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Burgtheater:
Zettelträger Papp oder Meine Frau hat eine Grille

Pressestimmen

Premiere 27. März 2004

[Zettelträger Papp oder Meine Frau hat eine Grille]

Der Standard, 29. März 2004

Alpenkönigreich und Menschenflachheit
Sommertheater im März: Drei Nestroy-Einakter im Burgtheater

Wien – Drei Nestroy-Einakter hat Robert Meyer auf die viel zu große Burgtheater-Bühne gestemmt: zwei Vorspiele, deren erstes als „komische Kleinigkeit“ daherkommt, und einen finalen Abgesang, den man als Coda, als Durchführung und Schluss eines im Übrigen gar nicht stattfindenden Abends ansehen könnte. Der bis zur Unbedenklichkeit seichte, flauschweiche Nestroy-Abend Zettelträger Papp ist eine possierliche Feier des Verpackungsmaterials: Aus der Schachtel springt einem das Nichts entgegen.

Robert Meyer als Regisseur und routinierter Darsteller entdeckt Nestroy als den gewohnt galligen Kommentator ehehygienischer Unleidlichkeiten. Er feiert ihn aber auch unbedenklich als Hans Wurst jener sozialen Verelendungstendenzen, aus deren penibel genauer Verzeichnung der Komiker den Ekel vor der so genannten „besseren Welt“ geschöpft hat.

In dem Einakter Frühere Verhältnisse, wo aufgebockt auf der Bühne eine Glasfiberschachtel steht (Bühnenbild: Christoff Wiesinger), muss ein zerknautschter Holzhändler (Branko Samarovski) im Seidenpyjama die überschnappende Hysterie seiner Nivea-geschminkten Ehehälfte (Petra Morzé) zerknirscht über sich ergehen lassen wie ein Ochs das Erdbeben in der sicheren Designer-Kuhle.

Er kippt über die Couchlehne nach hinten – mehr an Fallhöhe, an Ertragen einer grämlichen, unwiderleglichen Lebensangst ist nicht drin an diesem lauen, manchmal lauten Abend. Dass der Herr Kapitalist die Entdeckung seiner unrühmlichen Herkunft abwehren muss wie ein grässliches Gespenst, das gleichwohl nur seiner Einbildung entspringt – es bleibt ungespielt und ausgeblendet. Dafür ruht sich Meyer als der Gosse entronnener Knecht Muffl wie gewohnt routiniert auf dem Hochplateau seiner Nestroy-Kunst aus. Er singt die komprimierte Gedankenmusik in Legatobögen, richtet die Knopfaugen milde ins Publikum, spricht dem Schnapswägelchen zu und lässt durchaus vergessen, das Nestroys Sentenzen aus der Einsicht geboren und – wenn's auch nicht stimmt – im Augenblick erfunden sind. Dafür hat man für das possierliche Sommerlüfterl Ein gebildeter Hausknecht eine Art Rax-Sommerfrische hingezaubert – mit Fototapete hinter der Aussichtswarte. Wobei Knecht Knitsch (Samarovski), ein hoffnungsloser Freund der Poesie, ein sozial gefallener Engel dichterischer „Blödigkeit“ (um Hölderlin zu bemühen) ist, der sich vor der widerlichen Welt ins holde Reich der Einbildung flüchtet, eine Art Bruder im Geiste des Raimundschen Habakuk – jenes traurigen Tropfs, der von der falschen Behauptung lebt, er habe in Paris gedient.

Das ergibt so etwas wie stille, lichtdurchflutete Momente des wahren Zaubers. Der Rest ist Zündelei.

Ronald Pohl

abstand

Kurier, 29. März 2004

Jubiläumsfeier von, mit und für Robert Meyer

„Es ist zum Staunen, was ein guter Abonnent vertragt!“ heißt es da einmal bei Nestroys Zettelträger Papp. Und weil das Burgtheater-Publikum heuer sogar schon tapfer einen Schlingensief überstanden hat, gibt’s jetzt einen Jux, eine Belohnung fürs Durchhalten – wer hat denn in diesem langen Winter nicht Sehnsucht nach sommertheaterlichen Späßen?

