen werden, sonst welkt er ab.

Erster Gartenknecht Is aber ein rarer Mann, der neue Herr Gartner, und ein rüstiger Mann.

Alle Das is wahr!

Plutzerkern O kurzsichtiges Volk! Ein fauler Kerl is er, glaubt's mir, ich versteh' das! Der wird uns von keiner Arbeit überheben, im Gegenteil, wir werden ihn noch bedienen sollen, den hergeloffenen Ding, und er wird d' Händ in Sack stecken, den gnädigen Herrn wird er spielen wollen, der aufgeblas'ne Tagdieb!

Die Knecht Wär' nit übel!

Erster Gartenknecht Da soll ihm ja gleich -

Plutzerkern Ruhig jetzt! - Zu diesen und ähnlichen Schimpfereien haben wir heut' abend die beste Zeit. Wir können uns dann auch gleich z'sammreden, wie wir ihn wieder aus'm Haus vertreiben wollen.

Alle Ja, das können wir!

Plutzerkern Also nur ruhig, alles zu seiner Zeit!

 
Zweite Szene

Flora; die Vorigen

Flora (kommt mit einem Korb, in welchem sich Teller und Tischzeug befinden, aus ihrem Hause) Jetzt bitt' ich mir aber aus, daß einmal ein End' gemacht wird. Nehmt's engere Krügeln und geht's, den Tisch brauch' ich jetzt.

Die Knecht Wir haben ohnedem grad gehn wollen.

Plutzerkern Es g'schieht ja alles dem neuen Gartner zu Ehren.

Flora (zu den Knechten) Und daß was gearbeitet wird!

Die Knecht (im Abgehen) Schon recht! (Links im Hintergrunde ab.)

 
Dritte Szene

Flora, Plutzerkern

Plutzerkern Ich begreif' nicht, wie Sie's übers Herz bringen, diese guten Menschen in ihrem unschuldigen Vergnügen zu stören.

Flora (hat ein Tischtuch aus dem Korb genommen und es über den Tisch gebreitet) Halt' Er 's Maul und hilf Er mir den Tisch da decken.

Plutzerkern Gleich! Diese Arbeit lass' ich mir nie zweimal schaffen. (Nimmt Eßzeug und Teller aus dem Korbe.) Das is ja aber nur für zwei Personen?

Flora Freilich! Ich wüßt' nicht, zu was mehrere nötig wären?

Plutzerkern Also speist der neue Gartner im Schloß bei der Kammerfrau?

Flora Dummkopf! Er speist hier bei mir.

Plutzerkern Er, Sie und ich - wir sind aber drei.

Flora Er hat an meinem Tisch gespeist, weil's mir allein zu langweilig war. Jetzt wär' das überflüssig. Er hat Sein Kostgeld, drum wird Er, wenn aufgetragen ist, gehn.

Plutzerkern (pikiert) Das war die Zeit, wo ich sonst nie gegangen bin.

Flora Räsonier' Er nicht und bring' Er die Suppen!

Plutzerkern (boshaft) Jetzt schon? Sie könnt' kalt wer'n! Wer weiß, wann der kommt!

Flora (ungeduldig nach dem Schlosse sehend) Er muß den Augenblick da sein. (Halb für sich.) Ich begreif' ohnedies nicht, wo er so lang -

Plutzerkern Ah, ich fang's schon zum Begreifen an.

Flora Schweig' Er und tu' Er, was man Ihm schafft!

Plutzerkern (im Abgehen, als ob er für sich spräche, aber so, daß es Flora hören muß) Der muß eine neue Blumasch' rangieren im Schloß, kann mir das lange Ausbleiben sonst gar nicht erklär'n. (In die Gärtnerwohnung ab.)

 
Vierte Szene

Flora, Titus

Flora (allein) Der war mir zum letztenmal da droben! Und wie sich diese Madame Constanz den Männern aufdringt, das ist ausdruckslos!

Titus (erscheint im Schloß am Fenster mit vorgebundener Serviette, ein Fasanbiegel in der Hand) Ah, Frau Gartnerin, gut, daß ich Ihnen seh' -

Flora Wo bleibt Er denn? Ich wart' mit 'm Essen -

Titus Ich nicht! Ich hab' schon gegessen.

Flora Auf 'm Schloß?

Titus Bei der Kammerfrau in der Kammer, sehr gut gespeist! Es war der erste Fasan, dem ich die letzte Ehr' angetan hab'! Mit diesem Biegel is seine irdische Hülle in der meinigen begraben.

Flora Es is aber sehr unschicklich, daß Er dort schmarotzt! Ich werd' mir das verbieten.

Titus Sich können Sie verbieten, was Sie wollen, aber mir nicht! Ich steh' nicht mehr unter Ihrer Tyrannei, ich hab' eine andere, eine bessere Kondition angenommen.

Flora (äußerst betroffen) Was wär' das?

Titus Warten S' a bissel, ich muß Ihnen was übergeben. (Zieht sich zurück.)

Flora (allein) Kammerfrau, ich kenne dich, das ist dein Werk! Eine Witwe, die selbst einen Liebhaber hat, fischt der andern den ihrigen ab, das wird doch ein Witwenstückl ohnegleichen sein!

 
Fünfte Szene

Plutzerkern; die Vorigen

Plutzerkern (den Suppentopf auftragend) Da is die Suppen.

Titus (am Fenster im Schloß erscheinend) Da sind die ehemaligen Kleider, die ich gegenwärtig nicht mehr brauch'. Mein Kompliment! (Wirft den Kleiderbündel herab, daß er Plutzerkern an den Kopf fliegt, und zieht sich zurück.)

Plutzerkern Anpumpt! Was is das?

Flora (zu Plutzerkern) Pack' Er sich zum Guckguck!

Plutzerkern Wird nicht gegessen?

Flora Nein, hab' ich gesagt. (Für sich.) Wer da nicht den Appetit verliert, der hat keinen zu verlieren.

Plutzerkern (pikant) Ich hab' glaubt, jetzt is die große Tafel in zweien, bei der ich überflüssig bin?

Flora Aus meinen Augen! (Für sich im Abgehen.) Boshafter Schlingel das! (In ihre Wohnung ab.)

Plutzerkern (allein) Also er speist nicht da, sie speist gar nicht, und ich, der Ausgeschlossene, ich speis' jetzt für alle zwei! Unerforschliches Schicksal! Diese Anwandlung von Gerechtigkeit hätt' ich dir gar nicht zugetraut. (In Gärtnerwohnung ab.)

 

I/01–15: Dorfplatz
I/16–23: Wohnung der Gärtnerin

II/01–05: Schlossgarten
II/06–27: Saal im Schlosse

III/01–11: Schlossgarten
III/12–21: Gartensaal