Städtische Bühnen Münster
Der Talisman
Premiere 31. Mai 2006
Wiederaufnahme 26. August 2006
Gastspiel in Leverkusen, 24. Oktober 2006
Ein Talisman ist ein Glücksbringer und ein Schutz gegen Unheil. Der Rotschopf und Friseurgeselle Titus Feuerfuchs wird diskriminiert und ausgeschlossen. Mit einer schwarzen Perücke, die Titus von seinem Chef zum Dank für die Vermeidung eines Unfalls erhält, macht er die Erfahrung, dass er mit seiner neuen Haarfarbe von den Menschen anders behandelt wird. Titus scheint seinen Talisman gefunden zu haben. Er hat mehr Erfolg bei den Frauen, zudem macht der Friseurgeselle Karriere. Seine Affären und Karrieresprünge stehen in engem Zusammenhang mit weiteren Wechseln der Haarfarbe. Die Witwe Baumscherer stellt ihn als Gärtner ein; durch ein Techtelmechtel mit der verwitweten Kammerfrau Constanze steigt er zum Jägermeister auf. Dann interessiert sich die Gutsbesitzerin Frau von Zypressenburg, für Titus, und macht ihn zu ihrem Sekretär. Auch gegenüber seinem reichen Onkel, der ein schlechtes Gewissen hat, seinen Neffen wegen seiner roten Haare schlecht behandelt zu haben, verstärkt eine graue Perücke dessen Mitleid, so dass Titus von diesem nicht nur einen Barbierladen erhält, sondern auch als Universalerbe eingesetzt wird. Die Komplikationen, die dieses Wechseln von Feuerfuchs’ „Perückenidentitäten“ mit sich bringt, bleiben nicht aus, wenn er zum Beispiel verschiedenen Leuten gleichzeitig begegnet, die ihn aber mit unterschiedlichen Haarfarben kennen. Die Ereignisse spitzen sich turbulent zu. Immer wieder droht der Schwindel aufzufliegen.
Das Komödiantische spielt bei Nestroy, wie die abwechslungsreiche Handlung vermuten lässt, eine große Rolle. Doch mit der derben Posse erzählt Nestroy auch sehr genau von den Sehnsüchten seiner Figuren. „Der Talisman“ zeigt, wie Menschen geneigt sind, sich an Äußerlichkeiten der Erscheinung ihrer Mitmenschen zu orientieren. Es wird deutlich, wie ein Mensch Gefahr läuft, seine eigene Persönlichkeit zu verlieren, wenn er sich viele Identitäten zulegt oder diese häufig wechselt.
Der Wiener Schauspieler-Dichter und Theaterleiter Johann Nepomuk Nestroy (1801–1862) war ein streitbarer Geist, der in seinem ausschließlich theatralischen Schaffen mit den Mitteln der Parodie, Satire, Zeit- und Kulturkritik gegen gesellschaftliche Zustände und menschliche Unzulänglichkeiten polemisierte. „Der Talisman“ ist ein Stück mit viel Sprachwitz, mitreißenden Couplets, die bei dieser Inszenierung mit Live-Musik begleitet werden, und bissiger Komik.
Mit Regine Andratschke, Christiane Hagedorn, Nora Marie Horstkotte, Carola von Seckendorff, Carolin M. Wirth (Salome Pockerl), Frank-Peter Dettmann, Ilja Harjes, Johannes-Paul Kindler, Benjamin Kradolfer (Titus Feuerfuchs), Marek Sarnowski, Johann Schibli, Wendelin Starcke-Brauer
Regie Wolfgang Quetes, Bühne Manfred Kaderk, Kostüme Anke Drewes, Musikalische Leitung Peter Meiser, Dramaturgie Ralph Blase