Fleißübung

Nestroy also, inszeniert und gespielt von Robert Meyer, da weiß man, was man bekommt, denkt man. Und so ist es dann auch. Der von vielen sehr gemochte Burgschauspieler hat ein Vorspiel („Der Zettelträger Papp“) und zwei Einakter („Ein gebildeter Hausknecht“ und „Frühere Verhältnisse“) zu einem Programm zusammen gestellt (Meyer selbst feiert damit übrigens seine 30-jährige Ensemble-Zugehörigkeit).

Wie das so ist bei Nestroy, sind die unbekannten Stückerln zu Recht unbekannt. Fingerübungen des Autors, Wortspielereien, die heute wiederum Schauspieler zu Fleißübungen animieren.

Gleich im Vorspiel staubt’s heftig, dagegen hilft auch der Staubwedel des Branko Samarovski als Diener bei Kieselbach (Paul Wolff-Plottegg) nichts. Meyer, der Zettelträger, punktet mit Pointen wie „auf 25 Jahr’ als jugendlicher Liebhaber unterschrieben“.

Nach – nicht inszenierten, aber komischen – Umbau-Problemen mit der Miniatur-Bühne und dem Wechsel auf die große Bühne ist Teil zwei des Abends an der Reihe. Da können sich Petra Morzé als resche Hotelbesitzerin Auguste und Regina Fritsch als drollige Kaufmanns-Gattin Rosa warm spielen.

„Ein Racheschwur der Frauen“ wird geleistet, und da haben die Ehemänner (Meyer und Wolff-Plottegg) nichts zu lachen. Samarovski ist auch hier der Hausknecht, nach der Pause steigt er zum neureichen Holzhändler in „Frühere Verhältnisse“ auf.

Diese Posse, die den Abend inhaltlich erst rechtfertigt, ist optisch (Bühne: Gerhard Weese) und musikalisch (Otmar Klein) moderner geraten, was aber nicht darüber hinweg täuschen kann, dass auch diese Inszenierung in handwerklich solider Bodenständigkeit verankert bleibt.

Caro Wiesauer

abstand

Die Presse, 29. März 2004

Nestroy: Meyer inszeniert nicht so stimmig wie erhofft

Robert Meyer, wunderbarer Nestroy-Spieler, inszeniert Nestroy im Burgtheater – was nicht so glatt geht wie man es erwarten dürfte.

Seit 30 Jahren ist Robert Meyer an der Burg. Als Nestroy-Darsteller hat er Maßstäbe gesetzt in der kritischen Interpretation des großen Satirikers, folgend den Vorstellungen von Karl Kraus. Oft und nicht nur bei Nestroy hat Meyer brilliert, ein verlässlicher Lieferant von Qualität ist der gebürtige Bayer immer gewesen. Weniger erprobt ist Meyer als Regisseur, in Reichenau hat er Nestroy inszeniert und seine eigenen, dem österreichischen Klassiker gewidmeten Solo-Programme an der Burg mit großem Erfolg gestaltet.

Im Prinzip: Probiert worden ist ja schon fast alles mit Nestroys Stücken. Wenn man jetzt liest, er soll entstaubt werden, muss man sagen, das ist längst passiert, mit mehr oder weniger Fortüne. Eher müsste man fragen: Ist der begnadete Nestroy-Darsteller Meyer ein idealer Nestroy-Regisseur?

Eher nein. Es fehlt ihm die Pranke eines Karl Welunschek oder Peter Gruber, auch die lyrische Empathie eines Helmut Wiesner. Welunschek und Gruber reizten die bittere Komödie bei Nestroy aus, Wiesner gab den Charakteren menschliche Tragik.

Meyer probierte bei den drei Einaktern, die er nun im Burgtheater inszeniert hat, einiges aus, mit mehr oder weniger Glück. Das Ergebnis ist zwiespältig. Es gibt aber ganz köstliche schauspielerische Glanzlichter zu bewundern, die entspannt-souveräne Komik Branko Samarovskis. Er beweist neuerlich, dass man weder dampfen noch knallen oder schreien muss, um hinreißende Nestroy-Figuren zu zeichnen. Auch Meyer selbst glänzt, wenn auch mit mehr Force.

Wer mag, kann der verschlungenen Genesis der drei Stücke im Programmheft folgen. Das Resümee lautet: Einer schreibt vom andern ab, oft auch Nestroy von sich selbst.

Von einer „Grille“ namens Theater handelt das Vorspiel „Zettelträger Papp“: Ein Gutsbesitzer hat sich Komödianten eingeladen, der Programm-Überbringer (Meyer) stellt sich selbst und seine Zunft zur Schau, dass es nur so staubt. Blitzartig nimmt er die gesamte Theaterliteratur von Hamlet bis Don Carlos durch und macht sich hernach mit der Börse des Gastgebers davon.

Nestroy schildert hier farbig sein Metier und prügelt dessen Repräsentanten gleich tüchtig durch: Für Unsitten, die man auch heute bemängelt, von der Stücke-Bearbeitungs-Manie bis zur Eitelkeit spielwütiger Dilettanten. Viel Wortwitz steckt in dieser Miniatur, er kommt infolge des überzogenen Tempos nicht immer so plausibel über die Rampe wie er müsste. Das Folge-Stück „Ein gebildeter Hausknecht“ wirkt wie Vaudeville. Es geht um Partnertausch zwecks Erweis der Untreue, tatsächlich im Mittelpunkt steht aber ein Nestroy-Archetyp, das teils einfältige, teils geriebene Haus-Faktotum. Knitsch (Samarovski) heißt dieses hier, es bespöttelt die Franzosen, zu Nestroys Zeiten ein „aufg'legter“ Gag an die Adresse der traditionellen Habsburger-Rivalen.

Meyer rückt das Stück in Richtung Feydeau (gut) und bestreut es mit einer Prise Horváth, (sonderbar). Diese Ideen ändern nichts daran, dass der Text zu lang und zu verworren ist. Petra Morzé und Regina Fritsch wirken zu schrill – was sich im Finale, bei den gern gesehenen „Früheren Verhältnissen“ noch zu steigern scheint.

Der Versuch, den Damen ein modernisiertes Profil zu geben, verträgt sich nicht mit Nestroys Frauenbild. Da gelingt es Regina Fritsch in der Paraderolle der Köchin Peppi Amsel noch leichter sich mit Temperament-Ausbrüchen aus der Affäre zu ziehen als Morzé. Sie wirkt wie aus einem Botho-Strauß-Stück herein geschneit – in die todschicke Maisonette, die der schon zuvor originelle Akzente setzende Bühnenbildner Christoff Wiesinger auf die Szene stellte.

Dort wird nun Comedy gespielt, was ungefähr so aussieht, als wären die US-TV-Formate Friends oder Nanny von einem avantgardistischen Boulevardier für Frank Castorfs Berliner Volksbühne bearbeitet worden. Nestroy verträgt auch das, ja, und warum eigentlich nicht? Dennoch: Meyer ist ein wenig jener Regie-Kunst auf den Leim gegangen, die er weder beherrscht noch wohl befürwortet: Verfremdung, Übertreibung bis zur Outrage. Was die können, kann ich schon lang, mag er sich gedacht haben. Ganz so einfach ist es halt doch nicht.

Gerade die „Früheren Verhältnisse“ sind zuletzt häufig gespielt worden, im Metropol (Regie: Welunschek), in der Gruppe 80 (Regie: Wiesner), in den Kammerspielen mit Muliar, Ott (Regie: Peter Gruber).

Da mag man vergleichen wie diese Version wirkt, die zumindest ein klares Asset hat: die schräge Musik von Otmar Klein, recht heiter asynchron (wie bei Welunschek), skurril gegen den Strich bürstend zwei beliebte Nestroy-Hits, geradezu Ohrwürmer: „Theater oh Theater du!“ und „Es gibt viel gute Menschen, aber grundschlechte Leut'“, vorgetragen von Meyer im Sandler-Kostüm und in einem an Helmut Qualtinger erinnernden Stil.

2001 hat in der Burg Georg Schmiedleitner den „Zerrissenen“ inszeniert, immerhin mit Karlheinz Hackl. Nun also der neue Nestroy: Er ist nicht schlechter als andere Nestroy-Experimente und nicht so konventionell geraten wie oft im Sommertheater, aber auch nicht so stimmig wie man es vom ersten Nestroy-Schauspieler erhofft hätte.

Barbara Petsch

abstand

Wiener Zeitung, 29. März 2004

Exemplarische Nestroy-Einakter

Robert Meyer hat trefflich gewählt: Drei Possen von Johann Nestroy inszenierte er für sich, seine Kollegen und das Publikum des Burgtheaters. Zunächst eines der ersten Stücke Nestroys: das Vorspiel „Zettelträger Papp“. Weiters den Einakter „Ein gebildeter Hausknecht“ und schließlich Nestroys letztes Werk „Frühere Verhältnisse“. Die gewählten Stücke stehen exemplarisch für Nestroys Schaffen. Alle drei beziehen sich auf erfolgreiche Vorlagen, die Nestroy für seine Zwecke adaptiert hat. Eine Satire auf das Theater ist der „Zettelträger Papp“. Es ist dies die Bearbeitung einer Bearbeitung: Die Vorlage stammt von Hermann Herzenskron, Ferdinand Raimund hat sie sich angeeignet, Nestroy hat sie weiter umgearbeitet (und Meyer hat Teile der Raimund-Bearbeitung wieder aufgenommen). Über die Autorschaft von „Ein gebildeter Hausknecht“ streiten die Experten, Nestroy hat jedenfalls den „Nitschke“ der Berliner Vorlage zum „Knitsch“ gemacht – es wurde eine der beliebtesten Rollen seiner letzten Schauspielerjahre. Und die populären „Früheren Verhältnisse“ haben ihr Vorbild in einem früheren Stück Emil Pohls.

Regisseur Robert Meyer teilt sich die Nestroy-Rollen mit Branko Samarovski: Meyer ist ein kecker Zettelträger Papp, der das Eintreffen einer fahrenden Theatergruppe ankündigt und in einer witzigen Hamlet-Travestie die Theaterwelt (noch heute treffend) persifliert. Samarovski gibt den „gebildeten Hausknecht“ Knitsch in einer flotten Posse über zwei Ehepaare, die ihre Partner wechselseitig auf die Probe stellen wollen – und natürlich alle in die Untreuefalle tappen. Den Muffl in „Frühere Verhältnisse“ hat sich wiederum Robert Meyer nicht entgehen lassen.

Die kurzweiligen Possen verteilt Meyer geschickt über die Epochen: Der Zettelträger Papp erscheint originalgetreu im Biedermeierkostüm, der „gebildete Hausknecht“ wurde in die 30er Jahre des vergangenen Jahrhunderts verlegt, die „Früheren Verhältnisse“ beweisen, dass sie auch in einer schicken Designer-Umgebung dramatisch wirkungsvoll „oft später aufkommen thu'n“. (Die wunderbaren Kostüme entwarfen Elke Gattinger und Bühnenbildner Christoff Wiesinger.) Für das letzte Stück hat Meyer einen poetisch offenen Schluss gefunden, der die allgemeine Versöhnung, wie sie Nestroy im letzten Bild vorsieht, relativiert: Scheitermann klopft wie Fred Feuerstein an die Tür seiner Frau, Muffl macht sich mit dem Scheck, den Josephine für ihn und seine Peppi ausgestellt hat, aus dem Staub.

Was die drei Geschichten an diesem Abend verbindet, ist der wohlbekannte Meyer-Stil, der nicht der Schlechteste ist, aber die Kollegen manchmal in eine etwas schablonenhafte Darstellungsweise drängt. Das meyer'sche Zucken in den Gliedern hart am Outrieren bekommt v. a. Petra Morzé in den „Früheren Verhältnissen“ schlecht, ihre Josephine ist nah an der Karikatur. Regina Fritsch jongliert als Köchin Peppi virtuos mit den Soziolekten und überspringt die gesellschaftlichen Sprachbarrieren aus allen Richtungen. Paul Wolff-Plottegg darf in „Zettelträger Papp“ und „Ein gebildeter Hausknecht“ als pfauisch gestelzte Figur über die Bühne stolzieren. Robert Meyer ist in allen Rollen Robert Meyer, der seinen bewährten Nestroy-Ton mit satirischer Schärfe würzt. Das ist besonders in den „Verhältnissen“ äußerst wirkungsvoll, wo Nestroy seine Sprach-, Sozial- und Moralkritik zur Perfektion gebracht hat: Nestroy als „erster deutsche Satiriker, in dem sich die Sprache Gedanken macht über die Dinge“ (Karl Kraus). Allein Branko Samarovski sticht aus der notorisch-motorischen Unruhe wohltuend durch überlegte darstellerische Ruhe und Sparsamkeit heraus. Und erntete vom Publikum großen Jubel.

Rainer Elstner

abstand

Salzburger Nachrichten, 29. März 2004

Licht und Schatten eines Vorspiels und zweier Possen im Burgtheater

Mit Nestroy kann so gut wie gar nichts schief gehen. Oder doch? Das Ensemble des Burgtheaters hat einen Spezialisten für diese Art Humor und Traditionspflege: Robert Meyer. Er zimmerte aus einem Vorspiel und zwei einaktigen Possen einen Abend und verausgabte sich nicht nur als Darsteller, sondern auch als Regisseur. Wie die Premiere am Samstag bewies, gibt es Publikum, das Derartiges zu schätzen weiß. Es ist aber auch von Zweifeln zu berichten, ob Meyers lustige, aber doch harmlose Nestroy-Auffassung adäquat ist.

Das Vorspiel, „Zettelträger Papp“ findet auf winziger Bühne statt. Meyer hat den Ehrgeiz, in der Ausstaffierung der Figuren und in ihren Gesten exaktes Biedermeier-Theater abzubilden. Obwohl der Text sehr stark bearbeitet wurde, kommen die Vorzüge der Szene, die Nestroy am Anfang seiner Laufbahn geschrieben hat, gut zur Geltung. Nestroy persifliert die Theatersucht des Publikums und diverse Untugenden auf der Bühne, von denen sich einige zählebig bis heute erhalten haben.

Meyer schickt uns auf eine Zeitreise. Die Posse „Der gebildete Hausknecht“ ist in den tangoseligen Zwanzigern des vorigen Jahrhunderts angesiedelt. Das mag hingehen, von Belang ist es weiter nicht. Die Posse, in der die Untreue der Männer bloßgestellt wird, erweist sich als eine langwierige, umständliche Konstruktion. Immerhin schlagen wenigstens hie und da Nestroys Einfälle wunderbare sprachliche Salti.

Mit der zweiten Posse „Frühere Verhältnisse“, kommen Meyer und Bühnenbildner Christoff Wiesinger in der Gegenwart an. Die Wände der schrägen Pawlatschen sind aus Glas. Es sieht aus wie in einem Ehedrama von Edward Albee. Der Text ist allerdings aus dem Biedermeier. In dieser oft gespielten, zugkräftigen Posse dreht Meyer auf. Er ist der Meinung, dass der Geschichte von den vier Herrschaften, die von ihren früheren Verhältnissen eingeholt werden, am besten mit Temperament beizukommen ist. Meyer brilliert hier als heruntergekommener Unternehmer mit Sandlergepäck. Seine Stärke besteht darin, auch die vertracktesten Texte mit einer kaum zu übertreffenden Virtuosität und silbengenau über die Rampe zu bringen. Schade, dass er als Regisseur gerade die letzte Posse wie eine Farce spielen lässt, so als ob es nicht auf szenische Entwicklung und Steigerung ankäme, als ließe sich auf Differenzierung verzichten, so als ob es mit Drastik, Tempo und Lautstärke schon getan wäre.

Werner Thuswaldner

Burgtheater